Opernmäzen Alberto Vilar in ZEIT_online: Kulturfinanzierung wird immer stärker von Sponsoren und Mäzenen abhängen
Hamburg (ots)
In einem Gespräch mit ZEIT_online sagt der amerikanische Opernmäzen Alberto Vilar, der in Baden-Baden soeben den Europäischen Kulturpreis erhielt, dass die Kulturfinanzierung auch in Deutschland in Zukunft immer stärker von Sponsoren und Mäzenen abhängen wird. Schuld daran sei die Gesetzgebung der Europäischen Union. "Wegen der europäischen Gesetzgebung müsst Ihr Eure Defizite streng kontrollieren", sagt Vilar, und das bedeutet: weniger Geld für die Kultur. Nun gibt es drei Möglichkeiten: Man kann die Zahl der Aufführungen reduzieren. Aber das will niemand. Man kann an der Qualität sparen - Sie und ich, wir singen. Aber das wäre furchtbar, oder nicht? Oder man kann privates Geld auftreiben. Sie können mir glauben: Ihr beginnt jetzt mit ganz wenig. Das wird weitergehen, wenn es auch lange dauert, eine Generation. Man wacht nicht einfach auf und gibt was."
Vilar hat in den vergangenen Jahren mehr als hundert Millionen Dollar für Opernhäuser, Konzerte und die Ausbildung junger Musiker zwischen San Francisco und St. Petersburg gespendet. "Ich bin da ein Katalysator, ein Beispiel, ein Vorbild." Deshalb sei es "absolut notwendig", dass als Gegenleistung sein Porträt auf einer ganzen Seite in den Programmheften erscheine: "Die Leute sollen wissen, dass irgendjemand da war, der die Tickets bezahlbar macht. Zweitens: Es ist eine schöne Art, Danke zu sagen. Wissen Sie, wie viele Leute, die etwas geben könnten, nichts geben? Sie kaufen einen Porsche oder ein Fussballteam. Ich gebe mein Geld weg. Und ich hatte mal keins. Mein Bild soll ein Beispiel sein. Vielleicht ist ja heute abend jemand hier, eine Frau, die zu ihrem Mann sagt: Hey, Mister Vilar gibt was, warum gibst du nichts?"
Der 60-jährige Vilar, dessen Familie aus Kuba stammt, machte sein Geld mit seiner Investment-Firma Amerindo, die sehr früh in Technologieaktien investierte. Den Vorwurf, er mische sich auch in künstlerische Belange ein, weist er vehement von sich. "Das ist nie, nie, nie passiert. Aber, hey, wollen Sie, dass ich jemandem Geld gebe, den ich hasse? Ist das nicht dämlich? Sie wollen doch auch nicht eine Frau heiraten, die Sie hassen. Und würde ich sagen, Sie sind arrogant, weil Sie eine Frau heiraten, die Sie lieben? Ich muss die Leute mögen. Und sie müssen mich mögen. So sind wir Menschen nun mal."
Vilar, der von sich selbst sagt: "Es gibt niemanden wie mich, okay?", unterstützt im nächsten Jahr auch die Bayreuther Festspiele, für die er eine neue Inszenierung des "Tannhäuser" bezahlt. Zum Streit um die Nachfolge von Festspielchef Wolfgang Wagner sagt Vilar: "Das ist Altersdiskriminierung. Ich finde, die Leute sollten solange arbeiten wie sie können. Wolfgang Wagner ist klar im Kopf und macht einen guten Job. Er hat 500 000 Anfragen für 50 000 Karten - das ist so, als wäre vor diesem Restaurant eine Schlange von hier bis Düsseldorf. Beten Sie jeden Abend zu Gott, dass Sie mit 81 noch so fit sind." Mit der designierten Festspielchefin, Wolfgangs Tochter Eva Wagner-Pasquier, arbeite er zwar schon jetzt zusammen, "aber ich unterstütze Wolfgang. Und ich bin stolz darauf."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 24/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 07. Juni 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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