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DIE ZEIT

Hans Bertram fordert in der ZEIT eine Öffnung der Arbeitswelt für die Bedürfnisse der Kinder

Hamburg (ots)

Hans Bertram, Professor für Mikrosoziologie und
Familienforscher an der Humboldt-Universität in Berlin, widerspricht
in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT der These Richard
Sennetts, daß "soziale Kostbarkeiten" wie Vertrauen, Bindungen,
Loyalität durch den Kapitalismus ausgehöhlt werden. Bertram: "Die
heutige Krisenangst nährt sich aus dem Untergang einer alten Ordnung,
die nur für eine sehr kurze Zeit bestand. Aber eine postindustrielle
Gesellschaft kann doch eine neue Ordnung entstehen lassen. Wir kennen
sie nur noch nicht."
Die heute in der Arbeitswelt geforderte Flexibilität weist für
Bertram keinen Zusammenhang auf mit dem Verlust sozialer Bindungen -
im Gegenteil: "Eine berühmte Arbeitslosenstudie von Paul Lazarsfeld
und Marie Jahoda aus den dreißiger Jahren weist ja darauf hin, dass
familiäre Netzwerke dann besonders stark sind, wenn die Arbeitswelt
zusammenbricht. In Unsicherheit zu leben bedeutet nicht, deswegen
Bindungen aufzugeben." Seiner Meinung nach müsste der "Tagesablauf
von Eltern und Kindern unter der Woche" neu organisiert werden. Hans
Bertram: "Wir müssen die rigorose Trennung zwischen Arbeitswelt und
Familie auflockern, um das Gemeinsamkeitsbedürfnis zu befriedigen ...
Ein Zurück in die alte Arbeitsteiligkeit gibt es aus zwei Gründen
nicht: Erstens ist die Nachfrage nach Arbeit so hoch, dass man die
jungen, gut qualifizierten Frauen braucht. Zweitens reicht heute ein
Einkommen oft nicht aus, um eine Familie zu ernähren."
Bertram weiter: "Wir brauchen einen neuen androgynen
Geschlechterdiskurs ... Entscheidend ist, die Sondersituation der
Frauen abzuschaffen, die heute allein durch die Kinderbetreuung
benachteiligt sind ... Solange wir Fürsorge als weiblich und
freiwillig definieren, stecken wir in einer Falle."
Die "spontanen Bedürfnisse" der Kinder sollten in der aktuellen
Debatte mehr berücksichtigt werden: "Kinder halten sich nicht an
starre Betriebszeiten - die Arbeitswelt darf nicht gegen die
Interessen der Kinder organisiert werden."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 9/2001 mit
   Erstverkaufstag am Donnerstag, 22. Februar 2001, ist unter
   Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der
   Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
Für Rückfragen steht Ihnen Elke Bunse, ZEIT-Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit (Tel. 040/ 3280-217, Fax -558, e-mail: 
bunse@zeit.de) gern zur Verfügung.

Original-Content von: DIE ZEIT, übermittelt durch news aktuell

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