Ex-Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof prangert in der ZEIT "rechtsstaatlichen Skandal" der Familienpolitik an: Demokratischer Rechtsstaat "in seiner Existenz gefährdet"
Hamburg (ots)
Der Heidelberger Rechtsprofessor Paul Kirchhof, als Verfassungsrichter (1987-2000) in den vergangenen Jahren an den wichtigen familienpolitischen Entscheidungen des BVG federführend beteiligt, hat sich in die aktuelle Debatte um die Familienpolitik eingeschaltet. "Unsere Zukunft liegt in der Hand der Familien", erklärt Kirchhof in seinem Aufsatz "Wer Kinder hat, ist angeschmiert" in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. Der Text enthält folgende Kernaussagen:
- Der Staat baue "auf die Bereitschaft der Menschen, Ehen zu gründen, sich Kinder zu wünschen und diese in der Geborgenheit familiären Zuwendung zu erziehen. Diese Verfassungsvoraussetzung ist jedoch gegenwärtig in Deutschland nicht mehr selbstverständlich, der demokratische Rechtsstaat deshalb in seiner Existenz gefährdet."
- "Der Wille der Menschen zur Lebensgemeinschaft der Familie soll nach dem Schutzauftrag des Grundgesetzes gefestigt, gefördert und gegen Eingriffe abgeschirmt werden. Dieser Auftrag ist gegenwärtig teilweise unerfüllt und wird verletzt."
- "Das Grundgesetz bietet den jungen Menschen gleichzeitig Freiheit zur Familie (Art. 6 GG) und Freiheit zum Beruf (Art. 12 GG) an. Faktisch aber werden die jungen Menschen - besonders die Frauen - oft vor die schroffe Wahl gestellt, sich entweder für die Berufstätigkeit oder das Kind zu entscheiden."
- Die "sozialstaatliche Errungenschaft der öffentlichen Sozialversicherung, die auch den Kinderlosen wirtschaftliche Sicherheit im Krisenfalle" biete, werde zu einem "rechtsstaatlichen Skandal": "Die alleinigen Träger dieses Generationenvertrages, die Eltern und in erster Linie die Mütter, sind in diesem ,Vertrag' nicht oder kaum aus eigenem Recht beteiligt. Hier erfordert der Verfassungsauftrag des Familienschutzes und der Gleichberechtigung von Mann und Frau strukturelle Veränderungen."
- "Der Staat organisiert die sozialstaatliche Errungenschaft einer Sicherung in Alter und Krise für alle - auch die kinderlosen - Erwerbstätigen. Aber er zwingt die Kinder, ihre eigenen Eltern leer ausgehen zu lassen." Und: "Ein deutlich erhöhtes Kindergeld oder ein Erziehungsgehalt könnte Eltern und Familien arbeitsteilige Erwerbs- und Familientätigkeit ermöglichen."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 03/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 11. Januar 2001 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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