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Börsen-Zeitung: Money for nothing, Kommentar zum Langfristtender der EZB von Dieter Kuckelkorn

23.06.2009 – 20:50

Frankfurt (ots)

Heute betritt die Europäische Zentralbank (EZB)
Neuland. Erstmals in ihrer Geschichte wird sie ein 
Refinanzierungsgeschäft mit einjähriger Laufzeit durchführen. Bisher 
hat sie den nach Liquidität dürstenden Banken nur mit kurzfristigeren
Tendern unter die Arme gegriffen. Auf den Weg gebracht wurde die 
Maßnahme im März und April, als die Krise ihren Höhepunkt markierte. 
Inzwischen hat sich die Lage jedoch deutlich beruhigt. Es drängt sich
daher der Verdacht auf, dass der Tender im Grunde nicht mehr 
notwendig ist.
Für die Banken ist der Tender gleichwohl die einmalige Chance, 
sich bis zum Abwinken mit billiger Liquidität vollzupumpen, mit dem 
Kalkül, dass die Mittel eigentlich nur teurer werden können. Die EZB 
stellt den Banken lediglich den Leitzins in Rechnung - und der dürfte
nicht weiter fallen. Es gibt also, wie die Analysten von Dresdner 
Kleinwort unter Bezugnahme auf den Dire-Straits-Klassiker anmerken, 
"money for (next to) nothing".
Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass der Tender in einem 
exorbitant hohen Maß in Anspruch genommen wird. Einige Analysten 
halten es für durchaus plausibel, dass bis zu 1 Bill. Euro an die 
Kreditinstitute gehen könnten. Vermutlich wird es so schlimm aber 
nicht kommen, die meisten Beobachter rechnen mit einem Betrag 
zwischen 300 und 400 Mrd. Euro.
Sollte die Zuteilung an die Banken deutlich über dieser Summe 
liegen, hätte die EZB ein Problem. Sie wäre nämlich weit über das 
Ziel einer vernünftigen Liquiditätsausstattung der Märkte 
hinausgeschossen und daher gezwungen, die Liquidität wieder zu 
absorbieren. Dies alles dürfte tendenziell für unruhige Zeiten am 
Geldmarkt sorgen. Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB würden 
zudem kannibalisiert, die EZB müsste daher beim nächsten Jahrestender
im September wohl einen Aufschlag auf den Leitzins verlangen.
Mit dem Langfristtender der EZB sind also zahlreiche 
Unwägbarkeiten verbunden. Nur in einer Hinsicht kann man sich 
ziemlich sicher sein: Die Maßnahme wird nicht zu einer Ausweitung der
Kreditversorgung der Realwirtschaft durch die Banken führen. Deren 
begrenzender Faktor ist nämlich nicht die verfügbare Liquidität, 
sondern eher die Bonität der Unternehmen in der Krise und/oder die 
mit den Krediten verbundene Bindung des knappen Eigenkapitals.

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