Alle Storys
Folgen
Keine Story von Universität Koblenz mehr verpassen.

Universität Koblenz

Live-Experiment zum Kanzler-Duell: Schulz profitiert stärker als Merkel

Live-Experiment zum Kanzler-Duell: Schulz profitiert stärker als Merkel
  • Bild-Infos
  • Download

Ein Dokument

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrer Information und redaktionellen Verwendung übersenden wir Ihnen anhängend die aktuelle Pressemitteilung der Universität Koblenz-Landau und der Universität Mainz.

Live-Experiment zum Kanzler-Duell: Schulz profitiert stärker als Merkel

Mit freundlichen Grüßen

Giovanna Marasco-Albry

Mainz, 04.09.2017

Live-Experiment zum Kanzler-Duell: Schulz profitiert stärker als Merkel

Die Universitäten Koblenz-Landau und Mainz haben im Rahmen eines Live-Experiments Wahrnehmung und Wirkung des TV-Duells 2017 zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD) untersucht. Die Hauptergebnisse der Studie mit rund 200 Teilnehmenden: Martin Schulz konnte die Debatte knapp für sich entscheiden. Zudem ist es ihm gelungen, in der Frage der Kanzlerpräferenz zu Angela Merkel aufzuschließen.

Insgesamt waren 224 Bürgerinnen und Bürger eingeladen, das Fernsehduell an den Universitäten in Landau und Mainz live zu verfolgen. Während der Debatte konnten sie Angela Merkel und Martin Schulz mit Drehreglern oder Push-Buttons permanent bewerten und mithilfe von Fragebögen ihre zusammenfassenden Meinungen vor und nach dem Duell abgeben. Merkel hatte dabei den besseren Start: Gleich mit einer ihrer ersten Aussagen konnte sie einen der höchsten Zustimmungswerte der gesamten Debatte verbuchen. Ihre Feststellung, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten, sondern vielmehr die Fluchtursachen zur Beilegung der Krise bekämpft werden müssen, kam bei den Zuschauern gut an (1). Ähnliche Zustimmungswerte erzielte sie mit ihrer Position, dass für sie nur eine "friedliche diplomatische Lösung" zur Beilegung des Nordkorea-Konflikts in Betracht komme (4). Schließlich stieß sie mit ihrem Plädoyer, dass man sich mit allen Mitteln gegen den Terror stellen müsse, auf Zustimmung. Denn: "Sich an diesen Terror zu gewöhnen, würde bedeuten, unsere Art zu leben, aufzugeben" (7).

Schulz hatte nach etwa 25 Minuten seinen ersten starken Moment, als er sich beim Thema Migration dafür aussprach, dass diejenigen, die die im Grundgesetz garantierten Rechte - etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau - einschränken wollen, in "Deutschland nichts verloren" haben (2). Mit Blick auf die Türkei erhielt seine Position, die EU-Beitrittsverhandlungen abzubrechen, große Zustimmung (3). Weiterhin wurde sein Vorwurf gegenüber Merkel, die CDU plane eine Erhöhung des Renteneinstiegsalters auf 70 Jahre, positiv bewertet (5). Schließlich konnte Schulz mit seiner Forderung punkten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssten, damit Bürger mit Sammelklagen gegen Autokonzerne im Rahmen der Diesel-Thematik vorgehen können (6).

Die am stärksten polarisierende Aussage des Abends kam von Martin Schulz als er darlegte, dass der "Islam eine Religionsgemeinschaft [ist] wie jede andere auch." (8)

Wirkungen des Experiments

Wie schon 2013 konnte Merkel das Duell nicht für sich entscheiden. 40 Prozent der Landauer und Mainzer Probanden sahen direkt nach der Sendung Schulz als Sieger, für 32 Prozent hatte Merkel die Nase vorn, 28 Prozent sahen den Ausgang als unentschieden. 2013 hatte der damalige Herausforderer Peer Steinbrück das Duell sogar mit 51 zu 36 Prozent für sich entschieden.

Auch bei der Frage nach der Kanzlerpräferenz konnte Schulz durch das Duell gewinnen: Während vor der Sendung noch 40 Prozent Merkel und nur 29 Prozent Schulz direkt wählen wollten, führte Schulz mit rund 36 Prozent nach dem Duell sogar leicht vor Merkel, die auf 35 Prozent kam.

Insgesamt zeichnen die Ergebnisse zu den spontanen Zuschauerreaktionen und den Wirkungen der Debatte ein in sich stimmiges Bild: Martin Schulz hat von der Debatte stärker profitiert als Angela Merkel.

Zur Methode

Die Untersuchung wird in Kooperation der Universitäten Koblenz-Landau und Mainz durchgeführt. Sie ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes "German Longitudinal Election Study". Ziel der Studie ist es, die Wahrnehmungsprozesse und die Urteilsbildung von Wählerinnen und Wählern insbesondere während des Wahlkampfes zu erforschen. Die Studie schließt an die Untersuchungen der Forschergruppe zu den TV-Duellen 2002, 2005, 2009 und 2013 an.

Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung vor allem aus drei Gründen von Befragungsdaten abweichen können, die seit gestern veröffentlicht werden:

Erstens handelt es sich bei der Untersuchung um ein Experiment; die gesammelten Daten sind nicht repräsentativ. Untersuchungsteilnehmer wurden anhand einer sogenannten Quotenstichprobe rekrutiert. Das heißt, es wurden jeweils gleich viele Anhänger aller politischen Parteien sowie parteipolitisch unabhängige Wahlberechtigte eingeladen, an der Studie teilzunehmen. In Repräsentativbefragungen sind die großen Parteien hingegen naturgemäß stärker vertreten.

Zweitens ist die Teilnehmerzahl geringer als bei anderen Befragungen.

Drittens wurden die hier berichteten Daten direkt nach dem Duell erhoben. Das heißt, alle Probanden und Probandinnen hatten die vollständige Sendung gesehen, während einige andere Befragungen teilweise auch schon zur Halbzeit des Duells gestartet wurden. Außerdem hatten die Landauer und Mainzer Teilnehmer keine Gelegenheit, die Nachberichterstattung zu verfolgen oder sich mit anderen Menschen über das Duell auszutauschen. Sie wussten deshalb nicht, wie Dritte den Ausgang des Duells bewerten würden.

SCHLÜSSELSTELLEN DES TV-DUELLS

Die stärksten Ausschläge:

Messzeitpunkt 1:

Angela Merkel (AM): Nein, ich empfinde es nicht als Bedrohung. Aber ich empfinde es als eine sehr, sehr große Aufgabe. Wir Deutschen haben eine lange Zeit die Vorzüge der Globalisierung sehr genossen. (...) Und viele Menschen haben schon seit Jahren auch darauf hingewiesen, dass wir uns nicht abkoppeln können von den Konflikten um uns herum. (...) Und deshalb müssen wir darauf reagieren. Das heißt aber nicht, dass die Menschen alle zu uns kommen können. Sondern, dass (...) wir Fluchtursachen bekämpfen müssen (...).

Messzeitpunkt 2:

Martin Schulz (MS): Wer unter Bezug auf das Grundgesetz und die Religionsfreiheit im Grundgesetz, andere Grundrechte, die im Grundgesetz definiert sind, einschränken will, zum Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau, der hat in Deutschland nichts verloren.

Messzeitpunkt 3:

MS: Wenn Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, die unschuldig in Haft gehalten werden, nicht mehr sicher sein können, dass der deutsche Staat sie in der Türkei schützt, weil dort ein autokratischer Herrscher willkürlich Leute verhaftet, dann ist der Punkt erreicht, wo die Bundesrepublik Deutschland sagen sollte: Wir brechen die Beitrittsverhandlungen ab.

Messzeitpunkt 4:

AM: Ich glaube nicht, dass man ohne den amerikanischen Präsidenten diesen Konflikt lösen kann. Aber ich glaube, dass man in aller Klarheit sagen muss: Für uns kommt nur eine friedliche diplomatische Lösung in Betracht. Dazu habe ich heute mit dem französischen Staatspräsidenten telefoniert (...), ich werde morgen auch mit Donald Tusk reden (...), ich werde mit dem russischen Präsidenten sprechen, mit dem chinesischen Präsidenten, natürlich mit Japan und Südkorea. Aber auch mit dem amerikanischen Präsidenten. Denn hier hängt sehr viel davon ab, dass wir wirklich zu einer friedlichen Lösung kommen.

Messzeitpunkt 5:

MS: Das sind die Dinge über die wir reden, wenn wir über Gerechtigkeit in diesem Lande reden und ganz sicher auch bei der Rente. Wenn wir nichts tun bei der Rente, ist eins klar: Dann sinkt die Rente massiv ab, die Beiträge werden steigen. Und glaube ich der Union, wird zum Dank dafür bis 70 gearbeitet. Ich glaube, wir haben, gerade weil unsere Wirtschaft so boomt, die Möglichkeiten und die finanziellen Mittel, mehr Gerechtigkeit im Lande herzustellen.

Messzeitpunkt 6:

MS: Wenn da umgerüstet werden muss bei der Software, dann müssen die Verursacher zahlen. Und wenn sie nicht zahlen wollen, dann muss nicht der einzelne (...) gegen Daimler-Benz oder gegen VW klagen, da haben sie eh keine Chance, sondern sich zusammenschließen können mit anderen, die gleich betroffen sind. Musterfeststellungsklage. Wir haben den Gesetzentwurf eingebracht, der liegt vor.

Messzeitpunkt 7:

AM: Sich an diesen Terror zu gewöhnen würde bedeuten, unsere Art zu leben, aufzugeben. Und deshalb ein klares Nein. Alles was in unserer Macht steht, sich diesem Terror entgegen zu stellen. Und ansonsten sehr bewusst für unsere Art zu leben werben.

Polarisierendste Stelle

Messzeitpunkt 8:

MS: Sie sehen, der Islam ist eine Religionsgemeinschaft wie jede andere auch (...) Lassen Sie uns nicht aufzwingen, dass die fünf Prozent oder drei Prozent fanatische Integristen den Islam in diesem Land verraten und verleumden können. Dazu bin ich nicht bereit.

ANSPRECHPARTNER

Universität Koblenz-Landau

Prof. Dr. Jürgen Maier

Professor für Politische Kommunikation

E-Mail: maierj@uni-landau.de

Prof. Dr. Michaela Maier

Professorin für Kommunikationspsychologie

E-Mail: mmaier@uni-landau.de

Universität Mainz

Prof. Dr. Thorsten Faas

Bereich "Empirische Politikforschung"

E-Mail: thorsten.faas@uni-mainz.de

Tel. 06131-39-38466

Giovanna Marasco-Albry
Universität Koblenz-Landau
Präsidialamt Mainz
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Rhabanusstraße 3
55118 Mainz
Tel.: 06131 37460-36
E-Mail:  pressestelle@uni-koblenz-landau.de
Weitere Storys: Universität Koblenz
Weitere Storys: Universität Koblenz
  • 23.08.2017 – 09:57

    Mathe macht glücklich - Pressemitteilung der Universität Koblenz-Landau

    Mathe macht glücklich Mathezirkel für Begabte startet am 15. September 2017 zum neunzehnten Mal am Campus Koblenz Mathematik kann besonders großen Spaß machen, wenn unterschiedliche Ideen aufgegriffen, alternative Lösungswege zugelassen oder weiterführende Fragen formuliert werden. Schüler erhalten damit die Herausforderung, die sie benötigen, um ihre Begabung ...

  • 22.08.2017 – 12:13

    Jahrestagung Friedenspädagogik - Pressemitteilung der Universität Koblenz-Landau

    Jahrestagung Friedenspädagogik am 26. und 27.09.2017 an der Universität in Koblenz Trauma und Traumabearbeitung: Perspektiven und Herausforderungen für die Friedenspädagogik Die große Zahl geflüchteter Menschen, die ihre Heimat verlassen hat, erreicht im Bereich der sozialen und gesellschaftlichen Integration vor Ort unmittelbar auch das pädagogische Feld. Die ...

  • 22.08.2017 – 12:12

    Jahrestagung Friedenspädagogik - Pressemitteilung der Universität Koblenz-Landau

    Jahrestagung Friedenspädagogik am 26. und 27.09.2017 an der Universität in Koblenz Trauma und Traumabearbeitung: Perspektiven und Herausforderungen für die Friedenspädagogik Die große Zahl geflüchteter Menschen, die ihre Heimat verlassen hat, erreicht im Bereich der sozialen und gesellschaftlichen Integration vor Ort unmittelbar auch das pädagogische Feld. Die ...