Marianne Birthler in der ZEIT: "Ich wollte ein Stück Freiheit, wußte aber, dass man dafür einen Preis zahlen musste"
Hamburg (ots)
Marianne Birthler, 53, gehört zu den wenigen DDR-Bürgerrechtlern, die im wiedervereinigten Deutschland eine berufspolitische Laufbahn eingeschlagen haben. Ihr Ministeramt für Bildung, Jugend und Sport legte sie 1992 aus Protest gegen die Stasi-Verwicklungen des Ministerpräsidenten nieder. Oktober 2000 trat sie die Nachfolge von Joachim Gauck als Bundesbeauftragte der Stasi-Unterlagen an. In der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT berichtet sie über ihre Lehrjahre.
Birthler: "Für meine Mutter waren Freiheit und Unabhängigkeit wichtige Werte, in der Politik genauso, wie in der Erziehung ihrer beiden Töchter." Das Abitur sei etwas ganz Besonderes gewesen. Sie nahm eine Stelle als Exportbearbeiterin im DDR-Außenhandel an, absolvierte parallel dazu ein Fernstudium der Außenhandelswirtschaft. "Weil ich nie einen Karriereplan im Kopf hatte, fiel es mir leicht, mit Anfang zwanzig eine Babypause einzulegen."
Marianne Birthler zog mit ihrem Mann aufs Land, organisierte kirchliche Gesprächsabende. "Wir diskutierten brisante gesellschaftliche Themen in einer Weise, die nur unter dem Dach der Kirche toleriert wurde ... Wir haben uns als linke Opposition verstanden, gegenüber einer SED, die in unseren Augen alles andere als links war."
1982, wieder in Berlin, kümmerte sich Marianne Birthler im Stadtjugendpfarramt um Kinder und Jugendliche. "Das Risiko, das ich mit meiner politischen Arbeit einging, war begrenzt ... Ich wollte ein Stück Freiheit, wußte aber auch, das ich dafür einen Preis zahlen mußte." Ihre Kinder durften in der DDR kein Abitur machen, sie selbst wurde zweimal verhaftet. Als Opfer habe sie sich trotzdem nie gefühlt: "Opfer waren jene, die Jahre in Gefängnissen zugebracht haben - aber auch jene Menschen, die aus Furcht vor der Obrigkeit angepasst gelebt haben. Weil sie freiwillig auf Dinge verzichtet haben, die mein eigenes Leben reich gemacht haben."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 30/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 19. Juli 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Beitrags kann angefordert werden.
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