Neue Westfälische (Bielefeld)

Neue Westfälische: Bundesverfassungsgericht rügt Regelsätze für Kinder Armut als Konzept NICOLE HILLE-PRIEBE

09.02.2010 – 20:38

Bielefeld (ots)

Zum Jubeln ist es viel zu früh, denn die Details
des Karlsruher Richterspruchs könnten die "schallende Ohrfeige" für 
die Regierung zu einer Backpfeife abbremsen, die schnell wieder 
vergessen ist. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lässt 
ausdrücklich offen, ob das Arbeitslosengeld II erhöht werden muss 
oder nicht. Gerügt wurde nur das Wie, nicht das Was. Es ist schon 
absehbar, wie die schwarz-gelbe Koalition das Problem beheben wird: 
kosmetisch. Denn eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Sätze passt 
nicht zur systematischen und politisch gewollten Förderung des 
allgemeinen Lohndumpings, unter dem Arbeitnehmer zu leiden haben.
Vor fast genau fünf Jahren hielt der damalige Bundeskanzler Gerhard 
Schröder eine flammende Rede vor dem Weltwirtschaftsforum. "Wir 
müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben 
einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa 
gibt", prahlte der SPD-Politiker in Davos. Zur Schaffung dieses 
Niedriglohnsektors, in dem heute bereits 20 Prozent der deutschen 
Arbeitnehmer beschäftigt sind, waren die Hartz-Gesetze das Mittel zum
Zweck: Man lässt den Menschen so wenig, dass sie zwar überleben, aber
nicht am Leben teilhaben können. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht 
essen, sagte der damalige SPD-Chef Franz Müntefering.
Dass die neuen Armutslöhne zwar sittenwidrig, Hartz-IV-Empfängern 
aber trotzdem zumutbar sind, hilft den Unternehmen doppelt: Sie 
können ihre Gewinne durch steuerfinanzierte Sozialleistungen für 
Aufstocker maximieren und mit der tatkräftigen Unterstützung der 
Politik auch alle anderen Arbeitnehmer unter Lohndruck setzen. Was 
vor 100 Jahren zur Revolution geführt hätte, löst heute jedoch 
höchstens Neiddebatten aus. Auch das ist politisch so gewollt - und 
am Steuer sitzt die Wirtschaft.

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