Literaturwissenschaftlerin Rachel Salamander in der ZEIT: "Ein ganzes Jahr lang sprach ich nur, wenn ich zu Hause war"
Hamburg (ots)
Rachel Salamander, 52, aufgewachsen in sieben verschiedenen Lagern für Holocaustüberlebende, studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie - und machte die Spurensuche in der deutsch-jüdischen Geschichte zu ihrer Lebensaufgabe. In München eröffnete sie die Literaturhandlung, eine auf Literatur zum Judentum spezialisierte Fachbuchhandlung, die zugleich Treffpunkt ist für Emigranten und moderne jüdische Erzähler. Statt Kulturreferentin in München zu werden, expandierte sie lieber mit der Literaturhandlung. In der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT berichtet sie über ihre Lehrjahre.
Rachel Salamander: "Hoffnungsträger der vom Holocaust gezeichneten Erwachsenen und Hinweis auf die Zukunft waren wir Kinder - und der Postbote. Alle nannten ihn ehrfürchtig "Konsul"." Er hatte in der Hand, wer das Lager verlassen durfte, denn er teilte die Visa aus. Der Visumsantrag für Israel, den die Salamanders stellten, wurde abgelehnt, da die Mutter krank war. Sie starb 1953. "Als das Lager 1956 aufgelöst wurde, zählten wir zu den wenigen, die übrig und sitzen geblieben waren", so Salamander. In dem Münchner Bezirk Neuhausen saß sie dann als einzige Jüdin unter deutschen Kindern in der zweiten Grundschulklasse. "Das war ein Kulturschock. Ich konnte nur Jiddisch, kein Wort Deutsch ... Ich schwieg. Ein ganzes Jahr lang sprach ich nur, wenn ich zu Hause war ..."
Während ihres Studiums wandte sie sich der Spurensuche in der deutsch-jüdischen Geschichte zu. "Ich wollte wissen, wer ich bin und woher ich komme, und suchte den Standort meiner Generation - den geistigen Reichtum nachzeichnen bedeutete Pionierarbeit." 1982 eröffnete sie in München die Literaturhandlung, die seitdem nicht nur Bücher zum Judentum verkauft, sondern Lesungen, Vorträge und Debatten organisiert.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 33/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 9. August 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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