ZDF-Magazin "Frontal21" am 22. August 2006, 21.00 Uhr: Falsche Samariter an der Haustür
Agenturen werben neue Mitglieder mit unseriösen Methoden
Mainz (ots)
Mit unseriösen Methoden werben Agenturen Mitglieder für Hilfsorganisationen und kassieren einen großen Teil der eingesammelten Gelder als Provision. Die Betroffenen werden dabei mit falschen Versprechungen gelockt, so Recherchen des ZDF- Magazins "Frontal21". Im Raum Aachen waren Mitarbeiter einer kommerziellen Agentur für den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) unterwegs. Dabei gaukelten sie vor allem älteren Menschen vor, dass sie im Notfall für den ASB-Jahresbeitrag von 60 Euro zahlreiche Hilfsleistungen wie Pflegedienste oder Notrufeinrichtungen in Anspruch nehmen könnten. Tatsächlich aber sind solche Hilfsdienste kostenpflichtig.
Viele der Umworbenen gingen davon aus, dass sie es mit ehrenamtlichen Helfern zu tun hatten, weil die kommerziellen Werber in dienstähnlicher ASB-Bekleidung auftraten. Dies ist ein Verstoß gegen den eigenen "Verhaltenskodex zur Mitgliedergewinnung" von ASB und anderen großen Hilfsorganisationen. Entgegen dieser Satzungen machten die Werber auch keinerlei Angaben zu ihren Provisionen. Nach ZDF-Recherchen verspricht der Leiter der Agentur in Aachen Provisionen von rund 50 Prozent des Umsatzes. Interne Belege weisen Wochenverdienste von mehr als 1.000 Euro aus. Insider behaupten, der gesamte erste Jahresbeitrag eines neugeworbenen ASB-Mitglieds würde für die Provision verwendet; kein einziger Cent davon käme sozialen Zwecken zugute.
Dies jedoch bestreitet der ASB-Bundesverband auf Anfrage von "Frontal21". Außerdem entziehe sich es sich seiner Kenntnis, was die einzelnen Werber an Provision von der werbend tätigen Firma erhalten, da es sich dabei um firmeninterne Regelungen handele. Bei der Staatsanwaltschaft ging bereits im Mai eine Strafanzeige gegen die ASB-Beauftragten in Aachen ein. Der ASB sieht bisher jedoch keinen Grund, den Vorwürfen nachzugehen. Zu dem benannten Fall in Aachen sei dem ASB-Bundesverband außerdem nichts bekannt.
Vor kommerzieller Spendenwerbung warnt auch das "Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen" in Berlin. Die Stiftung prüft im Auftrag von Bund und Wohlfahrtsverbänden die Zuverlässigkeit von Hilfsorganisationen. Sie gilt in Deutschland als "Spenden-TÜV" und vergibt das sogenannte "DZI-Spendensiegel". Die Stiftung fordert vom Gesetzgeber bessere Kontrollmöglichkeiten bei Spendensammlungen. DZI- Geschäftsführer Burkhard Wilke: "Die Mitgliederwerbung auf der Straße und an der Haustür ist für den Umworbenen äußerst risikobehaftet. Sie ist viel zu intransparent. Auch die provisionsabhängige Bezahlung der Werber ist äußerst fragwürdig."
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