Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), im ZEIT-Interview zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten
Hamburg (ots)
"Ächtung der Betroffenen in der scientific community, das ist das Schlimmste, was einem Wissenschaftler passieren kann."
Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinsschaft, äussert sich in der ZEIT zum Fall des Krebsforschers Friedhelm Herrmann, der nach einem kürzlich vorgestellten Bericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fast hundert Arbeiten gefälscht haben soll. "Das Verfahren der DFG läuft noch, wir holen derzeit weitere Gutachten ein." Und: "Die Anhörung der Betroffenen wird noch im August sein, und ich hoffe, dass der Fall bis zum Herbst abgeschlossen ist." Auf die Frage, ob die anderen Ko-Autoren eine Mitverantwortung tragen, erwidert Winnacker: "In den Empfehlungen der DFG heißt es, dass alle Autoren einer Publikation auch dafür verantwortlich sind." Die bisher von den Universitäten noch nicht umgesetzten Empfehlungen sollten auf der nächsten Mitgliederversammlung der DFG für Ende 2002 für verbindlich erklärt werden.
Ernst-Ludwig Winnacker, Mitbegründer und Aufsichtsratsvorsitzender der Firma MediGene, die vergangene Woche an die Börse ging, weist einen Interessenkonflikt weit von sich: "Nein, Interessenkonflikte müsste es dort geben, wo das Unternehmen MediGene mit der DFG irgendwie in Geschäfte eintritt. Aber erstens ist das nie passiert, und zweitens wüsste ich auch nicht, wo das passieren sollte." Und: "Die DFG ist in kein Forschungsvorhaben involviert, an dem MediGene-Forscher beteiligt sind, und das würde ich auch nie zulassen." Winnacker betonte, nicht selbst unternehmerisch tätig zu sein. "Ich sitze im Aufsichtsrat, aber ich bin kein Geschäftsführer. Das hielte ich absolut für unvereinbar."
Auf die Frage, ob wir uns in Deutschland vor amerikanischen Verhältnissen hüten sollten, entgegnet Winnacker: "Wir sollten Beschränkungen einführen und, wo nötig beispielsweise dafür sorgen, dass Professoren nicht direkt Unternehmer sind." Dennoch, so Winnacker weiter, sollte es für junge Forscher, die es ohnehin schwierig genug hätten, nicht zu viele Auflagen geben. "Das zarte Pflänzchen der Gen- und Biotechnik ist noch arg dünn, wir müssen aufpassen, dass wir es nicht zu früh mit allzu großer Regelungswut ersticken."
Diese Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 28/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 6. Juli 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Interviews kann angefordert werden.
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