Kertész: "Warum darf ein Autor seinen Kritiker nicht hassen?"
Hamburg (ots)
Nobelpreisträger Imre Kertész nimmt in der ZEIT Stellung zu Martin Walsers Buch "Tod eines "Kritikers". Er antwortet auf die Frage, ob die Literatur so frei sein dürfe, dass sie einen Überlebenden des Holocaust in der Form, wie es Walser getan hat, karikieren darf:
"Ja, so frei ist sie. So weit ich weiß, ist das Vorbild für diese Figur Herr Reich-Ranicki. Herr Reich-Ranicki ist kein Adonis. Das ist wahr. Aber es gibt sehr schöne Juden. Warum soll es antisemitisch sein, wenn diese Romanfigur unansehnlich ist? Die Figur ist unsympathisch und zufällig ist sie Jude. Aber in erster Linie ist sie Kritiker. Und die meisten Juden sind keine Kritiker. Warum darf ein Autor seinen Kritiker nicht hassen? .... Ich glaube nicht, dass Herr Reich-Ranicki der Prototyp für den Juden schlechthin sein soll, das wäre wirklich schrecklich. Ich glaube auch nicht, dass Martin Walser alle Juden unsympathisch findet. Er findet diesen einen Juden unsympathisch. Diese Freiheit muss es geben. Deutschland ist reif genug dafür."
Das komplette ZEIT-Interview (DIE ZEIT Nr. 43, EVT 17. Oktober 2002) dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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