Wohldosierte Nadelstiche: Akupunktur für Versicherte erhalten
BARMER, DAK und KKH starten gemeinsamen Modellversuch
Hamburg (ots)
Für BARMER, Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) und Kaufmännische Krankenkasse (KKH) ist die Akupunktur ein wichtiger Bestandteil in der heutigen Schmerztherapie. Die drei Krankenkassen wollen das drohende Aus der Akupunktur verhindern und in einem Modellversuch die Wirksamkeit dieser Jahrtausende alten Heilmethode wissenschaftlich untermauern. Das geplante Projekt wurde gestern in Hamburg der Öffentlichkeit präsentiert.
Anlass der gemeinsamen Initiative ist ein Streit im Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen um die Zukunft der Akupunktur als Teil der vertragsärztlichen Versorgung sowie ein drohendes Erstattungsverbot des Bundesversicherungsamtes. Heute behandeln bis zu 50.000 Ärzte in Deutschland 1,5 Millionen Menschen jährlich mit Akupunktur. Dennoch erfüllt die Akupunktur nach Auffassung der Ärztevertreter nicht die Anforderungen einer strengen wissenschaftlichen Untermauerung. Deshalb lehnen sie die Akupunktur im Bundesausschuss ab. "Das widerspricht den Erfahrungen unserer kranken Versicherten mit der Akupunktur", resümierte dagegen Dr. Eckart Fiedler, Vorstandsvorsitzender der BARMER Ersatzkasse, in Bezug auf die Ergebnisse einer großen Versichertenbefragung. In neun Städten waren Versicherte der BARMER zu ihrer Akupunkturbehandlung befragt worden. Dabei zeigte sich, dass 70 Prozent der Patienten wegen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, 32 Prozent wegen Migräne und Kopfschmerzen akupunktiert wurden*. Acht von zehn Patienten verspürten eine mindestens deutliche Besserung ihres Leidens. 67 Prozent sind sicher, dass die Akupunktur ihre Arbeitsunfähigkeit verkürzt hat. Insgesamt schätzen 82 Prozent die Behandlung mit der Akupunktur als erfolgreich ein; 86 von hundert Patienten würden sich wieder für eine Akupunktur entscheiden. "Hoch interessant in Hinblick auf die ablehnende Haltung des Bundesausschusses: Bei 60 Prozent der Patienten hatte der behandelnde Arzt die Akupunktur empfohlen, weil die Schulmedizin nicht den gewünschten Erfolg brachte", betonte Fiedler. Für alle drei Kassen ist klar, dass die Akupunktur als Vertragsleistung natürlich auch entsprechend honoriert werden muss.
Den hinter der aktuellen Diskussion um die Akupunktur stehenden Streit kennzeichnete der stellvertretende DAK-Vorstandsvorsitzende Eckhard Schupeta als Ausdruck einer "deutlichen Schwäche in den Verfahrensrichtlinien des Bundesausschusses". Diese Richtlinien binden die Zulassung einer Therapiemethode seit 1999 an das Vorliegen mindestens einer Studie der höchsten Evidenzklasse, also mit der höchstmöglichen Beweiskraft für die Wirksamkeit der Therapie. "Das jetzt erst deutlich gewordene Problem besteht darin: Gibt es tatsächlich nur eine einzige Studie der Evidenzklasse 1 und diese ist negativ, dann muss die Therapiemethode aus dem Leistungskatalog herausgenommen werden - auch dann, wenn es in der nächstniedrigeren Evidenzklasse über hundert Studien mit positiven Ergebnissen gibt", verdeutlichte Schupeta die Situation. Genau dieses Problem hat jetzt die Akupunktur. Zwar weisen eine Vielzahl internationaler wissenschaftlicher Untersuchungen Therapieerfolge nach, doch genügen diese nicht der Evidenzklasse 1. Die Konsequenz nach den Buchstaben der derzeit gültigen Richtlinien: Die Akupunktur müsste aus der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten herausgenommen werden. "Damit wollen wir uns nicht abfinden", betonte Schupeta.
Das Modellvorhaben der drei Ersatzkassen konzentriert sich auf chronische Schmerzzustände. "Gerade hier zeigen die bisherigen Erkenntnisse, dass die Akupunktur die Schmerztherapie besonders gut unterstützen kann", begründete Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der Kaufmännischen Krankenkasse, die Auswahl dieser Indikationen. BARMER, DAK und KKH führen derzeit Gespräche mit renommierten Instituten, die das Modellvorhaben wissenschaftlich begleiten sollen. Der in der Praxis erfolgreiche Einsatz der Akupunktur ist die Triebfeder für diesen Modellversuch. Sie steht voll und ganz im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot, denn die Versichertenumfrage der BARMER belegte, dass den Patienten in 53 Prozent der Fälle die konventionellen Behandlungsmethoden ganz, in weiteren 33 Prozent teilweise erspart blieben. Deshalb setzen sich die drei großen Ersatzkassen dafür ein, dass die Akupunktur Teil der vertragsärztlichen Versorgung wird. Nicht vordergründige Wettbewerbsargumente, sondern handfeste Forschungsergebnisse müssen dies untermauern.
Mehrfachnennungen waren möglich
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