ZEIT: Richard Schröder lehnt Koalition mit der SPD ab und greift Egon Bahr an
Hamburg (ots)
Der ostdeutsche SPD-Politiker Richard Schröder hat sich gegen ein Regierungsbündnis mit der PDS in Berlin gewandt. In der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT schreibt Schröder, eine Koalition mit den SED-Nachfolgern würde die Partei bundesweit stärken und dadurch im politischen Klima Ostdeutschlands "die spezifisch mufflig-ressentimentgeladene Stimmung" weiter stabilisieren. Schröder kritisierte die Strategie des Einbindens der PDS: "Ich glaube nicht, dass die PDS durch Mitregieren entzaubert werden kann."
In dem Artikel wendet sich Richard Schröder gegen seinen Genossen Egon Bahr, der eine Koalition befürwortet, und wirft ihm Geschichtsklitterung vor. Bahr hatte im Berliner Tagesspiegel die SED vor Vorwürfen wegen des Mauerbaus in Schutz genommen und sie für ihr Verhalten während der "Wende" gelobt. "Da bastelst Du an einem neuen Mythos, gegen den ich auch deshalb protestiere, weil er die Rolle der Opposition in der DDR, die Welle der Demonstrationen gegen die SED und das beachtliche Maß an Zivilcourage im Herbst 89 hinten runterfallen lässt." In Wahrheit habe die SED bis zuletzt versucht, ihre Herrschaft in der DDR zu behalten. "Dankbar sein kann ich höchstens, dass nicht ein paar Verrückte doch noch den Putsch versucht haben. Doch die Dankbarkeit dafür, dass jemand nicht unmenschlich und wahnwitzig gehandelt hat, hält sich naturgemäß sehr in Grenzen."
Schröder wirft Bahr zudem vor, seine Sympathie für die PDS sei anachronistisch. "Dass die westliche Seite vor dem Mauerfall mit der herrschenden Klasse verhandelt hat, weil diese die Beherrschten in der Hand hatte, geht in Ordnung. Sollte daraus eine fortdauernde Vorliebe für die arme, nun entmachtete ehemalige herrschende Klasse entstanden sein, wäre das ein seltsames Festhalten an der Perspektive des Kalten Krieges."
Der Theologe Richard Schröder ist seit 1989 Mitglied der SPD. In der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR war er Vorsitzender der SPD-Fraktion. Vor zwei Wochen trat Schröder als stellvertretender Vorsitzender der Grundwertekommission der SPD zurück.
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 33/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 9. August 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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