BLOGPOST Körpersprache: "Selbstbewusste Menschen können Angst machen"
Man kann nicht nicht kommunizieren. Spätestens seit Paul Watzlawik wissen wir, dass wir mit unserem Körper permanent Signale aussenden. Welche Macht hat unsere Körpersprache auf andere? TREIBSTOFF sprach mit Johannes Steck und Alexander Mazza über nonverbale Kommunikation. Sie coachen Führungskräfte in ihrer Außenwirkung. Ein Gespräch über selbstbewusste Menschen, Grenzen, Modeerscheinungen und Dialekt.
TREIBSTOFF: Selbstbewussten Menschen spricht man zu, dass sie viel Raum einnehmen. Wie kann man ihnen gegenübertreten?
STECK: Selbstbewusste Menschen können anderen Angst machen. Wir hatten einmal eine Teilnehmerin, die sich unter vielen männlichen Kollegen durchsetzen musste. Diese Frau musste erst einmal die Männerrituale kennenlernen und lernen, damit umzugehen. Gegen sie anzukämpfen wäre nicht sinnvoll. Besser ist es, auf eine vielleicht spielerische Art den Männern bewusst zu machen, wo ihre Grenzen sind. Ein bisschen Humor behalten ist wichtig, das ganze als Spiel zu sehen, die Situation nicht zu ernst nehmen.
MAZZA: Grenzen kann man zum Beispiel mit Pausen beziehungsweise mit Momenten der Stille bewusst machen. Damit kann dem Gegenüber indirekt gezeigt werden, dass er eine Grenze überschritten hat. Mit Pausen kann man vieles lenken. Wenn etwa bei einem Vortrag jemand mit einer Zwischenbemerkung stört, kann man eine Pause machen, den "Störer" direkt ansehen, das Schweigen aushalten und dann zum Vortrag zurückkehren.
TREIBSTOFF: Frauen treten oft ruhiger und zurückhaltender auf als Männer. Sie wirken dadurch manchmal schüchtern. Was empfehlt ihr einer Frau, die gerne selbstbewusster wirken würde, aber gleichzeitig dennoch weiblich?
STECK: Es ist nicht sinnvoll, Weiblichkeit mit männlichen Eigenschaften zu überdecken. Denn dann kommt es zur Konfrontation und schlimmstenfalls zur Eskalation, und das ist ja in den wenigsten Situationen zielführend. Es gibt da aber auch kein Pauschalrezept. Ein ganz wichtiger Aspekt ist die innere Haltung: Offen sein gegenüber der Situation und den Menschen im Raum. Und sich Zeit lassen. Das hilft oft, weil es zu einer Langsamkeit führt, die Selbstbewusstsein ausstrahlt. Und zu einem "bei sich sein", also sich seiner Handlungen bewusst sein. Dann startet man mit einer ganz anderen Ruhe. Das muss man trainieren und kann es nicht sofort.
MAZZA: Frauen sollten im Business auf sprachliche "Weichmacher" verzichten, wie Konjunktive, Relativierungen und Höflichkeitsfloskeln. Sie tendieren dazu, etwas "nett" zu formulieren, indem sie sagen: "Könnten Sie vielleicht dies oder jenes tun...?" Sie sollten jedoch sprachlich auf den Punkt kommen. Zielgerichtete Sprache ist ja nicht gleichzusetzen mit unfreundlich. Frauen haben schnell die Sorge arrogant zu wirken und versäumen dadurch vermehrt, im richtigen Moment schnörkellos Klartext zu reden. Eine klare, zielgerichtete Sprache, die zeigt, was man möchte, ist jedoch im Business angebracht. Das hat nichts mit Arroganz zu tun.
TREIBSTOFF: Früher hatten die Frauen oft eine viel höhere Stimmlage. Das hat sich geändert. Heute empfinden wir Frauen mit tiefen Stimmen angenehmer. Unterliegen Stimmen nicht auch immer Moden?
STECK: Mit Mieder konnten Frauen ja auch gar nicht mit der Bauchstimme sprechen. Aber das hat damals durchaus Sinn gegeben, weil die Frauen unterstreichen konnten, dass sie abhängig sind und sie dieses "Klein-Mädchen-Schema" bedienen konnten. Das ist heute zum Glück nicht mehr so. Ich habe einmal gelesen, dass bei den amerikanischen Wahlen immer der gewonnen hat, der die tiefere Stimme hatte. Eine tiefe Stimme verbindet man mit Männlichkeit, Stärke, Dominanz, Macht, Souveränität. Ein anderes Beispiel sind alte Spielfilme, in denen die Frauen noch viel höher gesprochen haben und damit aber dem Idealbild der Frau zu dieser Zeit entsprochen haben. Heute ist das ganz anders. Daher ist die Stimmlage sicherlich Moden unterworfen.
MAZZA: Frauen bewegen sich heute mehr denn je in Männerdomänen und müssen sich dort durchsetzen. Daher ist es klar, dass sie mit einer tiefen, satten und wohlklingenden Stimme stärker, intensiver und eindringlicher zu ihren Zuhörern vordringen als mit einer hohen Piepsstimme, mit der man eher "klein", "schwach" und "unsicher" assoziiert.
TREIBSTOFF: Was empfehlen Sie Menschen, die Dialekt sprechen?
MAZZA: Generell sollte man auf jeden Fall authentisch bleiben, um so glaubwürdig wie möglich zu sein. Es ist aber immer eine Frage des Grades der Regionalität. Wenn man sehr starken Dialekt spricht, muss man schon ein bisschen am Regler drehen. Aber andererseits macht einen ein regionaler Einschlag ja auch gerade aus. Man fühlt sich in seiner Sprache auch viel wohler und damit selbstbewusster. Seine natürliche Sprache komplett zu verleugnen würde das Selbstbewusstsein und damit die Sicherheit beim Sprechen vermindern.
STECK: Es hängt auch bisschen davon ab, welcher Dialekt es ist. Wenn jemand bayerisch spricht, wird es eher positiv bewertet. Das Bayerische ist tief, aus dem Bauchraum. Das Sächsische wird hingegen eher negativ bewertet. Es kommt eher aus dem Kopfraum. Ich würde nicht pauschal sagen, dass Dialekt authentisch und deshalb wunderbar ist. Es hängt wirklich vom Grad des Dialekts ab. Und es muss insgesamt stimmig sein. Dialekt passt zu vielen Berufen und Situationen, aber eben nicht überall.
Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:
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