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FZ: Nackter Überlebenstrieb Kommentar der Fuldaer Zeitung zum Koalitionsgipfel

Fulda (ots)

Es gehört zur Rhetorik von Politikern, dass auch noch der größte Pfusch als Erfolg verkauft wird. Wenn FDP-Chef Rösler mit Blick auf den Koalitionsgipfel vom Sonntagabend ein "Signal der Handlungsfähigkeit" und der Stabilität aussenden will, wenn CDU-Generalsekretär Gröhe von "guten Entscheidungen" spricht, dann muss das als Indiz für das zunehmende Auseinanderdriften von Selbstwahrnehmung und Realität in dieser Koalition gewertet werden. Denn die Wirklichkeit sieht anders aus, und das wissen auch die, die im Kanzleramt versammelt waren: Wieder einmal hat sich diese Regierung nur durch einen unredlichen Kuhhandel das Überleben gesichert, ohne Rücksicht auf die daraus resultierenden Belastungen für kommende Generationen.

Die nächtlichen Entscheidungen zu Praxisgebühr und Betreuungsgeld sind vor allem eines: teure Wahlgeschenke, die die von der Regierung enttäuschten Menschen im Land besänftigen sollen, aber viele Milliarden kosten werden. Es ist kaum nachvollziehbar, dass die Koalitionäre im gleichen Atemzug mit ihrem peinlichen Tauschgeschäft verkünden, die oberste Maxime ihres Handelns sei die Haushaltskonsolidierung. Wie passt das mit einer kostspieligen und in ihrer Wirkung völlig unkalkulierbaren Maßnahme wie dem Betreuungsgeld zusammen? Aber in dieser Unlogik, die der Bürger nicht mehr zu verstehen vermag, ist es auch nicht verwunderlich, dass der FDP-Chef noch vor wenigen Wochen großspurig ankündigte, das Betreuungsgeld zu blockieren, weil es eben nicht finanzierbar sei. Doch jetzt stimmte die FDP zu - und machte es mit der von ihr geforderten Bildungskomponente sogar noch teurer, als es in der ursprünglichen Planung bereits war.

Rösler, der bei den Verhandlungen um die Abschaffung der Praxisgebühr kämpfte, tat alles dafür, seine Haut zu retten. Das war bei diesem Koalitionsgipfel womöglich die Strategie aller Beteiligten. Denn wenn die FDP nicht mehr in den Bundestag kommt, dann dürfte das auch das Ende von Merkel als Kanzlerin bedeuten. Bei der CDU-Regionalkonferenz im Oktober hatten heimische Christdemokraten der Kanzlerin zugerufen: "Wenn die CDU die Praxisgebühr abschafft, dann gewinnt sie die Wahl." Inzwischen glaubt offenbar auch Merkel daran, dass der Wähler mit Symbolpolitik zu beeindrucken ist. / Bernd Loskant

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Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

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