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Tatort Familie: Warum Kindesmissbrauch ein Tabu ist
Erste Studie zu sexueller Gewalt in der Familie fußt auf 870 Berichten
Baierbrunn (ots)
Sie sind abhängig und haben zudem einen großen Loyalitätskonflikt: Kinder, die innerhalb der Familie missbraucht wurden, lieben den Täter, meist Vater, Groß- oder Stiefvater, gleichzeitig auch. Das verschafft dem Täter grenzenlose Zugriffsmöglichkeiten. Eine Studie zu sexueller Gewalt in der Familie, die auf 870 Berichten fußt, beschäftigt sich erstmals mit der gesellschaftlichen Aufarbeitung des "Tatorts Familie". Erstellt hat die Arbeit die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die 2016 von der Politik eingerichtet worden war. "Es war und ist in jedem Fall ein großes gesellschaftliches Tabu, über sexuelle Gewalt in der Familie zu sprechen", erklärt Professorin Sabine Andresen, Erziehungswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Kindheits- und Jugendforschung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, die der Komission fast sechs Jahre vorstand.
Kinder wissen nicht um ihre Rechte
Als seit 2010 die Missbrauchsfälle in der Kirche, in Heimen oder an Eliteschulen publik wurden, rückte das Tabu-Thema stark in die Öffentlichkeit. Dennoch war es nicht leicht weitere Betroffene zu finden, berichtet Andresen: "Viele dieser Menschen haben sich schon als Kind anderen anvertraut und dabei die Erfahrung gemacht, dass ihnen nicht geglaubt und nicht zugehört worden ist." Bei der Hälfte der Betroffenen begann der Missbrauch vor dem sechsten Lebensjahr. Ihnen Anerkennung zu geben, auch im Namen der Gesellschaft, ist deshalb ein wichtiges Ziel der Kommission. "Die Hoffnung ist, dass starke Kinderrechte dazu führen, dass Kinder in allen Lebensbereichen mehr Gehör und mehr Beteiligung erfahren und sie merken, dass ihre Stimme Gewicht hat", so die Professorin. Viele Kinder wüssten gar nicht, dass sie Rechte haben - hier schneide Deutschland in internationalen Studien fortlaufend ziemlich schlecht ab.
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