Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Prädikat "besonders wertvoll" für DIE VERMESSUNG DER WELT/Neuer Buck- Film erhält Gütesiegel - Prädikate auch für LORE, Gewinner des Hessischen Filmpreises, DER DEUTSCHE FREUND und ALLES WIRD GUT
Wiesbaden (ots)
Wiesbaden, 23. Oktober 2012. Deutsche Filmproduktionen dominieren die Kinos in den kommenden zwei Wochen. Den Anfang macht Detlev Bucks langerwartete Verfilmung von Daniel Kehlmanns Roman DIE VERMESSUNG DER WELT (Start: 25. Oktober). Zwei Männer, zwei Genies, zwei Denkweisen: Die fiktive Doppelbiographie von Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß überzeugt durch innovative und wunderschöne Bilder sowie durch das erstklassige Spiel von Florian David Fitz und Albrecht Schuch. Die FBW-Jury vergab hierfür das höchste Prädikat "besonders wertvoll" und schreibt in ihrem Gutachten: "Ein spannender, vergnüglicher und überzeugender Film über Lust und Leiden an der Vermessung der Welt."
Die Stunde Null nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutete für viele Deutsche ein vollkommener und erzwungener Neubeginn. Aus dieser Zeit erzählt LORE (Start: 1. November), das bewegende Nachkriegsdrama der australischen Regisseurin Cate Shortland. Sie wählt für ihre Geschichte über vier Geschwister, die im Sommer 1945 die Flucht durch Deutschland unternehmen, die Perspektive der 14jährigen Lore, die bisher im Glauben an die nationalsozialistischen Ideale aufwuchs. Nun bricht ihr bisheriges Leben auseinander und sie muss lernen, die Welt neu zu begreifen. Eine grandiose Schauspielleistung, Bilder, die trotz Nachkriegstristesse auch vor Sinnlichkeit und Schönheit nicht zurückschrecken, und eine selten gewählte und wichtige Perspektive auf die Geschehnisse: Dafür gab es nicht nur den Hessischen Filmpreis 2012 als Bester Spielfilm, sondern auch höchstes Lob der fünfköpfigen Gutachterrunde der FBW, die diesem "visionären und verstörenden Geschichtsbild mit einem kompromisslosen Gestaltungswillen und einer Passion für suggestive Metaphern" das Prädikat "besonders wertvoll" verlieh.
Auch DER DEUTSCHE FREUND (Start: 1. November) behandelt die Nachkriegszeit. Regisseurin Jeanine Meerapfel erzählt die Geschichte von Sulamit, einem jüdischen Mädchen, dessen Eltern vor den Nazis nach Argentinien geflohen sind. Dort wächst Sulamit direkt neben Friedrich auf, dessen Eltern ebenfalls nach Argentinien flohen. Doch Friedrichs Eltern waren selbst Nazis. Es ist das Schicksal der Nachkriegsgeneration, für die sich Meerapfel interessiert, für die Kinder, die sich von den Eltern lösen müssen, aber auch nicht anders können, als deren Vergangenheit aufzuarbeiten. Die FBW-Jury vergab das höchste Prädikat "besonders wertvoll" und zeigte sich beeindruckt von diesem "eindrucksvollen Film mit aufwendiger und sorgfältiger Gestaltung".
Sind behinderte Schauspieler nicht auch ganz normale Künstler? Und können "normale" Menschen nicht auch in verschiedenster Weise behindert sein? Es sind Fragen wie diese, die den Theater- und Filmregisseur Niko von Glasow zu seinem Projekt ALLES WIRD GUT (Start: 1. November) angeregt haben. Sein Ziel: Ein gemeinsames Theaterstück mit behinderten und nicht-behinderten Schauspielern. Der Dokumentarfilm begleitet von Glasow bei den Proben - dabei gelingt nicht nur ein wunderbar spannender Einblick in den kreativen Prozess des Stücks, sondern auch eine Begegnung mit einzigartigen Menschen, die sich über ihre Handicaps hinwegsetzen und der Welt ihre Kraft, Stärke und Persönlichkeit beweisen. Diese Arbeit würdigt die FBW-Jury in ihrem Gutachten, welches auf der Homepage nachzulesen ist, und vergibt für diese Leistung das Prädikat "wertvoll".
Prädikatsfilme vom 25. Oktober bis 1. November 2012
Die Vermessung der Welt
Spielfilm, Komödie, Literaturverfilmung. Deutschland, Österreich 2012 . Filmstart: 25.10.2012
Alexander von Humboldt war einer der größten Naturwissenschaftler aller Zeiten und ein Pionier seiner Zeit. Die Sehnsucht, die Welt zu erforschen und in gewisser Weise auch zu vermessen, ließ ihn weite Reisen in alle Himmelsrichtungen unternehmen. Und während er Anfang des 19. Jahrhunderts den Orinoco Fluss in Südamerika erkundete, machte sich in Braunschweig ein anderer Mann auf, die Welt auf andere Weise zu berechnen: Carl Friedrich Gauß, der Begründer der modernen Mathematik. Zwei große Geister, zwei Arten, die Welt zu erkunden. Der gleichnamige Roman von Daniel Kehlmann war einer der größten Erfolge der deutschen Gegenwartsliteratur und Detlev Buck ist eine kongeniale Verfilmung der fiktiven Doppelbiographie gelungen. Beide Figuren kommen zu ihrem Recht und werden durch Florian David Fitz als Gauß und Albrecht Schuch als Humboldt glaubhaft verkörpert. Immer wieder springen die Bilder zwischen dem heimeligen Braunschweig und den exotischen Schauplätzen in Südamerika hin und her, oftmals spielerisch und originell miteinander verwoben. Die Musik unterstreicht die Kraft der Bilder, die philosophischen Gedanken beider kluger Geister regen an und sind doch nicht ohne den typisch Buck'schen Witz und Charme. Ein visuell ausdrucksstarker, kluger und über die Maßen unterhaltsamer Film über neue Welten und alte Weisheiten.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/die_vermessung_der_welt
Lore
Spielfilm, Drama. Deutschland, Australien 2012. Filmstart: 01.11.2012
Deutschland im Mai 1945. Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, die Verfolgung der Nazi-Kriegsverbrecher beginnt. Auch der Vater der 15jährigen Lore wird verhaftet. Seine Frau folgt ihm bald, lässt Lore sowie ihre vier kleinen Geschwister zurück. Alleine müssen sich die Kinder auf den Weg durch das zerstörte und besetzte Deutschland schlagen, vom Schwarzwald bis nach Norddeutschland. Für Lore ist es das Ende ihrer unbeschwerten und privilegierten Kindheit. Und auch das Ende einer nationalsozialistischen Ideologie, mit der sie aufgewachsen ist und die sie nur schwer aufgeben kann, selbst als sie dem Juden Thomas begegnet, der ihr und den Geschwistern helfen will. Das fesselnde Drama der australischen Regisseurin Cate Shortland erzählt dieses deutsche Nachkriegsschicksal komplett aus Sicht der Kinder. Dadurch wirkt das Grauen härter und die Folgen des Krieges mit all seinen Entbehrungen noch schonungsloser. Dennoch erlaubt Shortland Bilder und Momente voller sinnlicher Schönheit, voller Farbenpracht und hellem Licht. Saskia Rosendahl in der Hauptrolle als Lore ist eine echte Entdeckung. In ihrer Darstellung gelingt der schmale Grat zwischen anerzogener Disziplin und einer verletzten kindlichen Seele. Doch auch die anderen Schauspieler, allen voran die Kinder, leisten Hervorragendes. Am Ende muss Lore erkennen, dass die Welt, an die sie bisher glaubte, zerbrochen ist. Doch das Leben geht weiter. Ein eindringlich erzählter und wichtiger Film, der von den unschuldigsten Opfern des Krieges erzählt: den Kindern.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/lore
Der deutsche Freund
Spielfilm, Drama. Deutschland, Argentinien 2011. Filmstart: 27.09.2012
Sulamit Loewenstein ist 13 Jahre alt und die Tochter eines deutsch-jüdischen Unternehmers, der 1936 nach Argentinien geflohen ist. Dort hat die Familie ein zweites Zuhause gefunden. Ausgerechnet mit Friedrich, dem Sohn geflohener Nazis, freundet sich Sulamit an. Für sie ist die Vergangenheit nicht wichtig, doch Friedrich leidet darunter, nicht zu wissen, was sein Vater getan hat. Voller Unruhe sucht er nach seiner Identität und seinem Platz in der Welt. Und Sulamit muss sich entscheiden, ob sie ihm folgen will oder ihren eigenen Weg geht. Eine Jahrzehnte überspannende Liebesgeschichte zieht sich als emotionaler Faden durch den Film. Doch für beide Figuren, die von Max Riemelt und Celeste Cid beeindruckend verkörpert werden, geht es um mehr als nur die Liebe. Regisseurin Jeanine Meerapfel inszeniert mit sicherem Gespür Sulamit und Friedrich als ewig Suchende nach ihrer Rolle im Leben. Dazu kommt ein interessanter und sehr persönlicher Einblick in die deutsche und die argentinische Geschichte, eine Zeit des Umbruchs, die dank sorgfältiger Recherche authentisch dargestellt wird. Sensibel und zurückhaltend unterstützt die Filmmusik die starken Einstellungen. Das Schicksal von Sulamit und Friedrich - die berührende Geschichte einer großen Liebe.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/der_deutsche_freund
Alles wird gut
Dokumentarfilm. Deutschland 2011. Filmstart: 01.11.2012 Prädikat wertvoll
Niko von Glasow ist ein Theater- und Filmregisseur, der sich von seiner eigenen körperlichen Behinderung als Contergangeschädigter nie in seiner Kreativität hat einschränken lassen. Sein neuestes Projekt, welches der Film begleitet, soll denen Mut machen, die sein Schicksal teilen. Für das Theaterstück castet er 14 Schauspieler, teils körperlich behindert, teils nicht behindert, und bringt sie zusammen auf die Bühne. Schnell zeigt sich, dass sich auch Nicht-Behinderte mit Handicaps konfrontiert sehen. Es ist ein ganz besonderes Projekt, dem sich von Glasow mit ALLES WIRD GUT widmet. Der Film begleitet die Proben des Stücks, gibt allen Protagonisten den nötigen Raum, dem Zuschauer nahe zu kommen und die eigenen kleinen und großen Konflikte zu verarbeiten. Von Glasow blickt dabei auch kritisch auf sich selbst, ist Teil des Projekts, aber auch respektvoller und sensibler Betrachter seiner Truppe. Am Ende des Films wird das Stück aufgefürt. An diesem Punkt ist der Zuschauer bereits ein Fan geworden. Von talentierten und kreativen Menschen, die den Mut haben, ihren großen Traum auf der Bühne auszuleben. Und sich von nichts aufhalten lassen. Berührend und inspirierend zugleich.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/alles_wird_gut_1
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