Chefvolkswirt der Weltbank: China überholt USA in 15 Jahren
Hamburg (ots)
China wird nach Einschätzung des neuen Chefvolkswirts der Weltbank, Justin Yifu Lin, den USA den Rang als größte Volkswirtschaft ablaufen. "In 20 bis 30 Jahren" werde es soweit sein, sagt Lin im Gespräch mit der ZEIT. "Berücksichtigt man die unterschiedliche Kaufkraft der Währungen, sogar in 15 bis 20 Jahren."
Lin ist der erste Chinese, der bei der Weltbank den Posten des Chefvolkswirts übernimmt. Er tritt sein Amt im Mai an. In der ZEIT zeigt er sich zuversichtlich, dass China einen wirtschaftlichen Abschwung in den USA verkraften kann. "Eine tiefe und schwere Rezession würde China treffen, aber ich glaube nicht, dass es dazu kommt. Die Politik hat heute Instrumente, um das zu verhindern. Zudem ist unser Export vom Auf- und Ab der Konjunktur nicht so stark abhängig wie die Ausfuhren anderer Länder. Textilien werden anders als etwa Autos auch in schlechten Zeiten nachgefragt", sagt er.
Der Ökonom sagt, im Zuge seiner wirtschaftlichen Entwicklung werde China auch demokratischer werden. "Ich bin sicher, dass wir eine Demokratie haben werden, aber es wird eine mit besonderen chinesischen Merkmalen sein." Er zeigte sich skeptisch gegenüber der Vorstellung, Entwicklungshilfe etwa in Afrika an die Erfüllung strenger rechtlicher, sozialer oder ökologischer Bedingungen zu knüpfen. Vielmehr sei Wachstum der beste Beitrag zur Demokratisierung. "Wenn Länder reicher werden, werden sie auch liberaler. Wenn wir mit unseren Projekten dazu beitragen, dass die Wirtschaft wächst, dann versetzen wir die Regierungen in die Lage, das Richtige für ihre Menschen und Nationen zu tun."
Vorwürfe, asiatische Staatsfonds nutzten ihre enormen Geldsummen, um durch Zukäufe im Westen strategische oder geopolitische Ziele zu verfolgen, weist Lin zurück. "Der chinesische Staatsfonds wurde eingerichtet, weil wir deutlich mehr Reserven haben, als wir zur Stabilisierung brauchen. Mein Eindruck ist, dass es den meisten Fonds schlicht darum geht, hohe Renditen zu erwirtschaften. Sie handeln daher wie Unternehmen".
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Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 10 vom 28. Februar 2008
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