Hochbegabte Kinder in der Grundschule: eine integrative Förderung ist möglich
Bundesweit erster Schulversuch in Hannover noch bis 2004
Niedersächsische Kultusministerin stellt Zwischenbilanz vor
Hannover (ots)
Eine integrative Förderung hochbegabter Kinder an deutschen Grundschulen ist möglich. So lautet ein erstes Fazit des bundesweit einmaligen Schulversuches, der auf Initiative der Karg Stiftung für Hochbegabtenförderung seit 1997 an der Grundschule Beuthener Straße in Hannover-Mittelfeld stattfindet. Die wissenschaftliche Begleitung des Versuchs wird maßgeblich von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung getragen. Zur Halbzeit des Versuches zog die Niedersächsische Kultusministerin Renate Jürgens-Pieper heute eine erste Zwischenbilanz und lobte das Engagement der Grundschule: "Die herausragende Arbeit der Lehrkräfte in der Beuthener Strasse hat es ermöglicht, diesen Schulversuch erfolgreich umzusetzen".
Voraussetzung für eine integrative Förderung hochbegabter Kinder ist, dass den Schülern ausreichend Freiräume gewährt werden, um Lernprozesse eigenständig steuern zu können. Hierzu bieten sich neben offenen Unterrichtsformen und projektorientierten Unterrichtseinheiten schulstoffunabhängige Themen an, die jenseits des regulären Lehrplans Anreize schaffen und bei den Hochbegabten für intellektuelle Herausforderung sorgen. Aber auch ein traditioneller Unterrichtsstil im herkömmlichen Stundentakt muss einer integrativen Hochbegabtenförderung nicht widersprechen. Entscheidend ist, dass die Pädagogen bereit sind, ihre lehrende Rolle im Umgang mit den hoch begabten Schülern neu zu definieren: als Begleiter und Berater, die die Persönlichkeit dieser Kinder achten und ihre Potenziale, ihre Defizite, aber auch ihre häufig unkonventionellen Lernwege und Denkmuster akzeptieren.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen: Alle Schüler haben eine erstaunlich positive Einstellung zum Unterricht, zu den Lehrern, Mitschülern -und zu sich selbst. Das ist nach Aussage von Dr. Henze, dem Leiter der wissenschaftlichen Begleitung, besonders bemerkenswert, weil bei hochbegabten Kindern vor allem in der Grundschule Langeweile und daraus resultierende Schulunlust ein häufig beklagtes Problem ist.
Dass auch ein Grundschule für geistige Sprinter eine genug Herausforderungen bieten kann, beweist der Schulversuch.
Der Schulversuch in Hannover hat bundesweit Modellcharakter. Im Zentrum steht die Entwicklung und Erprobung didaktischer Konzepte, die eine optimale Förderung von sechs- bis zehnjährigen hoch begabten Kindern im Kreis "normal" begabter Mitschüler garantieren. Dabei sollen das Lern- und Sozialverhalten der Hochbegabten, ihre intellektuellen und sozioemotionalen Kompetenzen und ihre individuellen Neigungen und Fähigkeiten Berücksichtigung finden.
Dr. Godehard Henze, Psychologe an der Universität Hildesheim, sowie Prof. Dr. Uwe Sandfuchs und Dr. Clemens Zumhasch, Grundschulpädagogen an der Technischen Universität Dresden, leiten die wissenschaftliche Begleitung des Versuches. Sie legten heute in Hannover erste Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Ihr "Die Gleichsetzung von ,hoch leistend' und ,hochbegabt' ist wissenschaftlich überholt und gehört hoffentlich bald der Vergangenheit an", resümiert Dr. Henze.
Den Anstoß für den Schulversuch gab seinerzeit die Karg-Stiftung: Hoch begabte Kinder, die in der Begegnungsstätte der Stiftung in Hannover den sozialintegrativen Kindergarten besuchten, fanden beim Übergang in die Grundschule regelmäßig keine Einrichtung, die eine integrative Förderung hoch begabter Schüler anbot. Das Kollegium der Grundschule Beuthener Straße bot an, mit wissenschaftlicher Unterstützung nach Lösungswegen zu suchen und stellte im März 1997 beim Ministerium den Antrag auf einen entsprechenden Schulversuch.
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung arbeitet in den Schwerpunkten Erziehung/Bildung und Soziales, Neurowissenschaften/multiple Sklerose und Europäische Integration. In ihrem Schwerpunkt Erziehung/Bildung will die Stiftung durch Iniitierung und Förderung von Modellprojekten Impulse geben. Ziel ist es, benachteiligte Schüler und Schulformen zu unterstützen und Beiträge zur Erneuerung und Qualitätssteigerung des deutschen Schulwesens zu leisten.
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