BDU Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen
BDU-Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl: Uneinigkeit bei Europasteuer,
Schattenwirtschaft und Bonn/Berlin-Frage
Befragung auch zum
Kirchhof-Steuerrechtsentwurf und zum Wettbewerbsrecht
Berlin/Bonn (ots)
Die Antworten der im Bundestag vertretenen Parteien zu den "BDU-Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl 2002" belegen teilweise erhebliche programmatische Unterschiede. Die Befragung befasste sich, so der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater, Rémi Redley, bewusst nicht mit rein branchenorientierten Fragen. Um Klarheit über die Konzepte zukünftiger Politik zu gewinnen, bat der Verband um konkrete Antworten auf Fragen, die zwar augenblicklich noch nicht im Mittelpunkt des medialen Interesses stehen, aber in naher und mittlerer Zukunft von großer Bedeutung sein werden.
Europasteuer - Union und FDP dagegen
Auf die Frage nach Einführung einer eigenen Steuerhoheit der Europäischen Union ("EU-Steuer") antworten SPD und Grüne ausweichend. Die Frage stelle sich zur Zeit noch nicht. Sollte eine derartige Steuer kommen, müsse allerdings - so die Grünen - eine höhere Belastung für Bürger und Unternehmen vermieden werden. FDP und CDU/CSU sprechen sich gegen eine EU-Steuer aus, da sie - so die Unionsparteien - dem Charakter der EU als Staatenverband widerspräche. Lediglich die PDS rechnet mit einer eigenen EU-Steuer- und Abgabenhoheit. Sie verbindet damit die Hoffnung auf steigende Solidarität zwischen den Regionen und weniger Steuerdumping.
"Kirchhof-Vorschläge" - SPD und Union zögerlich
Ziel jeder Bundesregierung sollte eine Steuervereinfachung sein. Daher wurden die Parteien befragt, welche Punkte des "Karlsruher Entwurfes zur Reform eines Einkommensteuergesetzes" (Prof. Kirchhof) sie konkret übernehmen wollen.
Für die SPD stehen die Kirchhof-Vorschläge zur Zeit überhaupt nicht "zur Diskussion". Auch die Union will bislang nur die dazu in Gang gekommene Diskussion "kanalisieren und bewerten". Die Grünen begrüßen die Vorschläge, geben aber zu bedenken, dass "Komplizierungen" bei der Umsetzung des Gesetzes auf Verwaltung und Gerichte verlagert werden könnten. Die FDP sieht ihre Vorschläge - Stufentarif von 15, 25, 35 Prozent u.ä. - von Professor Kirchhof bestätigt und sogar ausdrücklich unterstützt. Die PDS geht auf die Vorschläge nicht ausdrücklich ein.
Schattenwirtschaft - FDP setzt allein auf Steuersenkung
Neben einer spürbaren Senkung der Steuer- und Abgabenlast stellt sich die Frage etwa nach dem Umfang strafrechtlicher Maßnahmen bei der Bekämpfung von Schattenwirtschaft. Die Sozialdemokraten antworten mit der neueingeführten Bauabzugsteuer und dem Tariftreuegesetz. Weitere Maßnahmen kündigen sie nicht an. Die Unionsparteien sprechen sich nicht für legislative Maßnahmen aus, sondern für eine Verbesserung der Zusammenarbeit und Intensivierung der Kontrolldichte von Zoll, Arbeitsverwaltung und Steuerfahndung. Die Grünen wollen einen Schwerpunkt auf die "grenzüberschreitende Eindämmung der Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkommen" legen. Die FDP setzt dagegen alleine auf die Senkung der Steuerlast als Anreiz: Sie will Personal in der Finanzverwaltung reduzieren und mit der "laufenden Verschärfung des materiellen Rechts und der staatlichen Möglichkeit zu dessen Durchsetzung Schluss machen". Das Gegenteil fordert die PDS: Neben einer bundeseinheitlichen Regelung über den Rhythmus für Betriebsprüfungen will sie eine Aufstockung der Finanzämter um 10.000 Betriebsprüfer und 1.000 Steuerfahnder zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs.
Reform des Wettbewerbsrechts - UWG-Reform wird kommen
Trotz Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabenverordnung legt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) den Marktteilnehmern weiterhin enge Fesseln an. Daher wurden die Parteien nach ihrer Position zu augenblicklich noch wettbewerbs-rechtlich verbotenen bzw. halblegalen Sonderverkäufen und Rabattaktionen befragt. Die SPD - ähnlich die PDS - kündigt "noch Konsequenzen" in Zukunft an, ohne konkrete Pläne preiszugeben. CDU und CSU treten für eine "Modernisierung" des UWG ein, auch mit dem Ziel einer europaweiten Harmonisierung des Wettbewerbsrechts. Die Grünen planen - ausdrücklich - die Streichung der unübersichtlichen Regelungen zum Sonderverkauf. Um wettbewerbswidriges Verhalten im Interesse von Verbrauchern und Mitbewerbern zu vermeiden, plädieren sie für mehr Transparenzvorschriften. Auch die FDP strebt eine Stärkung des Wettbewerbs an, will die Sonderverkaufsvorschriften bislang aber "nur" auf den Prüfstand stellen.
Bonn-Berlin-Beschluss - Es bleibt, wie es ist?
PDS und die Grüne sprechen sich grundsätzlich für einen Umzug aller verbliebenen Bonner Ministeriumsdienstsitze nach Berlin aus. Die Christdemokraten lehnen einen "einzigen Regierungssitz Berlin" ab. Auch aus Sicht der SPD "funktioniert" die derzeitige "Aufgabenverteilung zwischen den Bundesbehörden in Berlin und Bonn". Die FDP äußert sich nicht zu diesem Thema.
BDU-Bewertungen
Eine eigene Steuer- und Abgabenhoheit der EU wird in Folge der Etablierung und Anwendung eines Verfassungsvertrages - auch gegen den Willen der Einzelstaaten - vermutlich kommen. Die Frage ist nur, ob sie zu einer Mehrbelastung der Bürger führt. Die Antwort der Post-Sozialisten ist daher durchaus realitätsnah. Die beiden Volksparteien äußern sich zu den Kirchhof-Vorschlägen auffallend zögerlich. Nur die potenziellen Koalitionspartner geben grünes Licht. Es steht daher zu befürchten, dass die Ideen auf absehbare Zeit nicht Realität werden. Eine drastische Verschärfung des materiellen Rechts zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft ist in der kommenden Wahlperiode wohl nicht zu erwarten. Eher dürfte eine - europaweite? - Zunahme der Kontrolldichte wahrscheinlich sein. Eine Reform des Wettbewerbsrechts wird in der kommenden Wahlperiode in jedem Fall in Angriff genommen. Dabei werden aller Voraussicht nach auch die Sonderverkaufsvorschriften weiter gelockert. Die beiden großen Volksparteien sprechen sich gegen einen vollständigen Regierungsumzug von Bonn nach Berlin aus. Soweit die Kosten nicht völlig aus dem Ruder laufen, wird es - von punktuellen Veränderungen abgesehen - vermutlich bei der bisherigen Aufteilung bleiben.
Die vollständigen Fragen und Antworten können bei der BDU-Geschäftsstelle unter 0228/9161-18 angefordert werden.
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