NDR weist Vorwürfe im Zusammenhang mit Cap Anamur-Berichterstattung zurück
Hamburg (ots)
Am Dienstag (20. Juli) kündigte Elias Bierdel, Vorsitzender der Hilfsorganisation Cap Anamur, in einer Pressekonferenz eine Programmbeschwerde an den NDR an. Den Norddeutschen Rundfunk hat am Donnerstag (22. Juli) ein Brief der Firma Aquino Film zur Panorama- Berichterstattung in Sachen Cap Anamur erreicht. Darin wirft die Kölner Produktionsfirma Panorama-Journalisten die Verfälschung von Sachverhalten und Drehmaterialien vor. Andreas Cichowicz, NDR Fernseh-Chefredakteur, weist diese Vorwürfe als völlig unhaltbar zurück: Panorama hat das Material absolut korrekt verwendet, so Cichowicz. Die Arbeitsweise der Redaktion folgte den Regeln der journalistischen Sorgfalt.
Panorama hat bei Aquino-Film Drehmaterial von der Reise der Cap Anamur angekauft, das auch anderen ARD-Sendern angeboten worden war. Der kritisierte Panorama-Beitrag dokumentiert, dass die Schiffbrüchigen sich unerklärlich lange an Bord der Cap Anamur aufhalten mussten. Diese Darstellung wird von einem Vertreter des UNHCR gestützt und vom Cap-Anamur-Sprecher Bernd Göken im Film bestätigt: Das war jetzt sicher lang, das war auch eben dadurch bedingt, dass Herr Bierdel erst an Bord gehen wollte und dadurch war einfach diese lange Zeit begründet. Dass dieser Satz Herrn Göken in einem Zermürbungsinterview abgezwungen wurde, ist eine haltlose Unterstellung. Es handelte sich um ein 38-minütiges Interview, welches in sehr freundlicher Atmosphäre stattfand. Herr Göken hat darin mehrfach darauf hingewiesen, dass die fragwürdigen Zeitabläufe der Rettung in der Verantwortung von Herrn Bierdel liegen. Sinngemäß hat er mindestens drei Mal betont, dass die Cap Anamur auf Bierdel warten musste, so Michael Holthus, der interviewende NDR-Redakteur.
Auch die weiteren Vorwürfe der Firma Aquino Film sind substanzlos. So behauptet Aquino-Film, Panorama hätte eine Frage des Kapitäns nach der Herkunft der Flüchtlinge unterschlagen. Diese angeblich gedrehte Sequenz ist Panorama ausweislich des Rohmaterials nie zur Verfügung gestellt worden. Der Vorwurf der Manipulation entbehrt aber auch insofern jeder Grundlage, als Panorama ausführlich gezeigt hat, wie sich der Kapitän während eines Telefonates mit Elias Bierdel über die Herkunft der Flüchtlinge zu vergewissern versucht.
Ein laut Aquino-Film erfundener Umweg des Schiffes über Malta ist durch Aussagen der maltesischen Polizeibehörde belegt: Am 30. Juni 2004 befand sich die Cap Anamur 16 Meilen vor Malta, so die Behörden gegenüber Panorama. Auch die Behauptung, Panorama habe der Cap Anamur technische Seenot unterstellt, ist frei erfunden. Dieser Begriff wurde im Beitrag nie verwendet.
Panorama räumt ein, den Zeugen Hassan Mamri aufgrund eines Übertragungsfehlers falsch untertitelt zu haben. Mamri war nicht als Besatzungsmitglied, sondern als Mitglied der Flüchtlingsorganisation ARCI an Bord der Cap Anamur gelangt. Dort hat er Gespräche mit Flüchtlingen und Besatzung geführt. Die falsche Untertitelung ändert nichts am Gehalt seiner Aussage: Seiner Einschätzung nach hegte die Besatzung Zweifel an der angeblich sudanesischen Nationalität der Flüchtlinge.
Die Firma Aquino wirft Panorama vor, die Redaktion hätte über den Zeitraum ab dem 1. Juli nur kurz berichtet. Tatsächlich lag der Schwerpunkt des Berichtes gerade auf den Tagen bis zum Eintreffen von Elias Bierdel an Bord, denn genau dieser Zeitraum wurde zum Zeitpunkt der Panorama-Sendung in der Öffentlichkeit diskutiert. Bis heute haben wir keine stichhaltige Antwort auf die Frage bekommen, warum die Schiffbrüchigen nicht sofort an Land gebracht wurden, so Stephan Wels, Redaktionsleiter Panorama.
Bei der Firma Aquino-Film handelt es sich um eine Firma, die in sehr enger Beziehung zu Cap Anamur steht. Mit den Bildern der Firma wirbt Cap Anamur beispielsweise in einem Internettagebuch für die Operation im Mittelmeer. Der Kameraassistent von Aquino-Film, der an Bord war, ist tatsächlich Cap Anamur-Mitglied.
22. Juli 2004
ots-Originaltext: NDR Norddeutscher Rundfunk
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=6561
Rückfragen bitte an:
NDR Presse und Information
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Telefon: 040 / 4156 - 2300
Fax: 040 / 4156 - 2199
Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell