CSU-Landesgruppe
Glos: Interview mit dem General-Anzeiger
Berlin (ots)
In der morgigen Ausgabe des General-Anzeigers erscheint nachfolgendes Interview mit dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Glos:
General-Anzeiger: Ein erfolgreicher Müller aus einer guten alten Familientradition wird Politiker. Wie kam das? Michael Glos: Der CSU-Landesgruppenvorsitz war mir sicher nicht in die Wiege gelegt, ebenso wenig die Mitgliedschaft im Bundestag. Anstoß war die bayerische Gebietsreform, die mich zu einem Engagement zugunsten meiner Heimatgemeinde veranlasst hat. Bei meiner ersten Nominierung 1976 als Bundestagskandidat wurde ich mit nur einer Stimme Mehrheit aufgestellt und war danach der jüngste Abgeordnete.
General-Anzeiger: Die CSU gilt als geschlossenste Partei, aber auch in ihr hat nicht nur Peter Gauweiler einen Krieg gegen den Irak abgelehnt. Wie will die CSU als christliche Partei aus dem Zwiespalt "Papst oder Bush" herauskommen?
Michael Glos: Wir setzen uns mit viel mehr Problemen ernsthaft und auch kontrovers auseinander, als nach außen dringt. Niemand von uns wünscht sich Krieg.
General-Anzeiger: Haben auch Pazifisten Platz in der CSU?
Michael Glos: Selbstverständlich. Sie sind uns herzlich willkommen. Bei den Grünen haben Pazifisten sowieso keine Heimat mehr.
General-Anzeiger: Schröder hat sich auf Ablehnung eines Irak-Krieges im Sicherheitsrat festgelegt. Wie würde die CSU in der Bundesregierung entscheiden?
Michael Glos: Mit seiner auf einer niedersächsischen Veranstaltung öffentlich vorgenommenen einseitigen Festlegung hat Schröder gezeigt, dass er mit diesem ernsten Thema Wahlkampf machen will. Ich rate, zunächst den Bericht der Inspektoren abzuwarten, ihn mit unseren Bündnispartnern zu bewerten und dann eine gemeinsame Position zu beziehen. Alles andere schwächt die Arbeit der Inspektoren, mildert den Druck auf den irakischen Diktator und zeigt, dass man die Hoffnung auf eine friedliche Lösung aufgegeben hat.
General-Anzeiger: Zehn Jahre an der Spitze der CSU-Landesgruppe sind zehn Jahre Erfahrung als Regierungs- und Oppositionspartei in Bonn und Berlin. Der Unterschied?
Michael Glos: In Regierungszeiten muss man, insbesondere wenn die Mehrheiten schmal und die Probleme groß sind, durchsetzen, was vereinbart worden ist. Zum Beispiel, als wir in den letzten vier Jahren der Regierung Kohl zusammen mit der FDP den Euro, der damals sehr umstritten war, durchsetzen mussten. Man muss dann stärker für Disziplin in den eigenen Reihen sorgen. In der Opposition kommt es vor allem darauf an, dass man die eigene politische Handschrift der CSU entsprechend darstellt. Das nutzt der Union insgesamt.
General-Anzeiger: Mit Edmund Stoiber regiert die CSU in Bayern, und in Berlin opponieren Sie. Das führt zu einer Doppelstrategie. Wo können Sie zustimmen? Wo bleiben Sie beim strikten Nein?
Michael Glos: Den Vorschlägen, die unserem eigenen Wahl- und Regierungsprogramm entsprechen, verhelfen wir zu einer Mehrheit. Den Fehlentscheidungen und falschen Versprechungen von Rot-Grün widerstehen wir. Außerdem kämpfen wir als CSU-Landesgruppe für bayerische Interessen. So werden wir nicht zulassen, dass Bayern bei den Fördermitteln für den Transrapid benachteiligt wird.
General-Anzeiger: Warum sind Sie gegen den EU-Beitritt der Türkei?
Michael Glos: Bevor wir die EU immer größer machen, müssen wir ihre Grenzen definieren. Wenn morgen die Türkei Mitglied wäre, dann hätten wir übermorgen die Beitrittsforderungen einer ganzen Reihe afrikanischer Anrainer des Mittelmeeres. Wir hätten Wünsche von der Ukraine bis nach Russland. Damit würde die Europäische Union zu einem Gebilde werden, das nach den gegenwärtigen Strukturen nicht beherrschbar wäre. Der zweite Grund, warum ich für freundschaftliche Sonderbeziehungen zur Türkei, aber gegen deren Vollmitgliedschaft bin, ist die Tatsache, dass innerhalb der Europäischen Union Freizügigkeit herrscht und dass wir einen sehr großen Einwanderungsdruck einer fremden Kultur zu erwarten hätten. Das gäbe für die Gesellschaft große Konflikte und würde die Vertiefung der Europäischen Union zu einer echten Schicksalsgemeinschaft verhindern.
General-Anzeiger: Günter Verheugen (SPD) als zuständiger EU-Kommissar hat einmal von einem speziellen Nachbarschaftsvertrag mit der Türkei gesprochen.
Michael Glos: Verheugen hat Recht. Schade ist, dass er sich offensichtlich in seiner eigenen Partei nicht durchsetzen konnte. Wer Europa bis an die Grenzen von Iran und Irak erweitern will, stellt letztlich die Europäische Union in Frage.
General-Anzeiger: Volksabstimmung über die EU-Verfassung, obwohl die CDU Plebiszite bisher ablehnt?
Michael Glos: Politische Lösungen entstehen auch durch öffentliches Ringen. Leider wird das meist mit dem Wort "Streit" belegt. Wir brauchen für weitere Integrationsschritte mit dem Verzicht auf Souveränitätsrechte eine breite öffentliche Diskussion. Am Ende muss in möglichst allen europäischen Ländern eine Volksabstimmung stehen. Nur dann haben wir eine breite Akzeptanz. Ich stimme dabei mit dem französischen Außenminister überein.
General-Anzeiger: Nach den Niedersachsen- und Hessen-Wahlen kommen Angela Merkel und Edmund Stoiber zusammen. Eine aktuelle Reaktion?
Michael Glos: Aktuell sind wir immer. Aber in diesem Gespräch Anfang Februar, an dem auch die Spitzen von CDU und CSU teilnehmen, geht es um Europa. Wir müssen prüfen, wie der Stand des Verfassungskonvents ist, wollen eine Halbzeitbilanz vornehmen und dann entscheiden, ob man den eingeschlagenen Weg fortsetzen kann.
General-Anzeiger: Wie schätzen Sie die beiden Wahlen am 2. Februar ein? Michael Glos: In Hessen wird Roland Koch mit Sicherheit Ministerpräsident bleiben. Es gibt eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Niedersachsen mit Christian Wulff einen Ministerpräsidenten aus der CDU bekommen wird. Insbesondere die Tatsache, dass das Stammland von Gerhard Schröder fällt, wird eine Diskussion auslösen, ob Gerhard Schröder noch der richtige Bundeskanzler ist.
General-Anzeiger: Wechsel von Schröder zu Clement mit einer Großen Koalition?
Michael Glos: Es gibt auch die Spekulation: Wechsel des Kanzlers mit Clement, aber in einer rot-grünen Koalition. Die Grünen sind festgeleimt auf den Sesseln der Macht und werden sie freiwillig - geschehe, was will - nicht preisgeben.
General-Anzeiger: Sie waren der "Königsmacher" des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber. Steht er in dieser Wahlperiode als Kanzlerkandidat weiter zur Verfügung?
Michael Glos: Lieber wäre ich der Kanzlermacher gewesen. Edmund Stoiber hat eine wichtige Führungsaufgabe: Einmal als Parteivorsitzender der eigenständigen CSU; zum anderen auch, weil er als Spitzenkandidat der Union einen sehr hohen Stimmenanteil erobert hat - aber auch als Koordinator der Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder im Bundesrat.
General-Anzeiger: Das ist keine Antwort auf meine K-Frage.
Michael Glos: Da sie sich zur Zeit nicht stellt.
General-Anzeiger: Gibt es ein Leben für Sie jenseits der Politik?
Michael Glos: Mit 58 Jahren kann man keine großen Berufspläne mehr machen. Ich habe die Politik nie als einzigen Beruf betrachtet. Ich habe nach wie vor die Verankerung im Geschäftsleben.
General-Anzeiger: Haben Sie Vorbilder?
Michael Glos: Jeder muss seinen Weg selbst gehen, wie es die Zeit erfordert. Für mich ist meine Mutter Vorbild. Sie hat mit drei kleinen Kindern nach dem Tod meines Vaters 1955 Familie und Betrieb geführt.
Generalanzeiger: Haben Sie ein Motto, das Ihnen hilft?
Michael Glos: Zum Beispiel: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!" Meine Mutter hat oft auf fränkisch gesagt: "Es gibt immer etwas, das den Himmel hält." Das will sagen, es gibt immer etwas, das die Welt zusammenhält und der Himmel nicht zur Erde kommt, damit die Menschen nicht übermütig werden.
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