ZEIT: Jürgen Habermas im Gespräch mit systemkritischen Künstlern und Intellektuellen in Peking: "China wird wieder Weltbedeutung erlangen"
Hamburg (ots)
Der Philosoph Jürgen Habermas hat auf seiner Asien-Reise in Peking ein mehrstündiges Gespräch mit systemkritischen Künstlern und Intellektuellen geführt. Teilnehmer des Gesprächs war u.a. Chinas populärster Filmschauspieler Jiang Wen ("Das rote Kornfeld"), der erfolgreichste Rockmusiker und Poet der Studentenrevolte, Cui Jian, der Schriftsteller Xu Xing und Shang Dewen, Professor für Marxismus und Geschichte der Peking-Universität. Themen des Gesprächs: Chinas schwieriger Weg in die westliche Moderne sowie Fragen der Menschenrechte. Die Wochenzeitung DIE ZEIT veröffentlicht in ihrer jüngsten Ausgabe zentrale Passagen aus dem Gespräch.
Der Filmschauspieler Jiang Weng ist der Auffassung, daß alle Chinesen von dem Wunsch geeint würden, ihr Land zu verändern. "Wir leben in einer Gesellschaft ohne Nostalgie, die ohne Rückschau auf Entwicklung setzt." Dagegen beklagte der Schriftsteller Xu Xing die nivellierenden Folgen der Globalisierung: "Nach meinem Gefühl werden sich die Länder durch die Globalisierung immer ähnlicher. Selbst Peking verliert seinen einzigartigen Charakter." Besonders die Künstler, so Cui Jian, "stehen unter einem hohen Druck."
Jürgen Habermas ist davon überzeugt, daß China "wieder Weltgeltung" erlangen wird. "Jetzt bricht über Asien die gesellschaftliche Modernisierung ein: Markt, Mobilität, Kleinfamilie - das alles ist ein Paket. Die intellektuellen Folgen, die Verbreitung eines reflexiven Bewusstseins kommen etwas später. In dieser Hinsicht darf man für China vielleicht doch optimistisch sein."
Entscheidend für die künftige Weltordnung sei allerdings die Frage, "ob wir in einer monozentristischen Welt unter der Führungsmacht Amerika leben werden oder in einer pluralistischen Welt ... Aus meiner europäischen Sicht wird es die optimistische Variante, also eine pluralistische und zugleich friedliche Weltkonstellation, nur geben, wenn sich Europa politisch wirklich einigt und eine eigene Stimme auch gegenüber den USA gewinnt ... Was Bush angeht, ist meine einzige Hoffnung, dass das amerikanische Volk intelligenter ist als sein Präsident."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 20/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 10. Mai 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Interviews kann angefordert werden.
Für Rückfragen steht Ihnen Elke Bunse, ZEIT-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Tel. 040/ 3280-217, Fax -558, e-mail: bunse@zeit.de) gern zur Verfügung.
Original-Content von: DIE ZEIT, übermittelt durch news aktuell