Pharmamarkt China: Langfristiges Engagement von Pharmaunternehmen und Investoren zahlt sich aus
Frankfurt (ots)
PwC-Studie: China wird bis 2050 größter Pharmamarkt der Welt sein
Wenig entwickelte Vertriebskanäle, Preiskontrollen und Patentverletzungen stellen ausländische Hersteller noch vor Probleme
Langfristiges Engagement und lokale Kooperationen zahlen sich aus
Der chinesische Pharmamarkt wächst rasant: Bis zum Jahr 2010 dürfte China in der weltweiten Rangliste gemessen an Umsatzzahlen auf den fünften Platz vorrücken und bis 2050 zum weltgrößten Absatzmarkt aufsteigen. Dies geht aus der aktuellen Studie "Investing in China's Pharmaceutical Industry" von PwC hervor. Die dynamische Entwicklung bietet westlichen Pharmakonzernen große Wachstumschancen, zumal der Marktzugang für ausländische Unternehmen nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) deutlich leichter geworden ist. Allerdings ist der Weg zum Erfolg auf dem chinesischen Markt weiterhin steinig: Wenig entwickelte Vertriebskanäle, staatliche Preiskontrollen und häufige Patentverletzungen sind nur einige der Hürden, die ausländische Pharmaunternehmen überwinden müssen, wenn sie sich auf dem chinesischen Markt etablieren möchten.
Generika und Produktfälschungen dominieren den Markt
Die Chinesen haben im Jahr 2005 für umgerechnet rund 19,2 Milliarden US-Dollar westliche Medikamente gekauft, hinzu kommen noch Präparate der traditionellen chinesischen Medizin. Pro Kopf gerechnet lagen die Ausgaben allerdings mit 15 US-Dollar jährlich so niedrig wie in kaum einem anderen Land der Welt. "Importierte Medikamente sind nur für die wenigsten Patienten in China erschwinglich und verfügbar", so Dr. Volker Fitzner, einer der verantwortlichen Partner der China Business Group von PwC in Deutschland: "Nur jeder zehnte Chinese verfügt über eine Krankenversicherung, und der Staat hat sich mittlerweile weit gehend aus der Finanzierung des Gesundheitssystems zurück gezogen. Entsprechend dominieren Generika und Produktfälschungen aus lokaler Produktion den Markt."
Für ausländische Pharmahersteller ist daher vor allem die städtische Mittelklasse interessant, die über ein deutlich höheres Einkommen als der Bevölkerungsdurchschnitt verfügt. Bis zum Ende des Jahrzehnts dürften Schätzungen zufolge einige hundert Millionen Chinesen zu dieser potenziellen Kundengruppe gehören. Marktchancen bieten zudem die wachsende Überalterung der chinesischen Gesellschaft sowie die zunehmende Verbreitung von Zivilisationskrankheiten wie Fettleibigkeit oder Diabetes.
Vertrieb: Kompliziertes Geflecht von Zwischenhändlern
Der Vertrieb von Medikamenten ist für ausländische Pharmahersteller in China eine der größten Hürden, die sie bewältigen müssen: Zwar dürfen multinationale Konzerne, sofern sie einen chinesischen Produktionsstandort haben, seit Dezember 2004 ihre Medikamente landesweit selbst anbieten und verteilen. Jedoch werden nach wie vor rund 80 Prozent der Medikamente westlicher Art von den Kliniken verschrieben und gleichzeitig auch verkauft. Die Kliniken kaufen ihrerseits in der Regel bei Zwischenhändlern. Für Pharmahersteller ist das enge Beziehungsgeflecht nur schwer zu durchdringen. In der Regel müssen hohe Provisionen gezahlt werden, um Medikamente bei Zwischenhändlern zu platzieren. Dabei verlaufen die Grenzen zwischen Bonuszahlungen und Bestechung fließend. "Vor allem ausländische Pharmaunternehmen müssen in diesem Umfeld vorsichtig agieren, um weder die chinesischen Anti-Korruptionsgesetze noch die ihres Heimatlandes zu verletzen", warnt Dr. Volker Fitzner.
Krankenhäuser dominieren beim Verkauf von Medikamenten
Da die Krankenhäuser einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Medikamentenverkauf erzielen, sind unabhängige Apotheken unerwünschte Konkurrenten. Einige Kliniken geben beispielsweise elektronische Rezepte aus, die nur in der Krankenhausapotheke eingelöst werden können. Da die Krankenhäuser im eigenen wirtschaftlichen Interesse tendenziell zu viele Medikamente verschreiben und diese häufig mit hohen Preisaufschlägen an Patienten weiter verkaufen, versucht die chinesische Zentralregierung seit Jahren, Apotheken als alternativen Vertriebsweg zu stärken. Mit gemischtem Erfolg: In der Boomregion Shenzen beispielsweise werden mittlerweile rund 40 Prozent aller Medikamente von Apothekern verkauft. Landesweit liegt der Marktanteil der Apotheken jedoch nur bei 20 Prozent, gegenüber 60 Prozent in den USA.
Großes Potenzial für verschreibungsfreie Medikamente
Das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist für Pharmakonzerne nicht nur wegen der dominierenden Stellung der Krankenhausapotheken schwierig, sondern auch aufgrund der staatlichen Preiskontrollen. Zwischen 1997 und 2005 wurden die Höchstverkaufspreise für weit verbreitete Präparate 17mal gesenkt. Für viele in- und ausländische Pharmahersteller ist der Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten damit unwirtschaftlich geworden.
Deutlich attraktiver sind rezeptfreie Medikamente, so genannte Over-the-Counter- Präparate (OTC). Für OTC-Medikamente gaben die Chinesen im Jahr 2005 rund 4,2 Milliarden US-Dollar aus, davon rund die Hälfte für westliche Präparate. Mit einer Steigerungsrate von 11,2 Prozent wächst der chinesische OTC-Markt schneller als der irgendeines anderen großen Landes. Allerdings haben auch inländische Hersteller das Marktpotenzial erkannt und verkaufen traditionell chinesische Medikamente unter eigenem Markennamen und zum Teil in eigenen Ladengeschäften. Hinzu kommt, dass verschreibungsfreie Medikamente westlicher Hersteller in der Regel drei- bis viermal so teuer sind wie die traditionellen Alternativen aus lokaler Produktion. "OTC-Präparate bieten ausländischen Pharmaunternehmen zu Beginn nur begrenzte Ertragspotenziale, sind aber für den Aufbau eines Markenbewusstseins von großer Bedeutung", so Volker Booten, in Deutschland verantwortlich für den Bereich Pharma bei PwC .
Produktfälschungen und Patenverletzungen weit verbreitet
Produktfälschungen kosten die Pharmaindustrie nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation derzeit rund 32 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Bis 2010 könnte der weltweite Schaden sogar auf 75 Milliarden US-Dollar anwachsen. Ein großer Teil der gefälschten Medikamente stammt aus China. Zwar zeigt sich die chinesische Zentral¬regierung im Kampf gegen Produktfälscher entschlossen. Spektakuläre Erfolge - allein 2004 wurden über 691 illegale Pharmafabriken geschlossen - zeigen jedoch auf regionaler und lokaler Ebene keine anhaltende Wirkung. Viele Provinzregierungen sind vor allem an der lokalen wirtschaftlichen Entwicklung interessiert und gehen daher selten gegen Patentverletzungen oder Produktfälschungen vor. Diese Einstellung dürfte sich erst dann Grund legend ändern, wenn sich chinesische Unternehmen als bedeutende Pharmahersteller etabliert haben und auf den Schutz ihrer Patente drängen.
Fehlendes Know-How bietet derzeit Investitionschancen
Die Konsolidierung der chinesischen Pharmaindustrie schreitet zwar voran, doch gibt es noch immer rund 3.700 inländische Hersteller. Ein "nationaler Champion" ist nicht in Sicht. Selbst die zehn größten einheimischen Unternehmen, die gemeinsam etwa ein Fünftel des chinesischen Pharmaumsatzes erwirtschaften, konzentrieren sich nach wie vor auf das margenschwache Generikageschäft. Für Investitionen in Forschung und Entwicklung stehen daher in der chinesischen Pharmaindustrie nur wenig Mittel zur Verfügung. Dennoch stieg die Zahl der Patentanmeldungen durch chinesi¬sche Pharmaunternehmen von 283 im Jahr 1999 auf rund 1.700 im Jahr 2003. Chinas Universitäten reichen derzeit 6.000 Patente pro Jahr ein und damit ebenso viele wie die Universitäten in den USA. Ausländisches Kapital könnte diesen Aufholprozess beschleunigen.
Niedrige Entwicklungskosten machen China für die Forschung attraktiv
Für internationale Pharmaunternehmen ist der Forschungsstandort China in erster Linie wegen der niedrigen Entwicklungskosten attraktiv. So kostet die Medikamentenentwicklung bis zur Markteinführung in China gerade einmal 6,5 Millionen US-Dollar gegenüber schätzungsweise 800 Millionen US-Dollar in westlichen Industrieländern. Klinische Test lassen sich leichter durchführen und bringen genauere Ergebnisse. Denn in China lassen sich deutlich mehr Testpersonen finden, die bislang nicht gegen Krankheiten behandelt wurden, die ein neues Medikament therapieren soll. Zudem können sich ausländische Unternehmen auf eine gut ausgebaute Biopharma- und Biotech-Infrastruktur mit 500 bis 1.000 zumeist privaten Forschungsdienstleistern stützen.
Fazit: Langfristige Strategie zahlt sich aus
"Ausländische Pharmakonzerne brauchen in China einen langen Atem" stellt Volker Booten fest. "Noch sind die Ertragspotenziale zwar begrenzt, der wirtschaftliche Aufschwung und das Erstarken der chinesischen Mittelklasse bietet jedoch in den kommenden Jahren erhebliche Chancen. Auch wenn zahlreiche Probleme, wie Patentschutz oder Vertrieb, noch nicht befriedigend gelöst sind, sollten internationale Konzerne nicht zu zögerlich agieren. Denn chinesische Konsumenten legen durchaus Wert auf einheimische Marken und zahlen für etablierte Generika aus lokaler Produktion annähernd so viel wie für das importierte Original". Eine empfehlenswerte Strategie für ausländische Pharmaunternehmen ist daher der Markteintritt über Bündnisse, Joint Venture oder Übernahmen chinesischer Produzenten. Voraussetzung ist die genaue Kenntnis der lokalen Marktbedingungen und gesetzlichen Vorschriften. Für ausländische Unternehmen, die eine langfristige Strategie mit vertrauenswürdigen lokalen Partnern verfolgen und dabei die politischen Entwicklungen aufmerksam verfolgen, dürfte sich die Investition in China auszahlen.
Die Studie "Investing in China's Pharmaceutical Industry" finden Sie unter: www.pwc.com/de/Pharma.
Redaktionshinweis:
Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).
Pressekontakt:
Nicole Susann Roschker
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Corporate Communications / Presse
Tel.: (069) 9585 - 1669
E-Mail: nicole.susann.roschker@de.pwc.com
Original-Content von: PwC Deutschland, übermittelt durch news aktuell