Staatsminister Michael Naumann in der ZEIT: Kulturhoheit der Länder ist Verfassungsfolklore
Es darf und muss eine Bundeskulturpolitik geben
Hamburg (ots)
Michael Naumann, Staatsminister für Kultur und Medien, plädiert in einem Beitrag der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT für die neue, demokratische, transparente Bundeskulturpolitik und erläutert ihre rechtlichen Grundlagen: "Die grundgesetzliche Legitimation einer Bundeskulturpolitik wurde anfänglich unter Hinweis auf die 'Kulturhoheit der Länder' infrage gestellt. Doch der barocke Begriff der 'Kulturhoheit' taucht im Grundgesetz nicht auf. Er gehört zur Verfassungsfolklore."
Die jüngste Föderalismusdebatte verdanke ihre schärferen Töne einem "föderalistischen Angstreflex". Die Praxis des Föderalismus sei neben ihrer legitimen Funktion als Interessenvertretung der Länder "außerdem und immer noch Ausdruck der Angst der Deutschen vor sich selbst." Angesichts der Anforderungen einer europäischen Kulturpolitik bleibe der Bundespolitik keine Wahl: "Weil der europäische Einigungsprozeß zahllose praktische, auch legislative Folgen in fast allen gesetzlich geregelten Bereichen der Kultur hat, deren Bewältigung mit landeshoheitlichen Mitteln allein unmöglich ist, wachsen dem Bund neue kulturpolitische Aufgaben im europäischen Rahmen zu."
"Unsere Liberalität im Medienbereich lässt sich in Brüssel nicht durch einzelne Ländervertretungen vor den legislativen Anpassungszwängen Europas retten. Ihnen fehlt im Brüsseler Konzert der dissonanten Staatsinteressen der mächtige Finanzierungshebel."
Michael Naumann weiter: "Der sorgsame politische Umgang mit unserer eigenen Kultur - auch ihren Krisen und blutigen Irrtümern -, wird uns von einem vereinten Europa nicht abgenommen werden können. Er bleibt Aufgabe des Bundes und der Länder... Eine europäische Einheitskultur darf es nicht geben."
PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 45/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 02. November 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei.
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