WDR Fernsehen, Samstag, 1. September 2001, 10.00 bis 10.30 Uhr
Köln (ots)
BABYLON
"Woher wissen Sie das?" - Wie Migranten sich informieren
Die Satellitenschüssel bleibt öfter kalt
Geahnt haben es viele, aber jetzt ist es wissenschaftlich belegt:
Am häufigsten gucken türkische Migranten nicht türkisches Fernsehen, sondern RTL und ProSieben - wenn sie unterhalten werden möchten. Die meisten indes zappen zu den türkischen "Heimatsendern", allen voran TRT-INT, wenn sie sich informieren wollen. Babylon will wissen, wie das Leben hinter den Zahlen der Medienforscher aussieht und wie Macher und Zuschauer ihr bislang "illegales" Verhältnis pflegen.
Frontlinie Medien
Während deutsche Medien die Beteiligung von Bundeswehrsoldaten am NATO-Einsatz in Mazedonien diskutieren, erleben die hier lebenden Mazedonier und Albaner den Konflikt ganz anders. Die Frontlinie verläuft mitten durch ihre Wohnzimmer, nämlich zwischen den Zeitungen, dem Auslandsradio und den TV-Sendern. Fast über den ganzen Balkan verteilt sind sie und vermitteln ein Abbild der Front. Sie wollen die im Ausland lebenden Landsleute von ihrer Position überzeugen. Babylon-Reporter Antonio Cascais beobachtet diese mediale Front aus der Perspektive der Konfliktparteien.
Migranten machen Medien
Natürlich ist Berlin dem Rest der Republik mal wieder mehrere Nasenlängen voraus: In der Hauptstadt können türkische Mirganten zum Frühstück ihren eigenen Radiosender hören. Wer wissen will, was in der Stadt los ist, studiert das Wochenmagazin "Merhaba", ohne sich mit Deutsch herumquälen zu müssen. Und am abend - der türkische Radiosender "Metropol" sendet noch eifrig - schaltet man zu "Michael Santos", der via "Offenem Kanal" die türkische Gemeinde unterhält. In diesen Medien erfährt die türkische Community genau das, was sie interessiert.
Eins und Eins macht drei
Wer einschaltet, bestimmt die Quote. Das stimmt nicht ganz. Die Wirklichkeit ist etwas komplizierter: Wer einschaltet und deutsch ist, der bestimmt die Quote. Seit Anfang diesen Jahres werden nun bei den Einschaltquoten auch die Ausländer mitgezählt. Allerdings nicht alle, sondern nur die aus EU-Ländern stammenden Zuschauer. Wen interessieren diese Zahlen und warum zählt die GfK nicht alle Migranten mit? Steckt die Werbeindustrie dahinter oder sind es die Programmmacher?
Außerdem bei Babylon:
Der Aachener Friedenspreis für Pro Asyl
Der ehemalige Parlamentsabgeordnete Ibrahim Aksoy setzte sich in seiner Heimat für die Rechte der Kurden ein. Auf demokratischem Wege. Er wurde deshalb mehrfach verhaftet. Dann kam Hilfe aus Deutschland: Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl mobilisierte den ehemaligen NRW-Innenminister Herbert Schnoor, grüne Politiker und die evangelische Kirche, um Ibrahim Aksoy aus der Haft freizubekommen. Das ist ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit von Pro Asyl. Am 1. September 2001 wird die Flüchtlingsorganisation für diese Art der Netzwerkarbeit und ihr Engagement mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Babylon trifft Ibrahim Aksoy und den Träger des Friedenspreises, den Sprecher von Pro Asyl, Heiko Kaufmann.
Jung, neugierig und fremd
Der WDR hat in ein besonderes Experiment gewagt: 10 junge Journalistinnen und Journalisten, die noch in der Ausbildung sind, wurden quer durch Europa verschickt. In Irland, Dänemark, Polen, Österreich und in Deutschland sollten sie mit ihren Kameras beobachten, ob es Probleme mit Rassismus gibt. Was die jungen Autorinnen, die sich nach Irland auf den Weg machten, erlebten, das zeigt Babylon zum Auftakt der Serie "Jung, neugierig und fremd".
Moderation: Carmen Becker
Redaktion: Isabel Schayani
Rückfragen: WDR Pressestelle, Annette Metzinger Tel. 0221-220-2770
Agentur Ulrike Boldt, Tel. 02150-206562
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