CSU-Landesgruppe
Silberhorn
Mayer
Dr. Ruck: Weg von der Alles-oder-nichts-Perspektive
Berlin (ots)
Anlässlich eines gemeinsamen Besuches in Istanbul am 18. und 19. Dezember 2007 erklären der außen- und europapolitische Sprecher, Thomas Silberhorn, der innen- und rechtspolitische Sprecher, Stephan Mayer, und der Stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Dr. Christian Ruck:
Istanbul präsentiert sich als eine pulsierende Metropole mit einem beachtlichen Wirtschaftswachstum. Von dieser Dynamik profitieren auch immer mehr deutsche Unternehmen. Die Türkei nimmt zunehmend die Rolle eines ökonomischen und politischen Brückenkopfs zur Kaukasusregion und zum Nahen und Mittleren Osten ein. Es liegt im strategischen Interesse Deutschlands und der EU, die Türkei auf diesem Weg zu unterstützen.
Gleichwohl haben wir unsere Vorbehalte gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union gegenüber unseren Gesprächspartnern zum Ausdruck gebracht. Mit einer Aufnahme der Türkei liefe die EU Gefahr, ihre Integrationskraft zu überdehnen und ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren. Deshalb bleiben wir dabei, dass die Verhandlungen nur ergebnisoffen geführt werden können. Am Ende wird sich herausstellen, dass es bessere Lösungen für beide Seiten gibt als nur die Alles-oder-Nichts-Perspektive eines Ja oder Nein zu einer türkischen Vollmitgliedschaft.
Über andere Optionen nachzudenken, ist schon deshalb geboten, weil klar ist, dass zumindest in zwei Mitgliedstaaten (Frankreich und Österreich) Volksabstimmungen verbindlich sein werden. Wichtig ist deshalb, Frustrationen in der Türkei zu vermeiden, die schnell direkte Auswirkungen auf unser Land haben würden.
Durch die türkische Gesellschaft geht ein tiefer Riss. Er umfasst alle Lebensbereiche und verkehrt die gewohnten Fronten. Waren früher die Kemalisten Vertreter einer westwärts gewandten, fortschrittsgläubigen Türkei, sind es heute die konservativ-islamischen Kreise, die sich Annäherung an Europa auf die Fahnen geschrieben haben, um ihre innenpolitischen Ziele durchzusetzen und ihre errungene Machtposition zu erhalten und auszubauen. In diesem Lager ringen wirtschaftsfreundliche Reformer mit Islamisten alter Prägung.
Am Tage unserer Ankunft griffen die türkischen Streitkräfte in einem bisher nicht gekannten Ausmaß vermutete Stellungen der PKK im Norden Iraks an. Das türkische Militär spielt ein gefährliches Spiel im Nordirak, das uns sehr besorgt. Gleichzeitig hat die Türkei das Recht, sich gegen die PKK-Terroristen zur Wehr zu setzen und die Pflicht, die eigenen Bürger zu schützen. Uns zeigt dieses Beispiel erneut, in wel-chem geopolitischen Umfeld die Türkei, die lange Grenzen zu Syrien, zum Irak und zu Iran hat, gezwungen ist, sich zu bewegen.
Die Europäische Union hat am Montag zwei neue Verhandlungskapitel (transeuropäische Netze sowie Gesundheits- und Verbraucherschutz) mit der Türkei eröffnet. Damit zeigen wir den reformwilligen Kräften in der Türkei, dass wir sie nicht allein lassen. Besser wäre es freilich gewesen, bereits vor der Aufnahme von Verhandlungen auf die konkrete Erfüllung der Voraussetzungen zu dringen. Dies hat unsere Vorgängerregierung leider nicht getan, obwohl sie aus den Lehren der überhasteten Beitrittspolitik in den Fällen Zypern, Rumänien und Bulgarien eigentlich hätte lernen müssen.
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