CSU-Landesgruppe
Glos im Interview im SWR-Tagesgespräch
Berlin (ots)
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Glos, hat sich im heutigen SWR-Tagesgespräch wie folgt geäußert:
SWR: Vor ein paar Stunden hat sich die Union mit der Regierung auf eine Gesundheitsreform geeinigt. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Glos: Man hat im Juli lange miteinander verhandelt. Es ist ein Entwurf erstellt worden und der hat den Verhandlungen nicht entsprochen. Offensichtlich ist er inzwischen so nachgebessert worden, dass beide Seiten jetzt dazu Ja sagen könne. Das war eine gute Sache, aber es ist bei den Parlamentariern das Gefühl entstanden, sie sind ein ganzes Stück aus den Beratungen ausgeschlossen worden. Auch das ist einer der Gründe, warum das auf diese Art und Weise nicht mehr gehen kann.
SWR: Bundestagspräsident Thierse hat hier im Tagesgespräch gesagt, dass das eigentlich vielleicht der einzige Weg ist, um vernünftig sachliche Gespräche zu führen bei so großen Reformvorhaben.
Glos: Ich möchte Thierse nicht kommentieren, sonst tue ich mich schwer, den Parlamentspräsidenten hier ohne harte Kritik zu lassen. Wenn der Präsident des Deutschen Bundestages sagt, der einzige Weg, um zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen, ist die Tatsache, dass man das Parlament ausschließen muss in weiten Teilen, dann wäre es eigentlich gut, wenn der Bundestagspräsident mal überprüfen würde, ob er der richtige Mann für dieses Amt ist.
SWR: So absolut hat er es auch nicht gesagt. Aber lassen Sie uns noch einmal hier zu diesem Konsensgespräch kommen. Da hat Seehofer doch einige Unionsthemen auch durchgesetzt und insgesamt hat das Modell Seehofer/Schmidt sehr gut harmoniert. Wäre das nicht auch ein Modell für die Rentenreform?
Glos: Nein, das war etwas Einmaliges, weil die Krankenkassen sonst wieder ihre Beiträge gewaltig erhöht hätten. Man hat die Sommerpause dafür gewählt, das Ganze zu tun. Es hat niemand die Regierung daran gehindert, die Rentenvorschläge rechtzeitig in die parlamentarische Beratung einzubringen. Diese Kungelrunden haben einen großen Nachteil: Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen von den Beratun- gen. Die Parlamentarier in den Fraktionen sind dadurch ein Stück ausgeschlossen. Sie müssen dann nur die kritischen Fragen beantworten, die auch an sie gestellt werden. Das betrifft die Verantwortung jeglichen Parlamentariers.
Dann kommt noch ein Nachteil für die Opposition und ein großer Vorteil für eine ei-gentlich mäßig fähige Regierung hinzu: Nämlich die Konflikte, die es in den Reihen von Rot-Grün gibt, werden nicht ausgetragen, sondern die werden damit zugekleistert, dass man sagt, wenn ihr das Ganze jetzt nicht schluckt, dann kommt das ganze Gesetz nicht zu Stande, weil die Opposition keinen anderen Weg mitgeht.
Rot-Grün muss in den eigenen Reihen die Gesetzentwürfe durchsetzen, die in den Ministerien erarbeitet werden und anschließend diese Gesetzentwürfe in den Deutschen Bundestag einbringen. Dort werden sie in erster Lesung beraten. Dann wird es den Ausschüssen überwiesen. Hier kommt dann der ganze Sachverstand der Verbände hinzu. Dann werden aus den Ausschüssen heraus veränderte Gesetzentwürfe das zweite Mal eingebracht in den Deutschen Bundestag, gleichzeitig in den Bundesrat. Beide Kammern beschließen dann darüber. Diesen ordnungsgemäßen Weg einzuhalten, hindert niemand die Bundesregierung. Der Weg ist in der Verfassung vorgeschrieben, dann soll sie diesen Weg doch gehen.
SWR: Aber am Ende scheitert dann alles an vier strittigen Fragen wie beim Zuwanderungsgesetz, wo die Unterschiede nur noch minimal waren, aber die Union dann auch gesagt hat, nein, das tragen wir nicht mit. Ist das wirklich ein Weg oder hat die Union da nicht doch eine größere Verantwortung bei dem Reformstau, den wir hier haben in Deutschland?
Glos: Sie haben ein Beispiel gebracht, wo man am Schluss hätte einig werden können. Das war bei Rot-Grün nicht möglich, weil sich die Grünen damals aus ideologischen Gründen nicht weiter bewegt haben. Sie wollten mehr Zuwanderung nach Deutschland, während wir die eigentlich zu hohe Zuwanderung, die zum großen Teil nicht im deutschen Interesse liegt, eindämmen wollten. Das war der Grund, warum es gescheitert ist. Ich finde es auch in dem Fall gut so, weil die Bevölkerung merken muss, wo sind die Gegensätze, wer sind die eigentlichen Blockierer, wer hält auf und wer ist für vernünftige Wege.
Ein Zweites: Alles, was vernünftig ist und was unseren Vorstellungen entspricht, ist doch nicht um des Blockierens willens bisher auf der Strecke geblieben. Im Gegenteil, wir haben das durchgesetzt. In den so genannten Harz-Konzeptionen haben wir wieder die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse durchgesetzt. Wir werden allem, was wir für richtig halten, zum Durchbruch verhelfen. Das kann man auf ordnungsgemäßem Weg tun. Ich fordere die SPD dringend auf, es zu tun.
Es ist doch nicht die Schuld der Opposition, dass ein Jahr nach der Bundestagswahl entsprechende Reformgesetze noch nicht im Deutschen Bundestag liegen. Das kann doch nicht an der Opposition liegen. Das ist doch die Unfähigkeit, die Konzeptionslosigkeit dieser Bundesregierung. Wenn eine Regierung nicht weiß, was sie will, dann soll sie den Hut nehmen, statt die Schuld auf die Opposition zu schieben, wenn man in manchen Dingen nicht so weit ist, wie man gerne wäre.
SWR: Damit orientieren Sie sich aber auch wieder an der Regierung.
Glos: Ja, das ist nun mal so. Unser System, unsere Demokratie orientiert sich an Mehrheiten. Und Mehrheiten im Bundestag sind die entscheidenden Mehrheiten. Und hier hat sich mit Lug und Trug diese rot-grüne Koalition das letzte Mal an die Macht gemogelt. Wenn sie nicht in der Lage ist, diese Macht ordentlich wahrzunehmen, dann soll sie das Mandat zurückgeben an die Bevölkerung. Dann wählen wir neu, dann haben wir klare Verhältnisse.
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