AOK-Fehlverhaltensbericht: Forderungen über 35 Millionen Euro und Corona-Effekte
Reimann: Pandemie hat Aufklärung erschwert
Berlin (ots)
Durch Korruption, Abrechnungsbetrug und Abrechnungsmanipulationen sind dem Gesundheitswesen trotz des Rückgangs von Operationen und Behandlungen in der Pandemie auch 2020 und 2021 wieder erhebliche Finanzmittel entzogen worden. Die Forderungen der AOK-Gemeinschaft summierten sich laut Fehlverhaltensbericht 2020/21 auf 35,4 Millionen Euro. Das sind 1,6 Millionen Euro weniger als im Vorberichtszeitraum 2018/2019. "Während der Corona-Pandemie haben sich für die Fehlverhaltensbekämpfung ganz neue Herausforderungen ergeben", sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. So habe sich die Pandemie auf die Dauer der Verfahren ausgewirkt und die Aufklärung von Sachverhalten verzögert. Teilweise konnten gerichtlich angeordnete Durchsuchungsbeschlüsse oder Vor-Ort-Prüfungen des Medizinischen Dienstes nicht realisiert werden. "Wir müssen hier schnell wieder den Vor-Corona-Stand erreichen", so Reimann.
Der entstandene Schaden, der von den AOKs im Berichtszeitraum 2020/21 ermittelt wurde, beläuft sich auf rund 73 Millionen Euro, wobei die Dunkelziffer diesen Betrag vermutlich um ein Vielfaches übersteigt. Während die Schadenssumme den tatsächlich entstandenen Schaden beziffert, wurden die Forderungen unanfechtbar festgestellt, insbesondere durch Urteile, Vergleiche, gerichtliche und/oder außergerichtliche Einigungen.
"Das betrügerische Verhalten Einzelner belastet die Beitragszahlenden und fügt der Solidargemeinschaft erheblichen finanziellen Schaden zu. Dieses Geld steht dann nicht mehr für die Versorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen zur Verfügung. In diesen für die Kranken- und Pflegekassen finanziell herausfordernden Zeiten ist es daher wichtiger denn je, die Fehlverhaltensbekämpfung zu stärken", sagt Dr. Susanne Wagenmann, Vorsitzende des Aufsichtsrats des AOK-Bundesverbandes für die Arbeitgeberseite.
Knut Lambertin, Vorsitzender des Aufsichtsrats des AOK-Bundesverbandes für die Versichertenseite hebt die Bedeutung der Zusammenarbeit in der Fehlverhaltensbekämpfung innerhalb der AOK-Gemeinschaft hervor. "Da der Verdacht auf ein Fehlverhalten in vielen Fällen nicht an Landesgrenzen endet, arbeiten die Fehlverhaltensstellen der elf AOKs untereinander, aber auch mit anderen Kassenarten eng zusammen. Ebenso wichtig ist die intensive Zusammenarbeit mit dem GKV-Spitzenverband."
Die meisten Fälle im Bereich der Pflege
Insgesamt wurden im Berichtszeitraum von den elf AOKs insgesamt 13.662 Fälle verfolgt. Diese unterteilen sich in 7.400 neue Fälle und 6.262 Bestandsfälle. 7.432 Fälle konnten im Berichtszeitraum abgeschlossen werden. An erster Stelle steht, wie bereits in den Jahren 2018/19, Fehlverhalten im Kontext der Pflege und der häuslichen Krankenpflege mit 1.943 neuen Fällen. Allein in diesem Bereich konnten 11,25 Millionen Euro aufgrund falsch und betrügerisch abgerechneter Leistungen für die Versichertengemeinschaft gesichert werden.
Besonders brisant war ein Fall in Bayern im Oktober 2019. Der Ermittlungsverdacht richtete sich gegen organisierte Kriminelle bei 13 Pflegediensten. Diese sollen gegenüber den Kranken- und Pflegekassen Leistungen im großen Stil abgerechnet haben, die tatsächlich nicht erbracht worden sind. Diese Leistungen stellten sich als medizinisch nicht notwendig heraus und wurden durch Vorspiegelung falscher Tatsachen beziehungsweise durch Gefälligkeitsgutachten von Ärzten erschlichen. Gegen zahlreiche Beteiligte wurde noch keine Anklage erhoben, da die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden noch nicht abgeschlossen sind. Der finanzielle Schaden laut Urteil beträgt über drei Millionen Euro. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Kassen und Sozialhilfeträger tatsächlich in einer Höhe von bis zu neun Millionen Euro finanziell geschädigt wurden.
Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Betrugs-Präventionsdatenbank
"Die AOKs nehmen den gesetzlichen Auftrag zur Fehlverhaltensbekämpfung gewissenhaft wahr und setzen dabei auf eine erfolgreiche Kooperation untereinander. Dabei sind wir eng mit den bundesweiten und regionalen Institutionen der Fehlverhaltensbekämpfung vernetzt", sagt die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. Für eine effiziente Fehlverhaltensbekämpfung seien jedoch auch entsprechend ausgestattete Ermittlungsbehörden notwendig, die es in Deutschland bisher nicht flächendeckend gibt. Daher sollten in allen Bundesländern spezielle Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingeführt werden, die sich mit landesweiter Zuständigkeit ausschließlich mit Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen befassen.
Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes über den bundesweit organisierten Abrechnungsbetrug, zum Beispiel durch Pflegedienste, hätten aufgezeigt, dass zur effektiven Verhinderung von Fehlverhalten eine organisationsübergreifende GKV-Datenbank zur Betrugsprävention erforderlich ist. "Deshalb setzt sich die AOK dafür ein, eine organisationsübergreifende Betrugspräventions-Datenbank für Kranken- und Pflegekassen aufzubauen", so Reimann.
Weiterführende Informationen finden Sie auf www.aok-bv.de.
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