Deutsche Medizintechnikindustrie warnt vor Überregulierung und Protektionismus
Schwacher EU-Handel im ersten Halbjahr 2018
Berlin (ots)
Die deutschen Medizintechnikausfuhren in Länder der Europäischen Union lagen im 1. Halbjahr 2018 mit einem schwachen Plus von 0,8 Prozent nur geringfügig über dem Vorjahresniveau. In der ersten Jahreshälfte 2017 konnte noch ein Zuwachs von 3,4 Prozent realisiert werden, im Jahr davor waren es sogar noch sieben Prozent. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die der Industrieverband SPECTARIS präsentiert. Neben konjunkturellen Gründen und dem Brexit ist nach Einschätzung des Verbandes die Ende Mai 2017 in Kraft getretene Medizinprodukteverordnung (MDR) eine der weiteren Hauptursachen für diese Entwicklung. Mit einem Umsatzplus von insgesamt 3,8 Prozent zwischen Januar und Juni 2018 entspricht die Geschäftsentwicklung der deutschen Hersteller aber noch weitgehend den Erwartungen. Das grundlegende Wachstumspotenzial ist nach wie vor hoch.
Die Europäische Union ist mit einem Anteil von aktuell mehr als 42 Prozent der Gesamtexporte die wichtigste Zielregion für Medizintechnik aus Deutschland. Weitere 17 Prozent der Ausfuhren entfallen auf die USA, acht Prozent auf die Volksrepublik China. Während die Medizintechnikexporte in die USA zur Jahresmitte mit 1,98 Milliarden Euro stagnierten, entwickelten sich die Ausfuhren nach China erfreulicherweise weiterhin positiv. Sie konnten in den ersten sechs Monaten um fast acht Prozent zulegen und erreichten einen Wert von 931 Millionen Euro. "Das Geschäft in Europa und den USA bildet die Basis für die Unternehmen. Daneben hängt das weitere Wachstumspotenzial in der Medizintechnik stark von der Nachfrageentwicklung der Schwellenländer ab. Der Handelspartner China ist dabei natürlich von besonderer Bedeutung. Sollte sich das Wachstum in der Volksrepublik verlangsamen, würde das auch bei den deutschen Herstellern Spuren hinterlassen. Die zunehmende Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China betrachten wir daher mit Sorge", so SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer.
Die Exportquote von aktuell 68 Prozent belegt, dass die deutsche Medizintechnikindustrie als drittgrößter Hersteller weltweit international mit ihren innovativen Produkten überzeugen kann. Mit Blick auf die kommenden Jahre erwartet der Verband allerdings, dass das Umsatzwachstum in Deutschland und auf dem europäischen Markt insgesamt durch die neue Medizinprodukteverordnung schwach bleiben oder vielleicht weiter an Dynamik verlieren wird. "Vor über einem Jahr trat die neue Verordnung in Kraft, doch noch immer sind viele Fragen zur praktischen Umsetzung offen, die Probleme der Unternehmen angesichts der steigenden Bürokratie nicht gelöst", betont der Vorsitzende des SPECTARIS-Fachverbandes Medizintechnik, Dr. Martin Leonhard.
"Wachstumspotenzial ist aber nach wie vor vorhanden", fährt Leonhard fort. Ob Digitalisierung und neue, damit verbundene Geschäftsmodelle, der demographische Wandel und ein zunehmendes Gesundheitsbewusstsein sowie der Ausbau des Gesundheitswesens in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern: Die Markttreiber sind intakt und bieten weiterhin viele Chancen für Medizintechnik aus Deutschland. Mayer ergänzt: "Wir würden uns aber wünschen, dass die Politik die mittelständisch geprägte Hightech-Industrie nicht durch weitere überzogene Bürokratieanforderungen hemmt. Was wir brauchen ist ein modernes Fachkräfteeinwanderungsgesetz, ein flexibleres Arbeitszeitgesetz und eine steuerliche Forschungsförderung."
Experten des Marktforschungsunternehmens "Evaluate MedTech" rechnen laut aktueller Prognose bis 2024 mit einem jährlichen Wachstum des Weltmarktes für Medizintechnik von 5,6 Prozent auf dann 595 Milliarden Euro US-Dollar. "Den deutschen Firmen wird es mit den richtigen Rahmenbedingungen gelingen, den aktuellen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen und von dieser Entwicklung zu profitieren", so Mayer.
Die rund 1.300 deutschen Medizintechnikbetriebe mit mehr als 20 Mitarbeiter erzielten 2017 mit ihren fast 140.000 Beschäftigten einen Umsatz von knapp 30 Milliarden Euro. Bei den mehr als 11.000 kleineren Betrieben mit weniger als 20 Mitarbeitern sind weitere 60.000 Menschen tätig.
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