Denker und Lenker von morgen: Mehr Angst um den Job als vor Terror und Klimawandel
Frankfurt am Main (ots)
Wie sehen sich Deutschlands Topmanager von morgen? / PwC befragte 326 Nachwuchsführungskräfte in ausführlichen Interviews / Ein Viertel will Deutschland den Rücken kehren / Vier Typen zeichnen sich ab: Globalisten, Macher, Netzwerker und Pragmatiker / Kaum Hoffnung auf soziale Sicherungssysteme
Sie sind Deutschlands Zukunft, sollen Erfolg und Wachstum schaffen und Unternehmen im 21. Jahrhundert führen. Doch welche Erwartungen, Sorgen und Probleme haben die Manager von morgen? Wie erleben sie die deutsche Gesellschaft? PricewaterhouseCoopers (PwC) hat insgesamt 326 Nachwuchsführungskräfte in ausführlichen Interviews befragt, wie sie sich ihre persönliche, ihre berufliche und die gesellschaftliche Zukunft vorstellen. Die Motivation hierzu: PwC stellt jedes Jahr rund 1.400 Hochschulabsolventen und Young Professionals ein und gehört zu denjenigen Unternehmen in Deutschland, die mit Abstand den größten Anteil an Akademikern beschäftigen: "Wir wollten wissen, was die junge Generation der Nachwuchskräfte bewegt, um uns hierauf einzustellen und die Ergebnisse mit dem Bild vergleichen, das die Öffentlichkeit von jungen Managern hat", so Hans Wagener, Sprecher des Vorstands von PwC in Deutschland. Das Ergebnis der Befragung: Den typischen ambitionierten Nachwuchsmanager gibt es nicht, vielmehr haben sich die Führungskräfte von morgen ein ganzes Portfolio von Lebensstrategien zurechtgelegt, um mit den Erwerbs- und Karriereanforderungen einer globalisierten Wirtschaftswelt und den Unwägbarkeiten vieler gesellschaftlicher Entwicklungen erfolgreich umzugehen.
Die Nachwuchsführungskräfte selbst bestimmen die Themen der Befragung
Die vorliegende Studie ragt aus den herkömmlichen Meinungsumfragen heraus. Statt der üblichen fünf- bis zehnminütigen Telefonabfrage fand hier ein ausführliches, etwa halbstündiges Gespräch mit 308 Nachwuchsführungskräften aus deutschen Unternehmen statt. "Das Außergewöhnliche an dieser Studie ist, dass zum ersten Mal in einer solchen Studie die Fragen nicht von den Forschern, sondern von den jungen Führungskräften selbst kamen", so Dr. Yvonne Fritzsche-Sterr, Projektleiterin der Studie und ehemals Hauptautorin der Shell-Jugendstudie. Der eigentlichen Befragung ging eine Untersuchung voraus, die Auskunft darüber geben sollte, welche Themen die Topmanager von morgen überhaupt interessieren, welche Fragen sie an die Gesellschaft und welche Fragen sie sich selbst stellen. Zu diesem Zweck fanden vorab 18 so genannte Tiefeninterviews mit jungen Führungskräften statt. "Nicht wie üblich telefonisch, sondern in vertrauter, häuslicher Umgebung. Die Befragten konnten hier den Inhalt des persönlichen Gesprächs bestimmen, es wurden keine Fragekomplexe einfach abgearbeitet", so Dr. Yvonne Fritzsche-Sterr. Die persönlichen Gespräche von jeweils circa zwei Stunden bildeten die Basis für die nachgelagerten Telefoninterviews. Bei den Befragten handelte es sich um vielversprechende Berufseinsteiger mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung, meist in Trainee- oder Assistenzpositionen sowie um jüngere Führungskräfte bis maximal 39 Jahre, die in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach noch mehr Führungsverantwortung in Unternehmen übernehmen werden.
Vier unterschiedliche Typen: Die jungdynamischen Globalisten
Die ausführlichen Gespräche mit den Befragten und die anschließende Clusterbildung auf Basis der Antworten lassen eine Typisierung der jungen Führungskräfte zu. 21 Prozent der Befragten werden als "jungdynamische Globalisten" charakterisiert. Sie sind im Durchschnitt knapp über 30 Jahre alt, halten die Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft grundsätzlich für lösbar, streben ins Ausland und verzichten für den Weg nach oben ganz bewusst auf private Bedürfnisse. Sie legen viel Wert darauf, schon früh Auslandserfahrungen zu sammeln, um Sprachen und fremde Kulturen kennen zu lernen und gehen davon aus, dass diese Erfahrungen für ihre spätere Laufbahn nützlich sein werden: "Meine Partnerin wollte Sicherheit und Standorttreue, ich wollte nach Mexiko. Nach drei Jahren war Schluss. Ich bin froh, dass ich den Konflikt nicht mehr ausfechten muss, das wäre auf jeden Fall eine Belastungsprobe gewesen" (Analyst Privatbank, 30 Jahre).
Die konzentrierten Macher
Die "konzentrierten Macher" (22 Prozent) sind voller Optimismus, schätzen die eigenen Karrierechancen durchweg positiv ein und sind davon überzeugt, dass "die da oben" die anstehenden Probleme schon lösen werden. Sie stellen die jüngste Gruppe unter den vier Typen mit überdurchschnittlich vielen Berufseinsteigern (39 Prozent) dar, 62 Prozent sind jünger als 35 Jahre. Die Jungmanager von diesem Schlag konzentrieren sich stark auf ihren Beruf, sind relativ unbesorgt und legen deutlich weniger Wert auf den Ressourcenaufbau als ihre Kollegen. "Ich will einen Job haben, der mir so viel Spaß macht, dass ich sage, eine Stunde mehr bringt mich nicht um, ich sehe nicht auf die Uhr" (Vorstandsreferentin Großkonzern, 38 Jahre).
Die erfahrenen Pragmatiker
Vom "alten Schlag" und ausgesprochen auf Deutschland konzentriert sind die "erfahrenen Pragmatiker" (22 Prozent). Die Mehrheit ist zwischen 35 und 39 Jahre alt, 75 Prozent sind Männer, 77 Prozent haben einen Hochschulabschluss und ihr Slogan im Betrieb lautet: Wir sind die Stützen, uns macht keiner so leicht etwas vor. "Umweltpolitik hat sich als Wachstumschance für uns erwiesen. Warum sollten wir nicht Weltmarktführer im Bereich grüne Energie werden?" (Abteilungsleiter Elektronikkonzern, 37 Jahre)
Die aufgeschlossenen Netzwerker
Größte Gruppe bei der Typisierung sind mit 34 Prozent die "aufgeschlossenen Netzwerker". Die Nachwuchsmanager gelten als ausgesprochene Familienmenschen, sie pflegen Freundschaften und Hobbies und leben nach der Devise: Um im Privatleben glücklich zu werden, kann es erforderlich sein, auf einer Sprosse der Karriereleiter freiwillig stehen zu bleiben. Falsch wäre allerdings die Vermutung, die Mitglieder dieser Gruppe hätten sich vom Unternehmen innerlich verabschiedet. Sie legen vielmehr großen Wert auf Weiterbildung und schätzen ihre Karrierechancen ausgesprochen positiv ein. "Ich habe so eine Gruppe von vielleicht 20 Bekannten aus den unterschiedlichsten Bereichen. Da erfahre ich sehr früh alles über neue Jobs oder auch über Schwierigkeiten von bestimmten Firmen. Wenn es darauf ankommt, wird mir sicher jemand helfen können, ohne dass ich staatliche Stellen in Anspruch nehmen muss. Das wäre furchtbar für mich" (Teamleiter Fertigung, 36 Jahre).
Fünf (Über-) Lebensstrategien künftiger Top-Manager
Die Befragung zeigt auf, dass die Wirtschaftselite von morgen über kein gemeinsames Zukunftsbild verfügt, es lassen sich nicht einmal ansatzweise übergreifende Konzepte oder Zukunftsvorstellungen dieser Generation herausfiltern. Es werden jedoch auf Basis der Auswertung fünf biografische Strategien deutlich, die die Nachwuchsmanager verfolgen, um mit dem wachsenden Erwerbs- und Karrieredruck zurecht zu kommen. Zwei davon haben offensiven Charakter: Zahlreiche Jungmanager setzen mit dem Aufbau von Ressourcen in Berufs- und Privatleben sowie einer klaren Auslandsorientierung auf den Aufbau ihrer eigenen Erfahrungen und Kapazitäten. Damit wollen die Befragten ihre Chancen vergrößern und sich gegen Rückschläge absichern. Zwei Strategien sind defensiv ausgerichtet: Diese Nachwuchsführungskräfte nehmen zeitweilig Einschränkungen im Privatleben hin und reduzieren ihr Engagement auf das Überschaubare und Machbare im eigenen Lebenskreis. Die Anhänger dieser Strategien konzentrieren die vorhandenen Ressourcen auf die Bewältigung der beruflichen Herausforderung. Die fünfte Strategie beruht auf dem Glauben an den Fortschritt und an die eigene Leistungsfähigkeit und spiegelt das Selbstbewusstsein wieder, das den Führungsnachwuchs trotz aller Angst und allem Leistungsdruck auszeichnet.
Rückzug ins Private: Gesellschaftliches Engagement hat keine Priorität mehr
Auffällig ist dabei, dass die Jungmanager gesellschaftliche Probleme sehr wohl registrieren, diesen jedoch kaum mehr direkte Einflüsse auf das eigene Leben zuschreiben. Stattdessen setzen die Manager von morgen auf ihre eigene Fähigkeiten und Netzwerke und erwarten kaum noch Unterstützung aus den sozialen Sicherungssystemen. "Immer früher haben die Leute Angst, nichts zu kriegen und müssen sich immer mehr rein hängen, mindestens zehn Praktika und drei Auslandsstationen haben - und dann beklagt man sich, dass die Jugend heute so unpolitisch ist" (Unit-Leiter Werbeagentur, 32 Jahre).
Ängste: Arbeitslosigkeit, die Alterspyramide und die staatliche Rente
Die Nachwuchsmanager wurden im Rahmen der Studie nach der Wichtigkeit verschiedener gesellschaftlicher Probleme befragt - hierbei zeigte sich, dass der Grad der gefühlten persönlichen Betroffenheit ausschlaggebend für das Ranking der einzelnen Nennungen war. Arbeitslosigkeit gilt hier selbst in einer leistungsstarken und gut ausgebildeten Gruppe wie den Nachwuchskräften als das drängendste Problem, 89 Prozent der Befragten halten es für sehr wichtig. Die Überalterung der Gesellschaft (88 Prozent) sowie die Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung (87 Prozent) und die Staatsverschuldung (82 Prozent) stehen ebenfalls auf der Liste der Nennungen ganz oben. "Arbeit, Veränderungen in der Arbeitswelt, das ist ja viel unmittelbarer und betrifft mich im Moment eher als die Frage von Terrorismus oder Klima" (Trainee Großbank, 26 Jahre).
Optimismus: Nord-Süd-Konflikt gilt als leicht lösbar
Deutlich weniger Gewicht auf der Skala der gesellschaftlichen Probleme werden dagegen den negativen Auswirkungen der EU-Erweiterung (58 Prozent) oder dem Nord-Süd-Konflikt (46 Prozent) beigemessen. Hier sind die jungen Manager weitgehend optimistisch: Den Nord-Süd-Konflikt hält jeder Zweite für lösbar oder gar leicht lösbar, 56 Prozent der Befragten sind hinsichtlich der Bewältigung der Folgen der EU-Erweiterung äußerst optimistisch.
Mehr als 25 Prozent aller Befragten planen eine Karriere im Ausland
Die kommende Generation von Führungskräften sieht ihre Zukunft nicht mehr unbedingt in Deutschland. Mehr als 25 Prozent der Nachwuchsmanager planen eine Karriere außerhalb Deutschlands. Elementare Voraussetzungen hierfür bringt der Nachwuchs ohnehin mit: Neben der Muttersprache sprechen die Befragten durchschnittlich zwei Fremdsprachen, gerade einmal fünf Jungmanager gaben an, nur die Muttersprache zu beherrschen. 93 Prozent der Nachwuchskräfte haben das Abitur, drei von vier Befragten können ein abgeschlossenes Studium vorweisen: "Wir haben mittlerweile Bewerber, die waren in China, Nairobi und Islamabad, sind super qualifiziert und haben mit Anfang dreißig bereits unglaublich viel erlebt. Das war früher noch nicht mal im Traum denkbar oder notwendig" (Direktor Personalentwicklung Großkonzern, 39 Jahre).
Wirtschaftsstandort Deutschland: Mehrheit der Nachwuchskräfte zuversichtlich
Die naheliegende Vermutung, die Nachwuchskräfte orientierten sich in Richtung Ausland, da sie der wirtschaftlichen Entwicklung oder der politischen Stabilität in Deutschland nicht trauten, trifft nicht zu: Eine deutliche Mehrheit der zukünftigen Führungsgeneration blickt voller Zuversicht auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Beachtliche 51 Prozent der Befragten geben der gegenwärtigen Wirtschaftslage die Note "gut bis sehr gut", nur sechs Prozent stufen sie als "schlecht" ein. Ähnlich verhält es sich mit der Beurteilung der Stabilität des demokratischen Systems in Deutschland: 84 Prozent halten das System für ausgesprochen gesund. Die Einschätzung der Wirtschaftslage oder der politischen Stabilität spielt dabei für die persönliche Lebensplanung meist keine Rolle.
Balance zwischen Arbeit und Privatleben
Für ihr berufliches Fortkommen sind die Nachwuchskräfte bereit, erhebliche Einschränkungen im Privatleben in Kauf zu nehmen - dennoch spielen Familie und persönliche Beziehungen eine bedeutende Rolle. Die Vorstellung, dass beruflicher Erfolg Defizite im privaten Bereich wettmache, findet offensichtlich keinen breiten Konsens mehr. Der Wunsch nach einer sogenannten "Work-Life-Balance", einem Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben, wird von der Mehrzahl der Nachwuchsführungskräfte als wichtig angesehen. "Ich kenne einen Kollegen, der hat einen Burn-out mit Mitte dreißig. Es ist erschreckend, so etwas zu sehen. Das ist ja kein Beinbruch, der morgen wieder weg ist" (Trainee Servicebereich Automobilunternehmen, 24 Jahre).
Die YES-Studie "Wie die Manager von morgen die Zukunft der Gesellschaft sehen" von PwC können Sie ab 13. Juni 2007 kostenfrei herunterladen unter: www.pwc.de
Hinweis für die Redaktion:
Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.100 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,2 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).
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