Tom Wolfe träumt im LEBEN der ZEIT von der restlosen Enträtselung des menschlichen Gehirns
Hamburg (ots)
Der amerikanische Schriftsteller und Reporter Tom Wolfe träumt in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT davon, über die große Comedie humaine zu schreiben. "Ich träume sehr viel. Mein größter Traum ist, dass ich noch schreiben kann, wenn die Neurowissenschaftler in der Lage sind, das Nervensystem und die Funktionsweise des Gehirns vollständig zu analysieren, quasi kartografisch zu vermessen. Ich beschäftige mich intensiv mit diesem aufregenden Thema und lese die neuesten Theorien."
Tom Wolfe: "Es gibt da einen neuen Darwin, einen Amerikaner namens Edward Osborne Wilson. Er ist Zoologe und der größte Theoretiker in der Neurowissenschaft." Dieser stellte seine gesamte Theorie 1975 vor und fasste sie in einem einzigen Satz zusammen: Das menschliche Gehirn wird nicht als Blankobogen geboren, der mit Erfahrungen voll geschrieben wird, sondern als ein Negativ. Wie bei einem Fotoapparat wartet dieses Negativ nur darauf, in Entwicklerflüssigkeit getaucht zu werden. Wolfe sprach mit vielen jüngeren Neurowissenschaftlern, die überzeugt davon sind, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft voraussagen können, was ein Mensch tun wird, und zwar nicht nur allgemein, sondern ganz präzise.
Auf die Frage, wie weit man denn die Reaktion eines Menschen vorhersagen könne, sagten ihm Forscher, einen Monat, wahrscheinlich sogar ein ganzes Jahr. "Nach dieser Theorie besitzt der Mensch keinen Verstand, keine Seele, kein Ich ...Wir sind nichts weiter als ein Apparat." Das verleitet zur Annahme, "dass alle Reaktionen vorhersehbar sind, einschließlich solcher, die wir als kulturell oder intellektuell bezeichnen würden. Und mein Traum ist, dass ich noch lange genug lebe, um darüber schreiben zu können, wenn die Zeit reif ist für diese menschliche Komödie."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 50/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 7. Dezember 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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