IT-Zeitbombe in der Bundesagentur für Arbeit: Stehen Millionen Langzeitsarbeitslose im Januar 2005 ohne Geld da?
München (ots)
Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, gegenüber COMPUTERWOCHE: "Ich weiß nicht, ob die Bundesagentur die Umsetzung des ALG-II-Projekts bis Januar 2005 schafft"
München, 12. März 2004 Die Bundesagentur für Arbeit (BA) treibt ein Horrorszenario um: Stehen am 1. Januar 2005 Millionen Langzeitarbeitslose ohne Geld da? Nach Berichten der IT-Wochenzeitung COMPUTERWOCHE (Ausgabe 11/2004) droht ein gigantisches IT-Projekt der Nürnberger Behörde zur Berechnung und Auszahlung des künftigen Arbeitslosengeldes II (ALG II) zu scheitern: So soll die Bundesagentur bis Ende des Jahres dafür sorgen, dass sie das ALG II eine Kombination aus Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab Januar 2005 fristgerecht an die Empfänger auszahlen kann. Dem steht jetzt jedoch eine politische Entscheidung entgegen: Auf Drängen der Union wurde im Vermittlungsausschuss ein Optionsgesetz beschlossen, das jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt bis Ende August das Recht gibt, zu entscheiden, ob sie selbst und nicht die BA künftig die Betreuung und Vermittlung der Langzeitarbeitslosen übernehmen wollen.
Damit scheint nach den Problemen mit dem "Virtuellen Arbeitsmarkt" das nächste Desaster für die Bundesagentur programmiert: Für die Nürnberger bleibt bis zum Spätsommer nicht nur unklar, wie viele Kommunen Arbeitslose in eigener Regie betreuen wollen, sondern die IT-Anwendung für ALG II muss teilweise auch ohne exakte sozialpolitische Parameter entwickelt werden. Fraglich ist daher, ob die Auftragnehmer T-Systems und Prosoz die geforderte Web-basierende ALG-II-Anwendung differenziert genug hinbekommen. Ein erstes Fachkonzept des Duos hat die BA schon zurückgewiesen, weil es dem Optionsgesetz nicht ausreichend Rechnung trug. Erschwerend kommt hinzu, dass im Herbst die Feindaten zwischen BA und Kommunen noch abgestimmt werden müssen. Außerdem bleibt wenig Zeit für die Installation der Anwendungen in der Fläche sowie die Schulung der Mitarbeiter in den Job-Centern vor Ort.
Experten bezweifeln, dass die BA das Projekt ALG II fristgerecht stemmen kann. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, äußert sich gegenüber der COMPUTERWOCHE zurückhaltend: "Ich weiß nicht, ob die Bundesagentur die Umsetzung des ALG-II-Projekts bis Januar 2005 schafft."
Wie brisant das Thema ALG II ist, verdeutlicht die Zahl der potenziellen Empfänger. Sie bewegt sich je nach Schätzung zwischen drei und fünf Millionen bezugsberechtigten Personen. "Im Gegensatz zur LKW-Maut ist es bei einem Fehlschlag des ALG-II-Projekts nicht so, dass nur dem Bund Einnahmen entgehen, sondern dass einige Millionen Menschen am 1. Januar 2005 um ihr Geld bangen müssen, auf das sie angewiesen sind", warnt ein Projekt-Insider.
Für Rückfragen: Peter Gruber, Redaktion COMPUTERWOCHE, Tel. 089/360 86-102, Fax 089/360 86-109
ots-Originaltext: Computerwoche
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