Verlegerin Kunstmann: "Ich träume heute manchmal noch vom Matheabitur"
Hamburg (ots)
In der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT schildert die Verlegerin Antje Kunstmann in der Rubrik "Meine Lehrjahre" des Ressorts Chancen ihre Affinität zur Sprache. Seit der Großvater ihr das Lesen beigebracht habe, sei ihre Beziehung zu den Worten eine "sehr sinnliche".
Da in der Familie immer viel gelesen wurde, wären schlechte Noten in Deutsch auf schieres Unverständnis gestoßen. In den Fächern Chemie oder Mathe wurden geringere Leistungen erwartet. Trotzdem bereiteten sie Kunstmann keinerlei Probleme, solange sie noch ein von Nonnen geleitetes Mädchengymnasium besuchte. Mit dem Wechsel auf ein staatliches, gemischtes Gymnasium war es damit vorbei: "Ich träume manchmal noch, dass ich kurz vorm Matheabitur stehe und von Logarithmen und dergleichen keinen Plan habe - was der Realität entspricht. Schweißgebadet wache ich dann auf und denke: 'Jesus, Du hast es doch längst geschafft'".
Nach dem Abitur 1968 ging es "raus aus der spießigen Kleinstadt". Kunstmann studierte in Frankfurt und München Pädagogik, "was ja nahe liegt, wenn Mutter und Großvater Lehrer sind". Die ersten beiden Semester habe sie - es war die Zeit der Studentenbewegung - aber im Wesentlichen damit zugebracht "Politik" zu machen: "mit Streiks, Vorlesungen sprengen, mit endlosen Diskussionen und Arbeitsgruppen, in denen die Texte der Frankfurter Schule durchgearbeitet wurden und natürlich das Kapital".
1971 machte sie die Lehramtsprüfung, wusste aber schon, dass die Schule keine Perspektive für sie war. Schon während des Studiums hatte sie in einem pädagogischen Verlag, dem Raith-Verlag, gejobbt. Im Alter von 22 Jahren begann sie im Verlag die Reihe "Materialien zur Frauenemanzipation" herauszugeben. "So bin ich in den Beruf hineingerutscht. Learning by Doing. Vom Päckchenpacken bis zur Kalkulation."
Nach dem Konkurs des Raith-Verlages, gründete sie 1976 mit Peter Weismann einen neuen Verlag. "Ich fühlte mich den Autoren meiner Reihe bei Raith verbunden, wollte, dass ihre Bücher weiter verlegt werden". Heute leitet sie den Verlag alleine und muss neben den Inhalten auch die Ökonomie im Blick haben. "Vieles ist aber einfach nicht berechenbar. Ob ein gutes Buch auch ein Erfolg wird, ist immer auch Glücksache."
Diese Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 34/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 17. August 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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