Nach vier Jahren Planungszeit und 100 Millionen Mark Investition
Der Energieversorger RWE setzt Java-Renommier-Projekt "Cheops" in den Sand
München (ots)
Deutschlands ehrgeizigstes Java-Projekt ist gescheitert. Mit "Cheops" wollte die RWE Energie AG, Essen, bis zum Ende des vergangenen Jahres eine objektorientierte Alternative zur SAP-Branchenlösung "IS-U/CCS" auf die Beine stellen. Jetzt kommt der Versorger selbst nicht mehr an der Standardsoftware vorbei. Das berichtet die Zeitschrift "Computerwoche" in ihrer Ausgabe vom 29. September 2000 (Nr.39).
Nach vier Jahren Planungs- und Implementierungszeit sowie Investitionen in Höhe von mindestens 100 Millionen Mark wurde das Projekt de facto eingestellt. Offenbar haben sich die RWE, deren Softwaretochter IFS GmbH sowie der Dienstleistungspartner IBM Global Systems zu viel zugemutet, so die Zeitschrift weiter. Sie wollten nicht nur die wettbewerbsrelevanten Systeme von Grund auf neu entwickeln, sondern auch eine wenig erprobte Technik nutzen: eine objektorientierte Architektur und die Programmiersprache Java.
IT-Verantwortliche in Großunternehmen bedauern, dass durch das geplatzte Projekt keine Konkurrenz zu SAP aufkommt. Ein Wettbewerbsdruck könnte sich schließlich belebend auf die Weiterentwicklung der Standardsoftware auswirken. Die "Computerwoche" kommentiert die RWE-Entscheidung als im Prinzip richtig. Knud Norden, Vorstandsvorsitzender der RWE Systems AG, Dortmund, beteuert aber: "Wenn man mit Java richtig umgeht, eignet sich die Sprache auch für große Systeme". Das Projekt "Cheops" hätte allerdings bereits Ende 1999 beendet sein sollen, war aber immer weiter hinter seinen Zeitplan zurückgefallen. Hauptursache für die Verzögerungen war laut Norden weniger das "Lehrgeld", das jeder zahlen müsse, der eine neue Technologie einsetze, als vielmehr die Probleme im Projekt-Management.
Er beklagte vor allem das Anforderungs-Management und die fehlende Kommunikation. Offenbar war dem Cheops-Projekt aufgrund seines Umfangs und der zahlreichen Subunternehmer die Transparenz verloren gegangen.
Der vor neun Monaten unternommene Versuch, das Mammutprojekt in Module zu zerlegen, kam zu spät, so die "Computerwoche". Zudem hat sich die wirtschaftliche Situation der Energieversorger in den vergangenen Jahren stärker verändert, als bei Projektstart vorherzusehen war. Die neue Linie heiße: "Schnelligkeit geht vor Vollständigkeit." Innerhalb von
24 Monaten plant RWE Systems, die Grundfunktionen der SAP-Branchenlösungen implementiert zu haben. Die Investition in Cheops hat zwar, so Norden, kaum verwertbare Software hervorgebracht, doch immerhin habe RWE dabei wertvolle Einsichten in seine Prozesse erhalten.
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