FZ: "Die Katze guckt aus dem Sack" Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zur Steuerdebatte (Samstagausgabe, 29. Mai 2010)
Fulda (ots)
So schnell kann es gehen: Noch vor gut einem halben Jahr versprachen Union und FDP im Koalitionsvertrag, man werde die Steuern auf jeden Fall senken. Jetzt lautet die Zusage, "hemmungslose Steuererhöhungen" werde es nicht geben, wie es Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) gewunden formulierte. Allen Beteuerungen zum Trotz guckt also die Katze nun schon einmal aus dem Sack: Der Steuerzahler muss wieder bluten. Und alle Arten von Entlastungen können sich die Bürger bis auf Weiteres ans Bein streichen. Wie genau die künftigen Schikanen und Mehrkosten aussehen werden, ist noch unklar - von Lohn- oder Mehrwertsteuererhöhungen bis zur Streichung von Pendlerpauschale oder Ehegattensplitting ist vieles denkbar. Doch jede Variante hat ihre Tücken. Und auch die ebenso populäre wie pauschale Forderung nach "radikalen Einschnitten" per Rasenmähermethode ist spätestens dann nicht mehr so beliebt, wenn der Subventionsabbau plötzlich auch den eigenen Geldbeutel trifft. Zugegeben: Das deutsche Steuersystem ist reich an Kuriositäten, Widersprüchen und Ausnahme- regeln. Aber jeder Sonderparagraf hat auch seine Geschichte. Und weil das Steuerrecht eben nicht nur dem Fiskus zu seinen Einnahmen verhelfen soll, sondern auch ein Instrument ist, um politisch erwünschtes Verhalten der Bürger zu lenken, wird die berühmte Steuererklärung auf dem Bierdeckel wohl immer ein Wunschtraum bleiben. Denn auf diese politische Einflussmöglichkeit wird keine Regierung verzichten, und weil Schwarz-Gelb - wie schon die große Koalition - den harten und argumentativen Kampf mit den jeweiligen Interessensgruppen der bislang Steuerbegünstigten scheuen wird, läuft es wieder auf eine Mehrwertsteuer hinaus: Erst werden die ermäßigten Sätze "bereinigt", wie es gestern schon vorsichtig hieß, dann die 19 Prozent heraufgesetzt. Das ist zwar unsozial und Gift für die Binnenkonjunktur. Aber wohl die einzige Methode, auf die man sich in Berlin angesichts der dramatischen Haushaltslage in überschaubarer Zeit wird einigen können.
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