Gemeinsame Presseinformation : AOK-Bundesverband - AOK Berlin - Ärztekammer Berlin
Fehlervermeidung und Sicherheitskultur in Medizin und Pflege - Deutschland ist noch Entwicklungsgebiet
Berlin (ots)
Berliner Gesundheitspreis 2002 - 50.000 Euro an sechs Preisträger vergeben
Sechs Preisträger teilen sich den mit insgesamt 50.000 Euro dotierten "Berliner Gesundheitspreis 2002", den der AOK-Bundesverband, die AOK Berlin und die Ärztekammer Berlin heute vergeben. Die Preise wurden den Preisträgern während einer Festveranstaltung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften überreicht. Sie zeichnen Projekte aus, die sich in besonderer Weise um eine Qualitätsverbesserung in Medizin und Pflege durch Fehlervermeidung und Sicherheitskultur bemühen. Der erste Preis in Höhe von je 15.000 Euro geht an das Departement Anästhesie Kantonsspital in Basel und an das Kieler Institut für Allgemeinmedizin in Kiel.
Das Schweizer Departement Anästhesie Kantonsspital hat für den stationären Bereich ein landesweites, datenbankgestütztes Meldesystem im Internet entwickelt, mit dem systematisch Anhaltspunkte zur Fehlerentstehung und -vermeidung gewonnen und veröffentlicht werden. Das Kieler Institut für Allgemeinmedizin hat im ambulanten Bereich ein Risiko-Management zur Prävention von (Medikations-) Fehlern und zur Schaffung eines Fehlerberichtsystems für hausärztliche Praxen vorgestellt. Mit beiden Projekten wird nach Auffassung der Jury ein wesentlicher Beitrag zur Patientensicherheit erreicht.
An drei weitere Projekte, die sich um die Vermeidung von Patientenstürzen im Krankenhaus (Unikliniken Köln) und Pflegeheim (Geriatrisches Zentrum Ulm/Alb-Donau) sowie um die Vermeidung von Druckgeschwüren bei Pflegebedürftigen (St. Josefs-Hospital Wiesbaden) bemühen, wurden dritte Preise in Höhe von je 6.000 Euro vergeben.
Ein Anerkennungspreis in Höhe von 2.000 Euro geht an die engagierten Schülerinnen und Schüler der Krankenpflegeschule Sankt Josef im bayerischen Buchloe, die während ihrer Ausbildung die Initiative "Den Keimen auf der Spur" entwickelt haben, mit der zur Verbesserung des Hygienestandards im Krankenhaus beigetragen werden konnte.
Die sechs Gewinner des seit 1995 zum vierten Mal ausgeschriebenen bundesweiten Preises waren von einer 13-köpfigen Jury aus Vertretern von Politik, Wissenschaft und Praxis aus 51 Wettbewerbsbeiträgen ausgesucht worden.
"Deutschland ist bei dem Thema Vermeidung von Fehlern, Beinahefehlern sowie unerwünschten Ereignissen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung noch Entwicklungsgebiet ", sagte Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundes-verbandes. "Deshalb brauchen wir eine systematische Fehlerprävention und Sicherheitskultur im Gesundheitswesen, mit der vermeidbarer Schaden von den Patienten ferngehalten werden kann". Ziel der AOK sei es, den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken und die Qualität und Transparenz in Medizin und Pflege kontinuierlich zu verbessern. Mit dem Berliner Gesundheitspreis habe man jetzt einen wichtigen Schritt gemacht. "Wir benötigen eine systematische Aufarbeitung und Bündelung von Fehleranalysen, die für Fortbildungen der Gesundheitsberufe aufbereitet werden", forderte der AOK-Vorstandsvorsitzende. Die Fehlerforschung müsse zudem als Teil der gesundheitlichen Versorgungsforschung gefördert und Fehlerprävention sowie Patientensicherheit als "Pflichtteil" von Qualitätsmanagement in Medizin und Pflege verankert werden, so Ahrens.
Bisher erschöpfe sich der Umgang mit Fehlern in Medizin und Pflege in Deutschland häufig darin, einen Schuldigen zu finden, beschrieb Dr. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, die Situation. In vielen anderen Ländern, vor allem im anglo-amerikanischen Raum, habe es in den letzten Jahren schon erhebliche Anstrengungen zur Entwicklung entsprechender Sicherheitssysteme gegeben. "Die Tatsache, dass die Ärztekammer als Mitinitiator des Berliner Gesundheitspreises das Thema Fehlermanagement auf die Agenda bringt, zeugt von hoher Verantwortung in der Ärzteschaft". So entwickle die Bundesärztekammer derzeit ein Curriculum "Fehlermanagement", das bundesweit in der ärztlichen Fortbildung angeboten werden soll. "Es ist unser Ziel, in Kliniken und Praxen konstruktiv und vertrauensvoll mit Fehlern umzugehen. Patienten und Ärzte werden davon deutlich profitieren", so der Kammerchef.
"Das diesjährige Thema des Berliner Gesundheitspreises hat eine sehr sensible Problematik aufgegriffen. Zumindest in der Bundesrepublik gehört es in Medizin und Pflege noch nicht zu den festen Gepflogenheiten, offen über Fehler und Mängel zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen, wie diese vermieden werden können. Die ausgezeichneten Beiträge bieten eine reelle Chance, dem gegenzusteuern ", sagte Rolf D. Müller, Vorsitzender des Vorstandes der AOK Berlin. Mit der Vergabe des Berliner Gesundheitspreises bestehe zudem die Hoffnung, eine aktivere Beteiligung von Ärzten und Pflegekräften an der Diskussion bewirkt und das Thema in der Öffentlichkeit bekannt gemacht zu haben. Auch der Sachverständigenrat für die "Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen" habe die wichtige, impulsgebende Funktion des Preises begrüßt. Bereits zum vierten Mal wurden Preisträger geehrt. Hintergrund des Wettbewerbs sei die Erkenntnis gewesen, dass alle bisherigen Reformen im Gesundheitswesen nur kurzzeitig Wirkung gezeigt und zudem Kostendämpfungseffekte im Vordergrund gestanden hätten, so Müller.
Der Berliner Gesundheitspreis habe sich als anerkannter Wettbewerb im Gesundheitswesen der Bundesrepublik Deutschland etabliert, betonten die Initiatoren. "Wir hoffen, auch mit dem Berliner Gesundheitspreis 2002 wichtige Anregungen in diesen Prozess einzubringen", hieß es abschließend.
Die sechs Preisträger sind:
1. Preis 15.000 Euro Departement Anästhesie Kantonsspital Basel, Schweiz
Landesweites, computerbasiertes anonymes Critical Incident Reporting: Ein Beitrag zur Patientensicherheit
Ansprechpartner Prof. Daniel Scheidegger Tel. 0041/61/ 2657255 Dscheidegger@uhbs.ch
1. Preis 15.000 Euro Institut für Allgemeinmedizin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Schleswig-Holstein
Fehlerprävention und Riskmanagement in der allgemeinmedizinischen Praxis
Ansprechpartner Prof. Dr. Ferdinand Gerlach Tel. 0431/5972226 Gerlach@allgemeinmedizin.uni-kiel.de
3. Preis 6.000 Euro Geriatrisches Zentrum Ulm/Alb-Donau, Baden-Württemberg
Stürze in Pflegeheimen Aus Fehlern lernen - Sicherheit und Mobilität fördern
Ansprechpartner Dr. Clemens Becker Tel. 0731-187 295 Clemens.becker@medizin.uni-ulm.de
3. Preis 6.000 Euro Steuergruppe "Risikomanagement und Patienten- sicherheit" Klinikum der Universität Köln, Nordrhein-Westfalen
Vermeidung von Patientenstürzen im Krankenhaus
Ansprechpartner Stefan Palm Tel. 0221/4786740 Stefan.palm@medizin.uni-koeln.de
3. Preis 6.000 Euro St. Josefs-Hospital Wiesbaden, Hessen
Dekubitusmanagement
Ansprechpartnerin Simone Sturm Tel.. 0611/177-2000 Stvpdl@joho.de
Anerkennungspreis 2.000 Euro Berufsfachschule für Krankenpflege am Krankenhaus St.Josef in Buchloe, Bayern
"Den Keimen auf der Spur"
Ansprechpartnerin Werna Säckler Tel.: 08241 / 504 216 schulleitung@pflegeschueler.de
Rückfragen: Weitere Informationen zu den Preisträgern erhalten Sie in der Geschäftsstelle des Berliner Gesundheitspreises, Rungestr. 3-6, 10179 Berlin, Tel.: 0 30/ 25 31 - 13 30, Fax: 0 30/ 25 31 - 10 00, e-Mail: Berliner.Gesundheitspreis@dpbln.aok.de.
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