Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung hat im Jahr 2006 rund 25 Millionen Euro für ihre Modellprojekte bereitgestellt
Frankfurt/Main (ots)
- Jahrespressekonferenz einer der größten deutschen Privatstiftungen: Vermögensanlage erreicht im Jahr 2006 eine Performance von 8,2 Prozent
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung (GHS) hat für ihre Projektarbeit im Jahr 2006 rund 25 Mio. Euro bereitgestellt. Das teilte der Vorstandsvorsitzende, Dr. Michael Endres, heute auf der Jahrespressekonferenz am Sitz der Stiftung in Frankfurt am Main mit. Mit einem Vermögen von derzeit rund 827 Mio. Euro zählt die GHS zu den größten deutschen Privatstiftungen. In ihren Förderbereichen Neurowissenschaften, Europäische Integration und Erziehung zur Demokratie hat sie seit dem Jahr 2000 Mittel in Höhe von rund 180 Mio. Euro für 250 Projekte bereitgestellt. "Es ist uns in den vergangenen Jahren gelungen," so Dr. Michael Endres, "frühzeitig Fragestellungen aufzugreifen, die heute ganz oben auf der politischen Agenda stehen - etwa beim Thema Hauptschule, bei der Integration von Zuwandererkindern, in der frühkindlichen Bildung, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder im Kampf gegen Alzheimer."
In ihrer Vermögensanlage erzielte die Hertie-Stiftung 2006 laufende Erträge und Kursgewinne auf ihre Vermögensanlagen von 8,2 Prozent. Damit lag die Performance in den letzten vier Jahren bei durchschnittlich 9,1 Prozent. Diese guten Ergebnisse sind vor allem der Vermögensstruktur zu verdanken: Der Aktienanteil lag wie im Vorjahr bei rund einem Drittel. Der Anteil der festverzinslichen Wertpapiere gingen auf 46 Prozent zurück, die Immobilien lagen bei 13 Prozent. Die Erträge aus dem Vermögensmanagement stiegen 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Mio. Euro auf 35,4 Mio. Euro. An Projektmitteln hat die Stiftung im vergangenen Jahr 25 Mio. Euro bereit gestellt. Darin enthalten sind 2,5 Mio. Euro Drittmittel, die von anderen Stiftungen, von Unternehmen und Privatpersonen sowie von der öffentlichen Hand für Modellprojekte der GHS eingeworben werden konnten.
Im Förderbereich Neurowissenschaften zählt das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung nach einer Anlaufphase von nur vier Jahren bereits zu den führenden Einrichtungen. Im letzten Jahr hat es besonders im Kampf gegen Parkinson und Alzheimer grundlegende Arbeiten veröffentlicht - darunter erstmals den Nachweis der Übertragbarkeit von Alzheimer, was neue Perspektiven für die Bekämpfung dieser Krankheit schafft. Aktuell steht das Hertie-Institut im Wettbewerb der Exzellenz-Initiative um einen Cluster-Platz. Für die Leitung ihres Instituts für Neuroimmunologie und klinische Multiple-Sklerose-Forschung in Hamburg konnte die Stiftung Professor Dr. Roland Martin gewinnen. Er gilt als einer der besten MS-Forscher der Welt und ist für seine neue Aufgabe von einer leitenden Forschungsposition am renommierten National Institute of Health aus den USA zurückgekehrt. Mit der Einrichtung der "Hertie-Senior-Forschungsprofessur", die einem herausragenden Wissenschaftler ermöglichen soll, sich zum Ende seiner beruflichen Laufbahn ausschließlich der Forschung zu widmen, hat die Stiftung im vergangenen Jahr eine Entwicklung angestoßen, die inzwischen zu mehreren vergleichbaren Positionen geführt hat.
Die Hertie School of Governance (HSoG) in Berlin, das größte Projekt im Förderbereich Europäische Integration, wird im Mai ihren ersten Jahrgang der "Master of Public Policy"-Studenten verabschieden. Die 30 Absolventen aus 18 Ländern dürfen nach der praxisbezogenen Ausbildung für den öffentlichen Bereich mit vielversprechenden beruflichen bzw. wissenschaftlichen Perspektiven rechnen. Die HSoG zählt inzwischen unter anderem das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt, die Weltbank, die EU und die UNO zu ihren Partnern und bewirbt sich in Kooperation mit der Humboldt-Universität um einen Platz in der Exzellenz-Initiative. Die im Jahr 2005 gegründete Europäische Akademie der Regionen (EAR) ergänzt die akademische und internationale Arbeit der Hertie School of Governance. Die EAR, die ein vielfältiges Programm für Austausch und Kooperation zwischen Regionalverwaltungen organisiert, entwickelt sich zu einer Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch europäischer Regionen in Ost und West. Partner der Stiftung bei der EAR sind die Länder Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz mit jeweils zwei Partnerregionen in Osteuropa.
Im Förderbereich Erziehung zur Demokratie stehen weiterhin Schulprojekte mit den Schwerpunkten Sprachkultur sowie Sprach- und Begabtenförderung von Zuwandererkindern im Mittelpunkt. An dem mit 240.000 Euro dotierten "Hauptschulpreis 2007 - Deutschlands beste Schulen mit Hauptschulabschluss" beteiligten sich bundesweit über 500 Schulen mit Hauptschulabschluss, mehr als 350 von ihnen reichten eine aussagekräftige Bewerbung ein. Der Hauptschulpreis hat damit einen großen Fundus hervorragender und beispielgebender Hauptschularbeit zu-sammengetragen, der eine Bestandsaufnahme über die jüngsten Entwicklungen an Deutschlands Schulen mit Hauptschulabschluss erlaubt. Neu beim Hauptschulpreis 2007: Zunächst ermittelte eine Jury bis zu drei Landessieger pro Bundesland, bevor sie in Kürze aus den 16 Erstplatzierten die drei Bundessieger bestimmen wird, die am 10. Mai von Bundespräsident Horst Köhler ausgezeichnet werden.
Das Stipendienprogramm START für begabte Zuwandererkinder ist seit 2006 in 14 Bundesländern mit rund 460 Stipendiaten präsent. Parallel hat sich die Zahl der Kooperationspartner - Ministerien, Kommunen, Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen - im vergangenen Jahr von vormals 50 auf rund 90 fast verdoppelt. Für die nächsten Jahre ist für START eine weitere Ausweitung auf 1.000 Stipendiaten geplant. Zudem sind europäische Partner dabei, das Programm nach Österreich und in die Schweiz zu bringen. "Exportiert" wird auch das Projekt Deutsch & PC, das in den ersten Grundschulklassen intensiven Deutschunterricht und Medienkompetenz vermittelt. Im Jahr 2001 an drei Grundschulen im Frankfurter Gallusviertel gestartet, hat es auf Initiative der Hertie-Stiftung und des Hessischen Kultusministeriums inzwischen alle hessischen Grundschulen mit hohem Zuwandereranteil erreicht. Noch in diesem Jahr wird es in den Bundesländern Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen eingeführt, die sich erfolgreich um das Modellprojekt beworben hatten. Im Vorschulalter setzt das Sprachförderprojekt frühstart an, das die Stiftung seit 2004 an zwölf hessischen Kindertagesstätten erprobt. Gerade ist in Frankfurt ein internationales Symposium zu Ende gegangen, das die Hertie-Stiftung initiiert und finanziert hat: Es ging um die Erfolgsfaktoren für den frühen Zweitspracherwerb. Die Ergebnisse wird die Stiftung - auf dem Projekt frühstart aufbauend - noch in diesem Jahr in praktische Projektarbeit umsetzen.
Bereits im sechsten Jahr wirkt die Stiftung mit ihrem Projekt Jugend debattiert im demokratischen Meinungsbildungsprozess mit. Mit über 60.000 Teilnehmern ist es der drittgrößte deutsche Schülerwettbewerb. Auch außerhalb Deutschlands hat Jugend debattiert Fuß gefasst: Schülerinnen und Schüler in Polen, Tschechien, im Baltikum und in der Ukraine tragen den Wettbewerb in deutscher Sprache aus. In der Schweiz wird in den drei Landessprachen debattiert. Kinder schon frühzeitig in ihrer Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten zu stärken ist das Ziel des Grundschulprojekts "Kinder lernen mitzureden mit Tabaluga tivi". Zusammen mit ZDF tivi, dem Kinder- und Jugendprogramm des ZDF, hat die Stiftung das Modellprojekt an vier Schulen im Rhein-Main-Gebiet gestartet. Nachdem immer mehr Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet sich beteiligen möchten, hat der Vorstand der Stiftung im März 2007 750.000 EUR bewilligt, um "Kinder lernen mitzureden" in den kommenden drei Jahren ähnlich wie bei Jugend debattiert mit hochqualifizierten Trainings der Lehrkräfte und ausgefeilten Curricula in die Breite zu tragen. Die Aktivitäten der Stiftung zur Sprachförderung werden seit diesem Schuljahr durch eine Deutsch-Olympiade ergänzt. An dem Modellprojekt der Initiative Deutsche Sprache nehmen schon im ersten Anlauf bundesweit über 3.500 Schüler der 9. Klassen teil. Diese Olympiade ist ein Gruppenwettbewerb in den Disziplinen Reimen, Erzählen, Erklären, Umschreiben und Darstellen.
Auch das Themenfeld Vereinbarkeit von Beruf und Familie der Stiftung hat sich sehr erfreulich entwickelt: 2007 werden sich erstmals über 300 Unternehmen dem audit berufundfamilie® unterziehen. Die berufundfamilie gGmbH, die mit einem Mitarbeiter begann, hat heute 35 Auditoren, die den Unternehmen zur Verfügung stehen. Sie arbeitet mit einem eigenen wissenschaftlichen Institut an der Universität Münster zusammen. Eines der Ergebnisse, das die Stiftung 2007 aus dieser Kooperation erwartet, ist ein berufundfamilie-Index, der das Familienbewusstsein in Betrieben messbar macht.
Im Rahmen ihres Stipendiatenwerks wird die Stiftung ein eigenes Stipendienprogramm für Lehramtsstudierende mit Zuwandererhintergrund ins Leben rufen. Ziel ist es, ein Stück gesellschaftliche Normalität in die Klassen hineinzutragen. Ein Drittel der Erstklässler hat schon heute Migrationshintergrund, aber nicht einmal ein Prozent der Lehrkräfte. Das neue Programm der Stiftung wird neben finanzieller auch ideelle Förderung umfassen.
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung baut auf dem Lebenswerk des 1972 verstorbenen Stifters Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, auf. In Fortführung seiner Pläne und auf Initiative der Kinder und Erben, Brigitte Gräfin von Norman und Hans-Georg Karg, wurde am 10. Dezember 1974 die "Gemeinnützige Hertie-Stiftung zur Förderung von Wissenschaft, Erziehung, Volks- und Berufsbildung" mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet. 97,5 Prozent der Anteile der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH wurden in diese Stiftung eingebracht. Seit 1998 hält die Stiftung keine Unternehmensbeteiligungen. In Hessen ist die Hertie-Stiftung die größte Stiftung. Insgesamt hat die Stiftung in den Jahren 2000 bis 2006 Fördermittel in Höhe von 32 Mio. Euro für Projekte in Hessen vergeben.
Diesen Pressetext sowie den aktuellen Tätigkeitsbericht können Sie im Netz herunterladen: www.ghst.de
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Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Information und Kommunikation, Dörte
Florack, Tel.: 069/660 756-167, FlorackD@ghst.de
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