Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Kinostart mit Prädikat für BROOKLYN und VALLEY OF LOVE/Weitere Kinostarts mit Prädikat: DIE WAHLKÄMPFERIN mit Sandra Bullock und der Dokumentarfilm HELLO I AM DAVID!
Wiesbaden (ots)
Dank der Vermittlung eines Pfarrers kann die junge Ellis Lacey einen Job und eine Unterkunft in Brooklyn, New York ergattern. Weil sich solch eine Chance nur einmal im Leben eines armen irischen Mädchens vom Lande bietet, greift sie zu und lässt schweren Herzens ihre Mutter und ihre Schwester zurück. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelingt es Ellis, sich in Amerika ein eigenes Leben aufzubauen, zusammen mit ihrem italienischen Freund Tony. Doch dann ruft eine schreckliche Nachricht sie nach Irland in die alte Heimat zurück. John Crowleys BROOKLYN - EINE LIEBE ZWISCHEN ZWEI WELTEN (Start: 21. Januar) erzählt die Geschichte von Ellis, die Saoirse Ronan zauberhaft und stark verkörpert, als Einzelschicksal, das stellvertretend für viele Geschichten junger Auswanderer im 19. und 20. Jahrhundert steht und auch heute noch seine Relevanz hat. Dies stellt auch die fünfköpfige Expertenrunde der FBW heraus, wenn sie schreibt: "Die glaubhaften Leiden der jungen Frau, die den Schmerz der Ausgewanderten über den Verlust der Heimat spürbar machen (gerade in Zeiten wie der gegenwärtigen eine wichtige Botschaft) sowie die gelungene Inszenierung machen BROOKLYN zu einem sehenswerten Film." Die Jury verlieh BROOKLYN das Prädikat "wertvoll".
Vor sechs Monaten hat sich Michael, der Sohn von Isabelle und Gérard, umgebracht. Doch auf einmal bringt die beiden, die sich schon lange getrennt hatten, ein Brief des Sohnes wieder zusammen, und zwar im Death-Valley-Nationalpark. In diesem Brief bittet Michael seine Eltern, innerhalb eines genannten Zeitraums zu bestimmten Uhrzeiten an diversen Treffpunkten im Death Valley zu erscheinen. Sein Versprechen: Auch er würde da sein. Dies ist die spannende und auch geheimnisvolle Ausgangssituation von VALLEY OF LOVE - TAL DER LIEBE (Start: 21. Januar), einem französischen Beziehungsdrama, das Regisseur Guillaume Nicloux vor ur-amerikanischer Kulisse spielen lässt. Die Jury war beeindruckt von diesem "Kammerspiel als Roadmovie" und schreibt in ihrer Begründung für das höchste Prädikat "besonders wertvoll": "Huppert und Depardieu inspirieren sich gegenseitig so, dass die Szenen im Film schauspielerisch zu ihren besten seit langer Zeit zählen. So ist VALLEY OF LOVE zugleich ein intimer und ein großer Film."
Eine gleichnamige Doku lieferte die Vorlage für DIE WAHLKÄMPFERIN (Start: 21. Januar), eine tragikomische Satire von David Gordon Green, in der Sandra Bullock eine mit allen Wassern gewaschene Wahlstrategin namens Jane Bodine spielt. Zu Hilfe gerufen wird sie von einem bolivianischen Präsidentschaftskandidaten, der nicht besonders hoch in der Wählergunst steht. Sein Gegner liegt in allen Umfragen weit vorn - und wird von einem Mann beraten, mit dem Jane noch eine große (auch persönliche) Rechnung offen hat. Gekonnt changiert der Film zwischen Politsatire und ernsten dramatischen Momenten, die den Zuschauer mehr als einmal über die Moral und den Wert von Politik und politischen Wahlversprechen nachdenken lassen. Die Jury der FBW zeichnete den von George Clooney produzierten Film mit dem Prädikat "wertvoll" aus.
Die Filmemacherin Cosima Lange porträtiert in ihrem Dokumentarfilm HELLO I AM DAVID! (Start: 21. Januar) den australischen Konzertpianisten David Helfgott, der schon 1996 den Film SHINE mit Geoffrey Rush in der Hauptrolle inspirierte. Helfgott, der mittlerweile über 65 Jahre alt ist, hat nichts von seiner großen Lebenslust und -freude verloren, mit der er sein Instrument spielt, auf Menschen zugeht und sich mit ihnen austauscht, auch wenn schwierige Jahre, die er in der Nervenheilanstalt verbringen musste, hinter ihm liegen. Für die Jury ist eine der Stärken des Films, wie nah Lange dem Porträtierten kommt und wie sehr so auch der Zuschauer die Wärme und Freude verspürt, die Helfgott ausstrahlt. Die Jury der FBW verlieh dem "respektvollen und intimen" Filmporträt einstimmig das Prädikat "wertvoll".
In der kommenden Woche starten: Die Kinder- und Jugendfilme SEBASTIAN UND DIE FEUERRETTER und WIE BRÜDER IM WIND sowie der Dokumentarfilm FAMILY BUSINESS. Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Prädikatsfilme vom 21. Januar 2016
Brooklyn - eine Liebe zwischen zwei Welten Drama, Spielfilm. Großbritannien, Irland, Kanada 2015.
Irland, die 1950er Jahre. Dem Land geht es schlecht, es gibt keine Arbeit, gerade für junge Leute nicht. Die junge Eilis entscheidet sich, dem Rat ihrer älteren Schwester zu folgen und nach Amerika auszuwandern. In Brooklyn, New York, will sie eine bessere Zukunft für sich schaffen, dort, wo schon viele Iren ihr Glück gesucht haben. Doch die schüchterne junge Frau fühlt sich zunächst sehr einsam in dem edlen Kaufhaus, in dem sie als Verkäuferin arbeitet. Und in dem mit strenger Hand geführten Frauenwohnheim, in dem sie lebt, scheint es nur so von Mädchen zu wimmeln, die einzig und allein von dem Wunsch angetrieben werden, sich so schnell wie möglich einen Mann zu angeln. Erst als Eilis sich in den Italiener Tony verliebt, beginnt sich Eilis ein neuer Lebenshorizont in New York zu öffnen. Als dann jedoch ein schwerer Schicksalsschlag Eilis zurück nach Irland bringt, steht sie vor einer schweren Entscheidung: Soll sie in Irland bleiben, wo ihre Wurzeln liegen und vielleicht auch eine neue Liebe? Oder soll sie nach New York zurückkehren, um mit Tony zusammen neue Wurzeln zu schlagen? John Crowleys BROOKLYN ist eine Liebesgeschichte, die mit großem Gefühl arbeitet. Doch trotz aller Romantik spart das Drehbuch von Nick Hornby auch die harten Realitäten des damaligen Alltags nicht aus. Die trostlose Lage Irlands zu dieser Zeit, die zu einer großen Emigrantenwelle führte, die Isolation der Neuankömmlinge im großen verheißungsvollen Amerika, und die innere Zerrissenheit der Menschen, die zwischen alter und neuer Heimat stehen. Nachwuchsstar Saoirse Ronan verkörpert all das auf berührende Art und Weise. Mit großen Augen schaut sie in die Welt, die sich ihr öffnet und nach und nach gelingt es ihr, dieser auch mit wachsendem Selbstbewusstsein zu begegnen und eine eigene Identität zu finden. Passend dazu die perfekt ausgewählten Kostüme, die nicht nur Teil einer geschickten Farbdramaturgie sind, sondern auch kongenial die Innenwelt der Figur widerspiegeln. Auch Setting, Maske und Ausstattung sind hier Teil der überzeugenden Gestaltung, ebenso wie eine Kamera, die sowohl die aufregende pulsierende New Yorker Szenerie als auch die ländliche Umgebung des irischen Dorfes einfängt. Neben Ronan begeistert auch der Rest des Casts, wie etwa Emory Cohen und Domnhall Gleeson als love interests oder Jim Broadbent und Julie Walters in kleinen aber feinen Nebenrollen. Am Ende liegt es an Eilis, ihren eigenen Weg zu gehen. Und der Film lädt den Zuschauer mit seinen großen Emotionen, seinen wunderschönen Aufnahmen und seinen gelungenen Dialogen ein, ihr dabei zu folgen. BROOKLYN ist berührendes Kino fürs Herz.
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Valley of Love - Tal der Liebe
Drama, Spielfilm. Frankreich 2015.
Michael hat sich umgebracht. Sechs Monate ist das nun her. Seine Eltern, Isabelle und Gérard, leben schon lange getrennt, beide haben einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. Doch nun, im November des Jahres 2014, bringt sie der Tod ihres Sohnes im Death-Valley-Nationalpark wieder zusammen. Sowohl Isabelle als auch Gérard haben nach seinem Tod einen Brief von Michael erhalten. Darin bittet er sie, innerhalb eines genannten Zeitraums zu bestimmten Uhrzeiten an diversen Treffpunkten im Death Valley zu erscheinen. Und dort würde er sie dann treffen. Isabelle und Gérard wissen beide zunächst nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Mit der Nachricht aus dem Jenseits. Mit der Distanz zwischen sich, die sich mit Small Talk nun mal nicht verringert. Mit ihren eigenen Ängsten und der Trauer, als Eltern versagt zu haben. Und doch wissen beide, dass sie sich der Situation stellen müssen. Das sind sie Michael schuldig. Und vor allem sich selbst. Ein französisches Beziehungsdrama vor ur-amerikanischer Kulisse. Das Kunststück, dies miteinander zu vereinen, gelingt Regisseur Guillaume Nicloux in VALLEY OF LOVE - TAL DER LIEBE auf mühelose und faszinierende Weise. In einer Kulisse, die von Kargheit und dem grellen Licht der prallen Sonne geprägt ist, treffen Figuren aufeinander, die Suchende und Verlorene gleichermaßen sind, und die im Death Valley wieder zum Leben zurückfinden müssen. Mit Isabelle Huppert und Gérard Depardieu treffen zwei Schauspielgrößen aufeinander, die sich in ihrem beeindruckenden Spiel nichts schenken. Mit Entfremdung, Wut und fast schon Hass treffen sie zunächst aufeinander, reiben sich auf, machen sich Vorwürfe und legen dem Zuschauer ihre Wunden offen, die unheilbar scheinen. Doch in kleinen Gesten, in klugen Dialogen und in stillen Momenten nähern sie sich langsam einander wieder an und finden in der Aufarbeitung der gemeinsamen Trauer wieder zueinander. Kunstvoll und ganz natürlich webt Nicloux die Mystery-Ebene des verstorbenen Sohnes und seiner Nachricht aus dem Jenseits in die Geschichte ein, ohne jedoch daraus das große Drama zu machen. Es geht ihm nicht darum, die Frage, ob Michael seinen Eltern wirklich erscheint, klar zu beantworten. Dieser Strang der Geschichte ist vielmehr Katalysator für die Beziehung von Isabelle und Gérard. Sowohl auf visueller als auch erzählerischer Ebene ist VALLEY OF LOVE - TAL DER LIEBE ein Genuss. Eine schauspielerisch beeindruckende Tour-de-Force.
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Hello I am David! Eine Reise mit David Helfgott Dokumentarfilm. Deutschland 2015.
Der australische Pianist David Helfgott ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Mit Mitte 60 ist er immer noch auf den internationalen Bühnen unterwegs, gefeiert von Fans und Kritikern. Dazu ist er agil und fidel wie ein kleines Kind - und auch genauso begeisterungsfähig. Menschen inspirieren ihn, erfreuen ihn und bringen ihn dazu, zu jauchzen und umherzuspringen. Mit kindlichem Elan geht er auf seine Fans zu, auf Kollegen, auf seine Liebsten, seine Freunde, seine Familie. Und immer muss ein Klavier in der Nähe sein. Ein Klavier und ein Teebeutel, den er als Vorrat in seine Hosentasche steckt. Die Filmemacherin Cosima Lange hat David Helfgott auf seiner Europatournee im Jahr 2012 begleitet. Schon von der ersten Minute an spürt man die große Vertrautheit zwischen Helfgott und Lange und wird als Zuschauer Teil dieser Beziehung. Man kann auch gar nicht anders als diesem Ausbund an Heiterkeit und purer Lebensfreude in seinen Gedanken zu folgen, so sprunghaft und wild sie auch manchmal sein mögen. Als regelndes Element, in jeder Hinsicht, fungiert dabei Davids Frau Gillian. Auf höchst unterhaltsame Weise bekommt der Zuschauer einen Eindruck von der Beziehung der beiden und von der nicht enden wollenden Anstrengung Gillians, in Davids Leben und Alltag ein wenig Ruhe und Struktur bringen zu wollen. Sehr berührend sind die Momente, in denen Gillian von David erzählt und sich beispielsweise an ihr Kennenlernen erinnert. Dann spürt man die tiefe Verbundenheit und Liebe der beiden und kann sich dieser Herzenswärme nicht entziehen. Lange verschweigt jedoch auch nicht die Schattenseiten, spricht mit Vertrauten und der Familie über Helfgotts psychische Erkrankung, die ihn viele Jahre in einer Nervenheilanstalt verbringen ließ. Es war diese Zeit, die den Film SHINE mit Geoffrey Rush 1996 inspirierte. Doch David Helfgotts Persönlichkeit ist größer als der Aspekt der Krankheit. Im Verlauf des Films lernt man viele seiner Facetten nach und nach kennen. Man empfindet Bewunderung für das Genie, für den Künstler. Ebenso kann man seine Stärke und die Stärke seiner Frau respektieren. Und man empfindet große Zuneigung für den Menschen David, den man einfach nur in den Arm nehmen möchte, um die Liebe zu spüren, mit der dieser faszinierende Mensch auf die Welt zugeht. Eine berührende und äußerst charmant aufbereitete filmische Reise mit einem musikalischen Wunderkind.
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