IT-Plattform des neuen Preissystems der Bahn schon beim Start
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COMPUTERWOCHE: Trotz Nachteilen hatte Mehdorn auf die
pünktliche Einführung gedrängt
München (ots)
Das mit dem neuen Tarifsystem der Bahn verknüpfte Buchungssystem "Tina" dürfte den IT-Chefs des Staatskonzerns noch einige schlaflose Nächte bereiten. Denn das vielbeschworene "neu" der Datenverarbeitung, dank derer Kunden Tickets zum preiswertesten Tarif bekommen sollen, basiert nach Angaben der IT-Fachzeitung COMPUTERWOCHE auf einem proprietären Altsystem. Weil die Zeit drängte, nutzte der Staatsbetrieb für die Tarifumstellung eine Server-Plattform, deren Grundkonzept bereits rund 20 Jahre alt ist. Dabei bildet das Vertriebssystem "Kurs 90" - eine Eigenentwicklung der Bahn aus den 90er Jahren - die zentrale IT-Instanz der Personenverkehrssparte. "1995 war das ein tolles System", berichtet ein Mitarbeiter. Heute aber stellten sich neue Anforderungen, die auf der Plattform nur mit hohem Aufwand zu erfüllen seien.
So ist für das Server-Betriebssystem "Nonstop Kernel", auf dem Kurs 90 läuft, kaum moderne Standardsoftware verfügbar, etwa für Customer-Relationship-Management (CRM). Gerade in diesem Punkt hätte der Konzern jedoch einiges nachzuholen. Hinzu kommt, dass immer weniger IT-Mitarbeiter mit "Kurs 90" vertraut sind. Schon vor einem Jahr warnte der Vorstand deswegen vor möglichen Wartungsproblemen. Selbst das neuentwickelte Buchungssystem genügt nach Einschätzung von Projektbeteiligten noch längst nicht allen Anforderungen. Wegen enger Zeitvorgaben war das Team an verschiedenen Stellen zu Kompromissen in der Funktionalität gezwungen, ist aus dem Unternehmen zu hören. Weiterentwicklungen werde es daher auch noch nach dem offiziellen Start am 1. November geben.
Die Ungeduld von Bahnchef Hartmut Mehdorn, der den Staatskonzern zum "allumfassenden Mobilitätsdienstleister" ausbauen will, dürfte laut COMPUTERWOCHE eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, dass sich die Bahn trotz offenkundiger Nachteile entschied, das Buchungssystem "Tina" als Teilmodul von Kurs 90 zu entwickeln. Denn eine Migration auf eine moderne Unix-Plattform hätte laut unternehmensinternen Angaben erheblich länger gedauert. Ein Wechsel auf eine andere Server-Architektur wäre in dem vorgegebenen Zeitraum kaum realisierbar gewesen, verteidigt auch Rudolf Althoff, CIO für den Personenverkehr, das Festhalten an Kurs 90 und ergänzt: "Man muss nicht immer der Erste sein und die neuesten Technologien einsetzen."
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