VDE Verb. der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
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VDE: Entscheidungsstau im Netz- und Kraftwerksbau
Studie unterstützt Handlungsbedarf für tragfähige Energiestrategie
Frankfurt/Main (ots)
Die Stromübertragungsnetze in zentraler Lage Europas und insbesondere in Deutschland sind stark ausgelastet. Die Lage wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Zu diesem Ergebnis kommt der VDE in seiner Studie "Elektrische Energieversorgung 2020 - Perspektiven und Handlungsbedarf". Gründe dafür sind die Liberalisierung des Strommarktes und die zunehmende Nutzung der Windenergie. Beides führt zu großen Stromtransporten über weite Entfernungen, für die die Übertragungsnetze ursprünglich nicht konzipiert waren. Wenn Energiemix und Netzstrukturen nicht bald auf die Herausforderungen der Zukunft eingestellt werden, könnte die heute hohe Zuverlässigkeit des Stromnetzes in den nächsten 20 Jahren erheblich sinken.
Die Kapazitätsreserven im Netz werden durch die derzeitige Entwicklung vollständig in Anspruch genommen. Technische Gegenmaßnahmen (wie Redispatching, d. h. Änderung des Kraftwerkseinsatzes auf Anforderung des Netzbetreibers) wirken nur begrenzt. Angesichts der langen Planungs- und Bauzeiten für neue Leitungen ist mit einer baldigen Entlastung nicht zu rechnen.
Hinzu kommt die absehbare Stilllegung vorhandener Kraftwerke - nicht allein von Kernkraftwerken. Aus Sicht der Netzbetreiber wäre der erforderliche Neubau wie bisher in der Nähe der Verbrauchsschwerpunkte zweckmäßig. Anderenfalls müssten weitere zusätzliche Übertragungsleitungen errichtet werden.
Unsicherheiten für die Stabilität des Stromtransports resultieren zudem aus der gesetzlichen Verpflichtung der Netzbetreiber, den Strom aus erneuerbaren Energien bevorzugt in ihre Netze aufzunehmen. Bereits heute treten insbesondere in Norddeutschland windstrombedingte Netzengpässe auf. Die Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE (ETG) rechnen damit, dass die stärkere Nutzung von Windenergie bis 2015 deutschlandweit den Bau von rd. 2.000 km neuer Hoch- und Höchstspannungsleitungen erforderlich machen wird. Der bis 2020 geplante Bau von Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee mit einer Gesamtleistung von ca. 20.000 MW ist darin nur zum Teil berücksichtigt.
Schwerpunktmäßig untersucht die VDE-Studie in drei Modellrechnungen, wie sich die unterschiedliche Nutzung von regenerativen Energien, fossilen Brennstoffen und Kernenergie auswirkt. Die Ergebnisse unterscheiden sich sehr deutlich sowohl beim Ausstoß des Treibhausgases CO2 als auch bei den notwendigen Investitionen. Das Szenario "Aktuelle Regierungspolitik" unterstellt - entsprechend der offiziellen Energiepolitik - eine intensive Förderung regenerativer Energien, insbesondere der Windkraft, und den vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2020. Die entstehende Energielücke wird in diesem Szenario durch Windenergie und Gasimporte geschlossen. Der CO2-Ausstoß wird den gemäß Kyoto-Vorgabe für 2012 geforderten Wert von 302 Mio. Tonnen erst im Jahr 2020 mit 292 Mio. Tonnen knapp unterschreiten. Mit 123 Mrd. Euro fallen die höchsten Investitionskosten an, vor allem auch als Folge des Windenergieausbaus und der dafür notwendigen Reservekapazitäten. Hinzu kommt eine zunehmende Importabhängigkeit.
Das zweite Szenario erreicht das Kyoto-Ziel kostengünstiger. Es geht davon aus, dass die jüngeren Kernkraftwerke länger betrieben werden und 2020 noch die Hälfte der heutigen Strommenge liefern. Auch in diesem Modell leisten die regenerativen Energien mit 15 Prozent einen relevanten Beitrag zur Stromerzeugung. Der Investitionsaufwand sinkt um knapp 40 Mrd. auf 85 Mrd. Euro.
Drastisch weniger Treibhausgas ist das Kennzeichen im dritten Szenario des VDE. Die erneuerbaren Energien werden einen Anteil von 26 Prozent an der Stromversorgung erreichen, die Nutzung der Kernenergie bleibt auf heutigem Niveau. Der Ausstoß von CO2 sinkt in dieser Rechnung von 314 Mio. Tonnen im Jahr 2003 um 39 Prozent auf 192 Mio. Tonnen 2020. Die Reduzierung des Treibhausgases um 122 Mio. Tonnen ist mehr als fünfmal so hoch wie bei dem Szenario 1. Braunkohle würde - anders als Steinkohle - weiter verstromt. Die Investitionskosten lägen bei knapp 100 Mrd. Euro und damit zwischen erstem und zweitem Szenario. Die Importabhängigkeit wäre gering.
Die VDE-Studie "Elektrische Energieversorgung 2020" können Sie für 150 Euro inkl. MwSt. (VDE-Mitglieder kostenlos) unter www.vde.com/reports herunterladen.
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