CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Fischer/Lintner: "System Schiene" braucht den Wettbewerb
Berlin (ots)
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dirk Fischer (Hamburg) MdB, und der Berichterstatter für den Schienenverkehr, Eduard Lintner MdB, erklären zur aktuellen Situation der Deutschen Bahn AG und zu den nötigen Konsequenzen sowie zum "Verkehrsbericht 2000" des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen :
Die Bahn fährt drastisch in die roten Zahlen. Es drohen mittlerweile Verluste von deutlich über 1 Mrd. DM pro Jahr. Gut die Hälfte davon muss die Bundesregierung verantworten, die der DB AG neue jährliche Belastungen mit der Öko-Steuer (400 Mio. DM) und mit der Gebühr für Leistungen des Bundesgrenzschutzes (250 Mio. DM) von rd. 650 Mio. DM zusätzlich auferlegt hat, statt Disharmonien bei den Steuerbelastungen der Bahn abzubauen.
Dies ist für die rot-grüne Koalition, die sich faire Wettbewerbsbedingungen für die Schiene auf ihre Fahnen bzw. in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben hat, ein so peinliches Thema, dass sie mit ihrer Mehrheit eine Aussprache im zuständigen Verkehrsausschuss des Bundestages zur drastisch verschlechterten Situation der DB AG und den notwendigen Folgerungen der Bundesregierung am gestrigen Tag verhindert hat. Die fadenscheinige Begründung war, es gäbe noch keine fundierten Angaben des Unternehmens DB AG. Ebenfalls gestern aber gab Verkehrsminister Klimmt der Presse Zahlen bekannt, am Nachmittag stand Mehdorn dem Haushaltsausschuss Rede und Antwort.
Im gleichzeitig veröffentlichten "Verkehrsbericht 2000" des BMVBW wird das Schlüsselthema Bahnreform mehr am Rande behandelt. Diese zweite Peinlichkeit in Sachen Bahn wird aber noch dadurch übertroffen, dass das maßgebliche Ziel der Einführung des Wettbewerbs auf dem Netz durch die Trennung von Netz und Betrieb sowohl von Mehdorn als auch von Klimmt nachdrücklich abgelehnt wird. Die Wertung von Prof. Gerd Aberle, einem der zwölf Verfasser der Vorschläge zur Bahnreform, zur Entwicklung in den letzten 10 Monaten ist bezeichnend: "Was mich am allermeisten stört, ist die Veränderung des Grundgedankens der Bahnreform. Dass man jetzt wieder ein total integriertes Unternehmen schaffen will - und damit im Grunde die gleiche Struktur schafft wie die Bundesbahn sie früher hatte - ist für mich schon enttäuschend." Klimmt muss sich nun eindeutig bekennen, was für ihn gilt: Seine Aussage "Zur Bahnreform gibt es grundsätzlich keine Alternative. Sie muss vollendet und nicht neu erfunden werden." oder sein Handeln, mit dem er den Mehdorn'schen Kurs zurück in die alte Bahnstruktur unterstützt. Sein Handeln steht im krassen Widerspruch zur Zielsetzung und gefährdet die Bahnreform statt sie zu fördern!
Die CDU/CSU hat mit ihrem Antrag "Bahnreform 2" den dringenden Handlungsbedarf angemahnt. Die Experten-Anhörung zur Bahnreform auf der Grundlage dieses Antrages hat bestätigt, dass die Bahnreform von der Anlage und den gesetzlichen Rahmenbedingungen her richtig ist, ihre Umsetzung mittlerweile aber teilweise in die falsche Richtung läuft. Die Zementierung der Monopolstellung des nationalen staatlichen Bahnunternehmens verhindert den Wettbewerb auf der Schiene. Die Schaffung der Voraussetzungen für Wettbewerb konkurrierender Unternehmen ist aber die Schicksalsfrage der Bahnreform. Nach Auffassung fast aller Experten ist die Trennung von Netz und Betrieb der Schlüssel, diskriminierungsfreien Zugang zum Schienennetz zu ermöglichen. Die Folgerung ist, dass bei der Fortführung der Bahnreform zwei Bereiche getrennt voneinander behandelt werden müssen: das "System Schiene" und das "Unternehmen DB AG".
Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie die nötigen Initiativen, die aus den Erkenntnissen der Anhörung folgern, umgehend dem Deutschen Bundestag vorlegt. Dabei geht es um folgende Eckpunkte:
1. Die Überlegungen zur Bahn müssen konsequent in zwei Bereiche getrennt werden: den Bereich "System Schiene" und den Bereich "Unternehmen DB AG". Die Bundesregierung hat umgehend ein schlüssiges Gesamtkonzept zum System Schiene und der Vorstand der DB AG ein Konzept zur Sanierung des Unternehmens vorzulegen. 2. Im Konzept der Bundesregierung für das System Schiene müssen insbesondere folgende Handlungsfelder enthalten sein: * Rahmenbedingungen (Steuern, Finanzen, Strukturen) * Wettbewerb, Trennung von Netz und Betrieb * Regulierung / Fahrplankoordinator * Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben (Behördenstruktur, Aufgabenzuordnung, Aufgaben des EBA) * Netzorganisation ( z.B. als Auftragsverwaltung) * Gewährleistung des Wohls der Allgemeinheit gem. Art. 87 e GG * Regionalisierung 3. Im Konzept des Vorstandes der DB AG erwarten wir insbesondere klare Aussage zu folgenden Handlungsfeldern: * Angebotsstrukturen für den Güterverkehr, den KLV, den Personenfernverkehr und den Personennahverkehr * Verbesserung der Produktivität * Investitionsausstattung für Unterhaltung, Sanierung, Modernisierung * Klare Definition des Soll-Zustandes, klare Kostenrechnung * Altlasten Wichtige Voraussetzung ist zudem, dass der Bund die erforderlichen Investitionsmittel für die Sanierung und Modernisierung der Schieneninfrastruktur bereit stellt. Verkehrsminister Klimmt hatte 25 bis 30 Mrd. DM für die nächsten 10 Jahre versprochen. Dieses Versprechen hat er bereits gebrochen, es werden lediglich 6 Mrd. DM, aufgeteilt auf die Jahre 2001 bis 2003, bereit gestellt. Seinem Versprechen, der Bahn Planungssicherheit und die nötige Zukunftsperspektive zu geben, können wir ebenso wenig trauen, denn die Koalition hat unseren Antrag zum Verkehrshaushalt, die Investitionen für die Schiene um 2 Mrd. DM jährlich zu erhöhen und diesen erhöhten Mittelansatz bis 2012 fortzuschreiben, schlichtweg abgelehnt.
Klimmts Versuch, die aktuelle prekäre Situation der DB AG der alten Bundesregierung anzulasten, ist ein plumpes Täuschungs- und Ablenkungsmanöver. Fakt ist vielmehr:
- Die CDU hat die während der SPD-Regierungszeit eingeleitete drastische Netzreduzierung der DB - Stichwort "Betriebswirtschaftlich optimales Netz" - gestoppt und statt dessen die Bahnreform und die Regionalisierung im Schienenpersonennahverkehr auf den Weg gebracht und umgesetzt.
- Die CDU-geführte Bundesregierung hat mit der Bahnreform die Entschuldung um 70 Mrd. DM vorgenommen, die Mehrbelastung aus dem Produktivitätsrückstand der Deutschen Reichsbahn von rd. 50 Mrd. DM und den investiven Nachholbedarf der DR von 32,5 Mrd. DM übernommen. Die DB konnte am 05. Januar 1994 als AG mit einem Stammkapital von 4,2 Mrd. DM starten.
- Die CDU-geführte Bundesregierung hat mit ihrem Regionalisierungsgesetz eine ausreichende Verkehrsbedienung im ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge sichergestellt. Die Länder erhalten aus dem Mineralölsteueraufkommen Regionalisierungsmittel und Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) in Höhe von jährlich rd. 16 Mrd. DM. Dies ist eine zweckgerechte Verwendung - im Gegensatz zur rot-grünen Mogelpackung "Öko-Steuer".
- Die CDU-geführte Bundesregierung hat den Aufbau Ost insbesondere auch bei der Schiene in geradezu beispielhafter Weise vorangetrieben. Neben den investiven Altlasten (s.o.) wurden in den Jahren 1991 bis 1998 rd. 35 Mrd. DM in den Ausbau des Schienenwegenetzes investiert, d.s. rd. 46 % der Investitionen in die Verkehrswege in den NBL. Zusätzlich wurden im Rahmen der GVFG-Mittel in diesem Zeitraum rd. 14 Mrd. DM vor allem für den Wiederaufbau der S-Bahnen, Stadt- und Regionalbahnen zur Verfügung gestellt.
- Angesichts dieser Fakten ist es absurd, der alten Bundesregierung Fehler und Versäumnisse vorzuwerfen. Wir fordern von Rot-Grün jetzt umgehendes Handeln statt fortwährendes taktisches Geplänkel. Wir fordern die umgehende Vorlage der Konzepte von Bundesregierung und Bahnvorstand.
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