Exklusiv in der ZEIT: Der Schriftsteller Peter Schneider in der Debatte um den Einfluss der Stasi auf die Anti-Springer-Kampagne des Jahres 1968 Stellung
Hamburg (ots)
Im Zusammenhang mit der Debatte um den Einfluss der Stasi auf die Anti-Springer- Kampagne des Jahres 1968, die der Historiker Hubertus Knabe begonnen hat, hat nun der Schriftsteller Peter Schneider, damals einer der Hauptakteure, erstmals und exklusiv in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT Stellung bezogen.
So stimme Knabes Feststellung, er, Schneider, habe sich mit einem Abgesandten des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) getroffen, der ihm brisantes Material über Springer versprochen hatte. Aber: "Schade ist, dass Knabe die Kittelmann-Geschichte nicht zu Ende erzählt - wahrscheinlich passt sie nicht zu seinen Schlussfolgerungen. Ich traf den Kundschafter von Erich Mielke und Markus Wolf mehrmals, mal im Pressecafé in Ost-Berlin, mal in meiner Wohnung in der Marburger Straße. Dort zog Kittelmann, sobald er die Wohnung betreten hatte, zunächst alle Vorhänge vor meinen Fenstern zu. Er war überzeugt, dass in der Wohnung gegenüber der Verfassungsschutz seine Kameras und Mikrofone aufgestellt hatte.
Das angekündigte Dossier jedoch ließ auf sich warten. Ungefähr eine Woche vor dem "Springer-Hearing" erschien Kittelmann mit einem Metallköfferchen, aus dem er ein Manuskript von circa 30 Seiten hervorholte. Wir lasen es einmal, zweimal und trauten unseren Augen nicht. Das Dossier zeichnete akribisch den Tageslauf eines lebensfrohen Verlegers nach, vermerkte penibel, wann und mit welcher Dame er sein Haus verlassen und wann und mit wem er es wieder betreten hatte. Mal tauchte der Name von Franz Josef Strauß oder irgendeines anderen umstrittenen Politikers auf, mal der irgendeines Sternchens aus dem damaligen Jetset. Wenn überhaupt jemanden, konnte dieses Ergebnis monatelanger Nachforschungen nur eine einzige Person interessieren - Axel Springers Ehefrau. Nachdem wir es gelesen hatten, warfen wir das Dossier in die nächste Mülltonne; wir haben nicht eine Zeile davon verwendet."
Schneider folgert: "Knabe reproduziert die abgestandenen Argumente des Kalten Krieges, wenn er die Stasi, die sich natürlich an die Anti-Springer-Kampagne anhängte, postum zu deren Lenker ernennt. Es ist, als wollte man den Rias für den Volksaufstand des 17. Juni in der DDR verantwortlich machen. Die versprengten MfS-Veteranen werden sich freuen. Offenbar bedurfte es westdeutschen Forscherfleißes, um ihnen endlich jene Bedeutung zuzuerkennen, von der sie immer träumten."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 15/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 05. April 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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