Gen-Wissenschaftler Mark Hughes im ZEIT-Interview: "PID ist ethisch unbedenklicher als eine Fruchtwasseruntersuchung"
Hamburg (ots)
Mark Hughes, einer der Entwickler der PID (Präimplantationsdiagnostik), erklärt genetische Tests an Embryonen für ethisch unbedenklich und medizinisch zwingend erforderlich. Im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT sagt Hughes: "Die Genuntersuchung ist keine Magie, jedenfalls nicht mehr als ein Ultraschallbild. Wenn die Gesellschaft sagt, dass die Entscheidung über eine Schwangerschaft aufgrund einer ärztlichen Diagnose erlaubt ist, dann heißt das für mich: Tu es so früh und so präzise wie möglich. Also behaupte ich, PID ist ethisch unbedenklicher als eine Fruchtwasseruntersuchung."
Der häufigste Grund, warum Eltern eine Retortenzeugung auf sich nähmen und den Embryo dann auch noch genetisch testen ließen, sei eine monogene Erbkrankheit in der Familie - Mukoviszidose, Lesch-Nyhan-Syndrom oder Immunmangel.
Oft wird von Eltern mit Kindern, die an einer Immunschwäche leiden, die Bitte an Hughes herangetragen, ein Embryo auszuwählen, der nach seiner Geburt als Knochenmarkspender für das kranke Kind dienen kann. "Inzwischen haben wir für solche Fälle sehr strenge Regeln eingeführt: Wir transferieren einen Embryo, und bevorzugt einen mit passendem Knochenmark. Aber die Eltern verpflichten sich, einen gesunden Embryo auch dann transferieren zu lassen, wenn kein geeigneter Spender unter den gezeugten Embryonen ist."
Darauf angesprochen, ob er auch Persönlichkeitsmerkmale testen würde, sagt Hughes: "Da muss man fragen: Ist das pathologisch, liegt eine Krankheit vor? Bei der Geschlechtswahl ist die Sache eindeutig: Das Geschlecht ist keine Krankheit, die Augenfarbe auch nicht. Solche Tests werde ich niemals durchführen."
Hughes betont, dass Intelligenz durch sehr viele Gene beeinflusst wird. Die Angst von Gen-Kritikern, dass demnächst intelligente Kinder selektiert werden, hält er für absurd: "Also meinetwegen können die Untergangspropheten sich in ihrer Hysterie allesamt an die Hand nehmen und gemeinsam von der Brücke springen. Die Realität ist: Die Wissenschaft ist nicht so weit, wie sie glauben, und wird vermutlich auch nie so weit kommen."
Hughes größte Hoffnung ist jedoch, dass auch die PID bald überflüssig ist: "Durch Gentherapien, die die eigentliche Ursache der Krankheiten beseitigen. Das ist das unser eigentliches Ziel."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 39/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 21. September 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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