Pressemitteilung der Bundesärztekammer 119. Deutscher Ärztetag in Hamburg eröffnet
Berlin (ots)
Hamburg, 24.05.2016 - "Wertschöpfung in unserem Gesundheitswesen muss immer einhergehen mit der Wertschätzung von Patienten und Ärzten." Das sagte Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), bei der heutigen Eröffnung des 119. Deutschen Ärztetags in Hamburg. Medizinisch begründete Entscheidungen müssten immer Vorrang haben vor Gewinnmaximierung und Renditestreben. Die Prioritäten müssten klar sein, erst der Patient, dann die ökonomischen Fragen.
Vielerorts seien aber die Grenzen ökonomischer Zumutbarkeiten erreicht. Montgomery verwies in diesem Zusammenhang auf mögliche negative Folgen von Klinikprivatisierungen. "Schnelle Managerwechsel, Personalentscheidungen nach Gutsherrenart, und "hire and fire"-Prinzipien auch in den Chefetagen der Krankenhäuser - das alles sind Auswüchse einer gewinn- und marktorientierten Privatisierung." An Klinik- und Kostenträger gewandt, sagte er: "Man kann das Thema Patientensicherheit nicht wie ein Mantra vor sich hertragen und zugleich billigend in Kauf nehmen, dass Ärzte dermaßen unter Druck gesetzt werden."
An die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern appellierte Montgomery, endlich für ausreichend Investitionsmittel für die Krankenhäuser zu sorgen. Auch nach dem Krankenhausstrukturgesetz gebe es hierfür keine nachhaltige Verpflichtung der Länder. "Dieses Thema muss im Bundesrat und auf der Länderebene weiter diskutiert werden", forderte der BÄK-Präsident.
Auf den Prüfstand gehört nach Überzeugung Montgomerys auch die Preisgestaltung bei Arzneimitteln. "Hier muss die Balance gewahrt werden zwischen dem, was Forschung und Entwicklung an Mitteln brauchen, was der Markt bereit ist zu zahlen, und dem, was in einem solidarisch finanzierten System ethisch vertretbar ist. Es kann nicht sein, dass nur die Leistungsträger im Gesundheitswesen wie wir Ärzte zu sozialgebundenen Tarifen verpflichtet sind, die Pharmaindustrie aber ausschließlich marktorientiert agiert", sagte Montgomery. Positiv bewertete er das kürzlich verabschiedete Antikorruptionsgesetz für das Gesundheitswesen. Der BÄK-Präsident hob hervor, dass das Gesetz nicht nur für Ärzte gilt, sondern für alle Akteure aus dem Gesundheitswesen sowie für diejenigen, die bestechen. Sinnvoll sei, dass der Verweis auf die Verletzung berufsrechtlicher Unabhängigkeit aus dem Gesetz gestrichen wurde. "Dies wäre ein Gummiparagraph geworden, der ein Einfallstor für Verdächtigungen und Unterstellungen geöffnet hätte."
Ausdrücklich hob Montgomery in seiner Rede die ehrenamtliche Hilfe vieler tausend Ärztinnen und Ärzte bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms hervor. "Als die Lage in vielen Erstaufnahme-einrichtungen chaotisch war, setzten sich Ärzte in einer beispiellosen Welle der Hilfsbereitschaft für die schutzsuchenden Menschen ein. Dieses Engagement ist im besten Sinne ärztlich", sagte er. Gleichwohl sollte niemand auf die Idee kommen, sich auf diesem ehrenamtlichen Engagement auszuruhen. Handlungsbedarf bestehe unter anderem bei der personellen Aufstockung des für die gesundheitliche Versorgung in Erstaufnahmeeinrichtungen zuständigen öffentlichen Gesundheitsdienstes, bei der nur schleppend verlaufenden Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge sowie bei der viel zu bürokratischen Leistungsgewährung gemäß Asylbewerberleistungsgesetz.
Ausführlich ging Montgomery auf die Arbeiten an der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ein. Nachdem der Verordnungsgeber über viele Jahre untätig geblieben sei, hätten Ärzte einen Anspruch auf ein angemessenes Honorar und eine rechtssichere Gebührenordnung. Vor dem Hintergrund der innerhalb der Ärzteschaft zum Teil kontrovers geführten Debatte über die Reform betonte er die Notwendigkeit, sich mit Kritik an der Sache ernsthaft auseinanderzusetzen. Zum weiteren Vorgehen berichtete Montgomery, dass nunmehr ein mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Verband der Privaten Krankenversicherung abgestimmter Text der Leistungslegenden vorliege. Auch hätten die Diskussionen auf der Sachebene mit den Berufs- und Fachverbänden begonnen. Ziel sei eine modernisierte, rechtssichere, anpassungsfähige und zukunftsorientierte neue GOÄ.
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