Seltene Verdi-Oper Stiffelio in Berliner Erstaufführung: Ricordi-Archiv half bei Rekonstruktion
Berlin (ots)
Bertelsmann fördert Aufführung der musikalischen Rarität durch "Berliner Operngruppe"
Wenn am 1. Februar 2017 erstmals die seltene Verdi-Oper Stiffelio in Berlin aufgeführt wird, ist dies auch jahrzehntelanger musikhistorischer Detektivarbeit unter Beteiligung des Archivio Storico Ricordi in Mailand zu verdanken. Das zu Bertelsmann gehörende Musikarchiv, das eine Fülle einzigartiger Zeugnisse der italienischen Operngeschichte beherbergt, konnte wesentliche Partitur-Fragmente und Original-Korrespondenz zur Rekonstruktion der lange Zeit verschollen geglaubten Urfassung des Stiffelio beisteuern. Verdis Werk kann so auf Basis der von Kathleen Hansell 2005 herausgegebenen kritischen Edition inzwischen wieder nahe am Original aufgeführt werden.
Dem Berliner Publikum wird das musikalische Highlight von der auf seltene Opern spezialisierten "Berliner Operngruppe" um Dirigent Felix Krieger präsentiert. Das junge Ensemble führt den Stiffelio mit Unterstützung von Bertelsmann im Konzerthaus am Gendarmenmarkt semiszenisch auf. Zu den Solisten zählen auch zwei Talente aus dem von Liz Mohn geförderten Opernstudio der Staatsoper Berlin.
Stiffelio gilt vielen Kritikern als Meisterwerk. Giuseppe Verdi war mit seiner 16. Oper allerdings schon bei der Erstaufführung 1850 in Triest in Konflikt mit der damals einflussreichen politischen und religiösen Zensur in Italien geraten. Das Sujet - Ehebruch in einem protestantischen Pfarrhaus - brach seinerzeit ein Tabu. Verdi musste Libretto und Notenschrift mehrfach überarbeiten und zog die Oper schließlich ganz zurück.
Die Ur-Partitur des Stiffelio galt lange als verloren, bis 1985 in Wien und schließlich 1992 bei den Verdi-Erben in St. Agata bedeutende Teile auftauchten. Die Hälfte der Partitur ist in Verdis späterer Oper Aroldo im Archivio Storico Ricordi überliefert. Auf Basis dieser Bruchstücke und der im Archivio dokumentierten Briefwechsel konnte die Urform des Stiffelio schließlich rekonstruiert werden. Für die Aufführung der "Berliner Operngruppe" reiste Dirigent Felix Krieger vor kurzem eigens ins Ricordi-Archiv nach Mailand, um sich intensiv mit den dort überlieferten Dokumenten auseinanderzusetzen.
Das Archivio Storico Ricordi birgt Dokumente und Artefakte aus 200 Jahren italienischer Operngeschichte und gilt als eine der weltweit wertvollsten Musiksammlungen in privater Hand. Seit 1994 gehört es zu Bertelsmann. Im Bestand des Musikarchivs befinden sich heute 7.800 Originalpartituren von mehr als 600 Opern - darunter wertvolle Originalhandschriften von Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini - sowie rund 10.000 Libretti, an die 6.000 historische Fotografien, zahlreiche Kostümzeichnungen sowie die komplette Geschäftskorrespondenz des Verlagshauses Casa Ricordi von 1888 bis 1962. Bertelsmann lässt die Archivalien umfassend katalogisieren, digitalisieren und vielfach auch restaurieren. Inzwischen können Tausende Dokumente über die frei verfügbare Online-Plattform Collezione Digitale (http://digital.archivioricordi.com) digital eingesehen und erforscht werden.
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