EKD - Evangelische Kirche in Deutschland
EKD: Zahl der Spätabbrüche verringern Behinderung dürfe nicht alleiniger Grund für Abbruch sein
11.02.2005 – 10:16
Hannover (ots)
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterstütze grundsätzlich politische Bemühungen, um die Zahl der Spätabbrüche von Schwangerschaften zu verringern. Dies erklärt anlässlich der Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Stephan Reimers. Er betont in der in diesen Tagen zugesandten schriftlichen Stellungnahme, dass auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert werden müsse, die sich durch die Fortentwicklung pränataler Diagnostik ergeben. Die Behinderung eines Kindes dürfe allein kein Grund für eine medizinische Indikation sein. Nach Ansicht der EKD müsse dies auch im Gesetz klargestellt werden. Gesellschaftlich müssten dringend verbesserte Rahmenbedingungen insbesondere finanzieller Art für Behinderte und chronisch Kranke geschaffen werden.
Im Blick auf die bisher bekannten Vorschläge der Bundestagsfraktionen fordert die EKD den Ausbau von psychosozialen Beratungsangeboten auch vor einer pränataldiagnostischen Untersuchung. In Fällen eines pathologischen Befundes spät im Verlauf der Schwangerschaft bestünde aufgrund der großen Konfliktsituation ein gesteigerter Beratungsbedarf für die Schwangere. Bei dieser Entscheidung muss der Frau jede mögliche Unterstützung zur Seite gestellt werden, die ihr hilft, sich trotz einer Behinderung oder Krankheit ihres Kindes für das Leben zu entscheiden. Deshalb erfordert ein pathologischer Befund eine gesetzliche Pflicht zu Beratung. Dabei sei eine Beratung des Arztes und der Schwangeren oder der Eltern durch ein interdisziplinäres Fachkollegium zu befürworten.
Eine dreitägige Bedenkzeit zwischen Feststellung der Indikation und Durchführung des Abbruchs sollte, sofern nicht das Leben der Schwangeren akut gefährdet ist, bei allen Fällen der medizinischen Indikation durch Aufnahme in das Gesetz verpflichtend sein. Ein bloßer Hinweis des Arztes, dass eine Bedenkzeit sinnvoll sei, genügt nach Ansicht der EKD nicht.
Die EKD unterstützt die Forderung nach einer detaillierten statistischen Erfassung der Spätabbrüche, um die Problematik in ihrer Komplexität besser erfassen und auch in Zukunft adäquat reagieren zu können.
Bezüglich der Haftung des Arztes ist zu befürchten, dass eine Tendenz in der ärztlichen Praxis besteht, im Zweifel einen Abbruch zu empfehlen, um Regressansprüchen zu entgehen. Deshalb ist zu erwägen, bei Zweifeln über eine Schädigung des Kindes regelmäßig eine zweite Diagnose einzuholen. Es muss sichergestellt werden, so Reimers, dass durch ein interdisziplinäres Kollegium die Haftung des Arztes bei unterbliebener Abtreibung nicht mehr eintreten kann.
Hannover/Berlin, 11. Februar 2005 Pressestelle der EKD Christof Vetter
Hinweis: Der Wortlaut der Stellungnahme ist nachzulesen unter: www.ekd.de/bevollmaechtigter/berlin/stellungnahmen.html
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