CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Merz: Gedanken zur Politik im 21.
Jahrhundert
Teil 2 von 2
Berlin (ots)
Wissenschaft und Wirtschaft sind die großen Motoren von Veränderung.
Die Revolution der neuen Technologien geht mit stürmischen Schritten voran. Schlüsseltechnologien entwickeln sich.
Ich nenne nur Informations-, Kommunikations- und Multimediatechnologien, Genomik und Biotechnologien, Tissue Engineering, die Mechatronik und Optoelektronik, Lasertechnik und Supraleitung, neue Werkstoffe durch Nanotechnologien oder die Bionik. All das sind Tickets für eine zukunftsfähige Wirtschaft (wie beispielsweise die letzte Delphi-Befragung zeigt).
Man muss sich ganz deutlich vor Augen führen, dass in Deutschland der künftige Wohlstand von Wissenschaft und Technik, vor allem im Bereich der Schlüsseltechnologien, abhängt. Die Globalisierung bringt es mit sich, dass überall in der Welt die Produktion von Gütern stattfindet, und das oft kostengünstiger. Deutschland wird im weltweiten Wettbewerb nur dann standhalten, wenn es neben guter Verkehrsinfrastruktur und hohem Ausbildungsstand Produkte und Dienstleistungen nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik herstellt.
Lassen Sie mich aber auch sagen: Es geht nicht um eine unkritische Wissenschafts- oder Technikgläubigkeit.
Wir müssen aber sehen: Das Vertrauen auf den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess und die Akzeptanz von Technologien werden zu entscheidenden Faktoren in Wirtschaft und Gesellschaft.
Diese ist in Deutschland im Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarn und weltweiten Konkurrenten nur unterdurchschnittlich entwickelt. In der Bereitschaft, Risiken einzugehen, steht Deutschland in der EU bei der Energienutzung durch Atomkraft an achter, bei der Gentechnik an neunter Stelle. Solche typisch deutschen Befindlichkeiten, die das Risiko höher veranschlagen als Vorteile und Chancen, werden wir uns künftig nicht leisten können, zumindest nicht, wenn wir angesichts der veränderten globalen Wettbewerbssituation weiterhin unseren Wohlstand halten wollen.
Wir brauchen neues Denken und ein Hinterfragen gewohnter Vorstellungen. Denn wir sehen, das wir vor einer erneuten "Weltbildrevolution" stehen. Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms im letzten Jahr hat neue Erkenntnisse gebracht. Weniger beachtet, aber ebenso wichtig war die vier Wochen später bekannt gegebene Entschlüsselung des Aufbaus der Materie. Auf dem langen Weg der Verfügungsmacht des Menschen über die Natur haben wir einen neuerlichen, großen Schritt nach vorn gemacht.
Diese "Weltbildrevolution" ist nicht nur Motor der dritten industriellen Revolution. Sie stößt die Tür weit auf zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und Einsichten von großer Tragweite. Vieles haben wir aufgrund unserer gewohnten Anschauungsweise noch gar nicht begriffen. Gleichzeitig wachsen die ethischen Anfragen an das, was der Mensch tun darf. Vielfach gibt es kein eindeutiges Ja oder nein, es geht vielmehr um schwierige Abwägungsprozesse. Die Neuordnung des Politischen wird deshalb auch zu neuen Rahmensetzungen für wissenschaftliche Erkenntnis und Anwendung führen. Es wird dafür viele Diskussionen geben. Mit unterschiedlichen Meinungen umzugehen haben wir in der pluralistischen Gesellschaft gelernt.
Mehr als bisher, und das sehen wir beispielsweise in der Biomedizin, werden wir aber vor einem der schwierigsten Probleme freiheitlicher Demokratie stehen: Wie gehen wir mit einander ausschließenden grundsätzlichen Wertvorstellungen um? Diese auszuhalten und Regelungen zu finden, ohne in Fundamentalismus zu verfallen, wird eine Prüfaufgabe für die neu entstehende Ordnung des Politischen sein.
Wenn wir die Wissensgesellschaft meistern wollen, dann müssen wir uns also nicht nur um modernes Wissenschaftsmanagement kümmern.
Für unser Zusammenleben ist alles drei wichtig: ethisches und demokratisches Orientierungswissen, wissenschaftliches und technisches Wissen und berufsbezogenes Wissen. Bildung darf gerade in der Wissensgesellschaft nicht eindimensional sein. Gerade dann ist man gut gewappnet gegen die Sehnsucht nach einfachen Lösungen und manichäischen Weltbildern.
Kommen wir zum zweiten Bereich: "Was sollen wir tun?
Das ist die Frage nach der Reformgesellschaft.
In Wirtschaft und Politik stehen wir ebenfalls vor weitreichenden Veränderungen.
Die Industriegesellschaft mit ihren darauf bezogenen sozialen Sicherungssystemen, Verbänden und Regelungen hat Deutschland vor dem Hintergrund der Sozialen Marktwirtschaft einen breiten Wohlstand verschafft.
Doch die Parameter von Wirtschaft und sozialer Sicherung beginnen sich zu verändern.
Die Entwicklung von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft bringt neue Anforderungen an qualifizierter Bildung mit sich. Neue Technologien führen nicht nur zu neuen Produkten, sondern verändern auch die Arbeitswelt. Unternehmen verändern die Organisationsstrukturen.
Hohe staatliche Steuerbelastung, Kostenexplosionen in den sozialen Sicherungssystemen, ein hoher Stand an Arbeitslosigkeit sind Anzeichen eines überforderten Wohlfahrtstaates.
Hinzu kommen die Folgen der demografischen Entwicklung. Unsere Bevölkerung altert dramatisch. Schon heute leben mehr Menschen im Rentenalter als Jüngere. Bis zum Jahr 2040 wird sich der Anteil der 60jährigen verdoppeln. Zudem werden immer weniger Kinder geboren. Im Saldo verliert Deutschland jedes Jahr an Bevölkerung im Umfang einer Großstadt.
All dies macht deutlich, dass wir unser Wirtschafts- und Sozialgefüge neu überdenken müssen. Erst durch Reformen werden wir zukunftsfähig.
Angesichts des Wildwuchses an sich überschneidenden und oft widersprechenden Regelungen brauchen wir wieder ein klares ordnungspolitisches Denken. Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik müssen wieder einen Zusammenhang bilden.
Das Verhältnis von Staat und Bürgergesellschaft muss neu austariert werden. Viele Bürger wollen nicht mehr den paternalistischen Staat und die bürokratische Betreuung durch wohlfahrtsstaatliche Fürsorge. Selbstbestimmtes Leben heißt für viele mehr Selbstbestimmung, Wahlfreiheit, Eigeninitiative, Eigenvorsorge, kurz: Eigenverantwortung. Das setzt einen gewandelten Staat voraus, der nicht mehr alles selbst machen muss, sondern der die Voraussetzungen für eigenverantwortliche Entfaltung schafft. Subsidiarität und Hilfe zur Selbsthilfe sind dabei wichtige Prinzipien.
Lassen Sie mich mit ein paar Stichworten anreißen, wo wir mit Reformen ansetzen müssen:
Uns fehlen 5,5 Millionen Arbeitsplätze. Die Regulierung des Arbeitsmarktes ist ein Haupthindernis für neue Arbeitsplätze.
Wir brauchen deswegen mehr Deregulierung, Anreize zur Aufnahme von Arbeit statt Arbeitslosenhilfe, weniger Bürokratie und Belastung des Mittelstandes. Es sollte uns auch gelingen, mehr Menschen als bisher Anreize zum selbständigen Unternehmertum zu geben, Schwarzarbeit zurückzuführen und einen Teil der Überstunden in reguläre Arbeitsplätze umzubauen. Die Senkung der Lohnnebenkosten bleibt ebenfalls ein wichtiges Ziel. Hinzu kommen muss auch eine effizientere Verwendung der für den Arbeitsmarkt eingesetzten Mittel als bisher. Und nicht zuletzt brauchen wir eine stärkere Förderung von Qualifizierung und Weiterbildung, auch unter der Anforderung lebenslangen Lernens in der Wissensgesellschaft.
Auch das Anreizsystem im Bereich der Sozialhilfe muss korrigiert werden. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sinnvoll ist es, die Unterstützung für Kinder von der Sozialhilfe zu entkoppeln. Schließlich sollte die Sozialhilfe mehr als bisher Lohnergänzungselemente enthalten, um den Anreiz zur Arbeit zu steigern.
Auch über andere Formen muss man nachdenken, die schnell tabuisiert werden. Dazu gehört die Lockerung des strengen Kündigungsschutzes. Auch um die Verlängerung der Lebensarbeitszeit werden wir angesichts der demografischen Entwicklung wohl kaum herumkommen.
Erheblichen Reformbedarf gibt es auch in anderen sozialen Sicherungsbereichen.
Im Rentenbereich müssen der Anreiz zur Eigenvorsorge ausgebaut und Ungerechtigkeiten in der staatlichen Förderung beseitigt werden.
Das Gesundheitssystem wird bald nicht mehr bezahlbar sein, wenn wir es nicht bald sinnvoll ordnungspolitisch ausrichten.
Und in der Familienpolitik wird es vorrangige Aufgabe sein, neben der stärkeren finanziellen Unterstützung die Vereinbarkeit von Familie und Arbeitswelt in erheblichem Umfang zu fördern. Länder wie Schweden oder Finnland zeigen, dass diese Vereinbarkeit ein wichtiger Grund dafür ist, wieder Kinder zu bekommen.
Wir brauchen Reformen auch im Bildungsbereich. Es geht um mehr Freiräume für Schulen, aber auch kürzere Lernzeiten. Man denke nur daran, wie lange es dauerte, um das Abitur mit 12 Schuljahren zuzulassen. Die Kultusministerkonferenz ist nicht unbedingt prädestiniert, notwendige Reformen voranzubringen, da das Einstimmigkeitsprinzip wie eine Bremse funktioniert und nicht wie ein Motor.
Voraussichtlich Ende nächsten Jahres werden alle Schulen mit Computer und Internetzugang versehen sein. Das ist eine positive Entwicklung. In Zukunft brauchen wir weniger das Pauken von Faktenwissen, sondern das Wissen, wo man Wissen findet und wie man mit ihm umgeht.
Wichtiger werden künftig wieder Lehrer als Erzieher sein. Neben dem Umgang mit Informationsfülle und komplexem Wissen geht es auch um die Bildung von sozialer und kommunikativer Kompetenz, Geistesgegenwart, Anpassungsfähigkeit, experimenteller Gesinnung, mentaler Beweglichkeit und Wertebewusstsein.
Wir brauchen auch ein klares Bekenntnis zur Elitenförderung. Diese wurde jahrelang vernachlässigt oder unter ideologischen Verdacht gestellt. Aber ohne die - auch früh einsetzende -Förderung von Höchstleistungen werden wir nicht jene "Exzellenz" in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft bekommen, auf die wir in Zukunft angewiesen sein werden. Bereits Alexander wollte der Große werden und nicht der Durchschnittliche.
Im übrigen kann auch der Staat selbst mit gutem Beispiel voran gehen. Mit den neuen Kommunikationsmitteln kann er selbst Kosten sparen und Effizienz steigern. Bei standardisierten Antrags- und Meldevorgängen beispielsweise kann er beispielsweise via Internet bis zu 75 % der Kosten sparen. Die Liste der Vorschriften, Genehmigungen und Verwaltungsakte ist Deutschland beeindruckend hoch. Allein die Bundesgesetze und bundesgesetzlichen Verordnungen machen 84 000 Paragrafen aus. Entrümpelung tut not.
Transparenz und Vereinfachung wären auch eine gute Grundlage für die Reform des Steuerwesens in Deutschland. Im übrigen ist auch die Möglichkeit zu mehr Eigenvorsorge des einzelnen Bürgers abhängig davon, ob es gelingt, die hohe Steuerbelastung zu reduzieren.
Deutschland braucht Reformen. Diese dürfen nicht wie bisher mit der Schnelligkeit einer Schnecke angegangen werden.
Andere Länder in Europa sind da weiter. Vor allem zeigt sich eines: Es sind vor allem die kleineren Länder, die schneller Veränderungen durchsetzen. Von daher ist es sinnvoll, hinsichtlich der Reformfähigkeit bei den Ländern, Regionen und Kommunen anzusetzen. Kleine Einheiten sind besser in der Lage, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen. Vorrang für Kommunen, bessere finanzielle und rechtliche Eigenständigkeit der Gemeinden und Städte, das wäre eine richtige Devise.
Im übrigen lässt sich auch in den kleinen Einheiten das Engagement der Bürger besser aktivieren. Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit werden in Zukunft einen höheren Stellenwert in einer aktiven Bürgergesellschaft bekommen. Jüngste Studien haben gezeigt, dass erheblich mehr Bürger als erwartet bereit sind zu einem solchen Engagement. Viele brauchen als Anstoß die persönliche Ansprache. Auch das geht in den Kommunen besser. Zugleich fördert dies neben der praktischen Hilfe das Gemeinwohl, weil sich engagierte Bürger stärker verantwortlich fühlen. Und gerade das wird gebraucht.
Mehr Freiheit und weniger Regelung, mehr Subsidiarität statt Bürokratie, mehr Entfaltungsräume statt falscher Gleichmacherei, mehr Unterstützung für Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit, darum muss es in Deutschland als Reformgesellschaft gehen.
Kommen wir zur dritten Frage: "Was dürfen wir hoffen?
Natürlich hoffen wir, dass für uns die Wissensgesellschaft beherrschbar sein wird und wir die notwendigen Reformen in Deutschland in Angriff nehmen können.
Die Frage "was dürfen wir hoffen?" bezieht sich auf die längerfristige Perspektive einer Weltgesellschaft, und zwar als eine globale Rechtsgemeinschaft.
Natürlich kann die Neuordnung des Politischen im globalen Maßstab nicht mehr mit der Faszination utopischer Entwürfe oder dem Pathos der großen Lösungen rechnen. Eine politisch geordnete Weltgesellschaft wird sich erst langfristig herstellen lassen. Doch sie wird notwendig sein. Viele Probleme lassen sich nur weltweit lösen. Die Verteidigung gegen einen global agierenden Terrorismus, Klima- und Umweltschutz oder international organisierte Kriminalität sind Beispiele dafür. Auch die bereits jetzt bestehende Globalisierung der Finanzströme, des weltweiten Handels und Wettbewerbs, der Reisen und Begegnungen, der weltumspannenden Vernetzung der Informations- und Kommunikationsströme zeigt die Notwendigkeit globaler politischer Ordnung auf.
Vor rund 200 Jahren hat bereits Immanuel Kant in seiner Schrift "zum ewigen Frieden" eine weltbürgerliche Verfassung entworfen. Als Rechtsgemeinschaft sollte sie Ausdruck des Fortschritts in Freiheit und Frieden sein. Angesichts der jüngsten Ereignisse sind diese Gedanken hochaktuell. Wir alle hoffen, dass es auch langfristig weder zu einem Kampf der Kulturen noch zu einem dauerhaften Krieg kommt. Das setzt voraus, dass auch im Weltmaßstab Glaube und Politik getrennt werden, dass ein fundamentalistisches Denken in "Ungläubige und Gläubige", die in einem "Heiligen Krieg" gegeneinander stehen (so Bin Laden), überwunden wird.
Langfristig gesehen kann das - das ist der politische, an Kant angelehnte Vorschlag von Otfried Höffe - nur in einer auf einer Rechtsgemeinschaft beruhenden Weltrepublik sein. Weltrepublik wäre nicht ein globaler weltstaatlicher "Leviathan", sondern ein auf den Nationalstaaten ruhender subsidiär verfasster und föderal gestufter Weltbundesstaat.
Ziel ist die Garantie von Frieden und Sicherheit, die Geltung von Menschenrechten, weltbürgerlichem Recht und einer Weltwirtschaftsordnung nach den Prinzipien einer Sozialen Marktwirtschaft. Dazu gehört die Entwicklung von Weltbürgersinn, Weltöffentlichkeit und demokratischer Institutionen wie ein Weltparlament oder Weltgerichte.
Das mag uns alles noch weit entfernt vorkommen. Aber der Vorschlag einer solchen subsidiären und föderalen Weltrepublik, die die Garantie von Recht und Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, Demokratie und Marktwirtschaft auch im Weltmaßstab einfordert, ist eine "regulative Idee" (Kant), eine Meßlatte, an der sich die künftige politische Weltordnung orientieren kann. Wir sind bereits jetzt auf dem Weg dorthin. Ich erinnere an die Vereinten Nationen, an supranationale Wirtschaftseinrichtungen wie Weltbank und WTO, an die Einrichtung eines Weltgerichtshofs, aber auch an weltweite Übereinkünfte wie die von Rio zum Umweltschutz oder die sich herausbildende Allianz gegen den globalen Terrorismus. Auf diesen Wegen gilt es weiterzugehen.
Der Europäischen Union kommt dabei eine wichtige Rolle zu, denn sie hat entscheidende Erfahrungen in Hinblick auf die Möglichkeit gemeinsamen Handelns jenseits des Nationalstaates gemacht. Die EU ist nicht nur eine Vereinigung zum Zwecke des freien Handels und der Wohlstandsmehrung. Das auch. Vor allem aber ist sie eine supranationale Vereinigung von Staaten zur Friedenssicherung. Bereits Konrad Adenauer und die anderen Gründungsväter der EU handelten nach dem Grundsatz: Wenn alle beteiligten Staaten politisch, wirtschaftlich und kulturell miteinander verflochten sind, wenn sie gemeinsame Werte und Institutionen miteinander teilen, werden Kriege zwischen ihnen unwahrscheinlich.
Dazu gehört - und das ist ein wichtiger Gedanke, den die Europäische Union in die beginnende globale politische Ordnung einbringt, - der Gedanke der Selbstbindung. Denn es gab keine Zentralinstanz, die die europäische Einigung erzwang, sondern alle Mitglieder haben sich aus freien Stücken vertraglich gebunden und zur Vertragseinhaltung verpflichtet. Diese Selbstbindung geht bis hin zum Europäischen Gerichtshof, der nicht mit den Mitteln einer übergeordneten Exekutivmacht ausgestattet ist, sondern sich allein auf Selbstbindung der Mitglieder an Recht und Rechtsprechung gründet.
Genau dieses Prinzip der freiwilligen Selbstbindung ist die Grundlage einer neuen politischen Ordnung im globalen Rahmen. Deswegen ist die Europäische Union die erste politische Form der künftigen Weltgesellschaft. Sie bedarf hinsichtlich der anstehenden Reformen, der Verständigung auf die Grundcharta und der Osterweiterung gerade deswegen unsere Unterstützung. Wenn die Europäische Union scheitert, dann scheitert mehr als das europäische Projekt. Davon wäre direkt der Prozess einer rechtlich verfassten Neuordnung des Politischen im Weltmaßstab betroffen. Dieser Verantwortung sollte man sich bewusst sein.
Anrede, Wissensgesellschaft, Reformgesellschaft, Weltgesellschaft, das sind drei Bereiche, die die Zukunftsordnung des Politischen künftig immer mehr bestimmen werden.
Eine solche Ordnung des Politischen kann nur auf der Einsicht in die Grundlagen der modernen Gesellschaften und der freiheitlichen Demokratie gebaut werden. Ohne den beständigen Einsatz für diese Grundwerte und Regeln des Zusammenlebens durch die aktive Bürgergesellschaft ist sie in Gefahr, falschen Identitätsversprechen nachzulaufen und an den neuen Anforderungen zu scheitern. Nicht der Traum einer vollkommenen Welt, sondern das risikoreiche "Wagnis der Freiheit" (so hat es Karl Jaspers genannt) ist die Leitschnur einer verantwortlichen Bürgergesellschaft.
Scheitern wird eine neue Ordnung des Politischen aber auch, wenn es nicht gelingt, in den verschiedenen aufgezählten Bereichen mutig Reformen einzuleiten. Der Stand von Wissenschaft und Technik, von globaler Vernetzung und weltweitem Wettbewerb ist nicht wieder rückführbar auf einfache Verhältnisse. Es macht keinen Sinn, dagegen anzurennen, es macht Sinn, die darin liegenden Chancen zu nutzen.
Der notwendige Umbau des Staates, der Wirtschaft, der sozialen Sicherung, der Bildung und der Gesellschaft wird zweifellos große Kraftanstrengung erfordern, von uns allen. Die neuen Spielräume der Freiheit und die künftigen Wohlstandsgewinne sind aber nicht ohne größere Reformbereitschaft und Anstrengung im Denken wie im Handeln zu haben.
Größere Bereitschaft zu pragmatischem Risiko, zu Experimentierlust und Wagemut sind gefordert. Ebenso stärkere Teilhabe und Teilnahme, Ehrenamt und Freiwilligenengagement. Es geht um neue geistige wie materielle Kraftanstrengungen in Hinblick auf die Stärkung der Europäische Union und der Sicherung von Friede, Zivilität und Recht in der beginnenden Weltgesellschaft.
Anrede, gegenüber aller fundamentalistischen und terroristischen Bedrohung beharren wir auf einer Politik aus dem Geist der Freiheit, des Rechts und des Friedens. Gerade dies lässt uns Deutschland als weltoffene Heimat empfinden. Es gibt kein "Ende der Geschichte". Der Horizont ist offen. Es liegt an unserer Bereitschaft, ob wir aufbrechen zum Neuen, in Deutschland, in Europa, in der Welt.
Ende
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