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Deutsche Marine - Pressemeldung (Bericht): Nichts für Heißsporne - Marine braucht Bordmechaniker für Rettungsflüge
Glücksburg (ots)
Kiel-Holtenau - Weil der gelernte Kfz-Mechaniker Marco Brunn nach acht Jahren Tätigkeit als Hubschraubertechniker bei der Marine eine neue Herausforderung suchte, "ließ ich mich zum Bordmechaniker ausbilden", sagt er rückblickend. Seit 1993 bildet der heute 51-Jährige andere "zum wichtigsten Mann des Marinehubschraubers Sea King aus". Er ist einer von derzeit fünf Ausbildern beim Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau. Die von Brunn geschilderte Bedeutung der Bordmechaniker ist innerhalb der fliegenden Besatzungen unbestritten. Ohne die Bordmechaniker können die Sea King der Deutschen Marine ihren Auftrag nicht erfüllen. Die Helikopter aus Kiel werden unter anderem für die Such- und Seenotrettung (SAR) in der gesamten deutschen Nord- und Ostsee eingesetzt. Sie sind die Rettungsflieger der Marine. Dabei kommen den Bordmechanikern Schlüsselfunktionen zu. "Unsere Bordmechaniker sind die eigentlichen Arbeiter im Hubschrauber. Nach einem mehrstündigen Flug kommen die Männer oft schweißnass aus der Maschine ", sagt Hubschrauberpilot Kapitänleutnant Sönke Nielsen.
Bordmechaniker: Lebensretter für Verunglückte bei Wind und Wetter
Der Bordmechaniker ist neben den beiden Piloten und dem Luftfahrzeugoperationsoffizier der vierte Mann an Bord - der einzige Unteroffizier. Er ist Meister seines Fachs mit umfassenden Zusatzausbildungen. "Jeder Bordmechaniker hat einen Gesellenbrief als Luftfahrzeuggerätemechaniker in der Tasche, ist anschließend am Waffensystem Sea King spezialisiert worden. Außerdem ist er Lademeister, sogenannter Door Gunner - also Bediener des Maschinengewehrs - und ausgebildeter Rettungssanitäter, somit der Lebensretter für Verunglückte", sagt Nielsen voller Respekt. Die Bordmechaniker sind in Nebenfunktion Gefahrgutbeauftragte und sie bedienen im Notfall die Winde, um Menschen aus dem Wasser oder von Schiffen und Booten zu retten. Dabei stehen sie bei schwerem Wetter und stürmischer See an der offenen Schiebetür des Hubschraubers. "Ich habe von dort die Möglichkeit, den Sea King mit einer Art Joystick zu steuern. Ich übernehme den Hubschrauber in einem solchen Fall vom Piloten im Schwebeflug und kann den Helikopter bis zu zehn Knoten - das sind etwa 18 Stundenkilometer - beschleunigen und in jede Richtung lenken. Die Höhe kann ich allerdings nicht verändern", sagt der 38 Jahre alte Hauptbootsmann Michael Vogt. Dies sei bei Rettungsaktionen mit der Winde sehr hilfreich. Vogt hatte vor der Bundeswehrzeit als Wehrpflichtiger eine Ausbildung zum Schlosser absolviert, träumte jedoch immer schon vom Fliegen. Aus wirtschaftlichen Gründen konnte ihn sein damaliger Arbeitgeber nach dem Grundwehrdienst nicht mehr beschäftigen. "Da habe ich mich erst auf vier, dann auf acht, schließlich auf zwölf Jahre verpflichtet. Heute bin ich Berufssoldat und sehr glücklich mit meiner Tätigkeit", so Vogt. "Wenn die Rotorblätter knattern ist das ein tolles Gefühl - wie ein Kick. Der Job lässt einfach keine Langeweile aufkommen."
Crewmitglieder müssen ihr Handwerk beherrschen
Brunn und Vogt erzählen von ihrem Beruf wie von einem Traumjob. Sie schwärmen regelrecht von dem losgelösten Gefühl des Fliegens und von der Kameradschaft unter den Hubschrauberbesatzungen. "Wir sind innerhalb der Crew gleichberechtigt. Jeder muss sich im Hubschrauber auf den anderen verlassen können. Wenn jemand sein Handwerk nicht beherrscht, kann das verheerende Folgen haben", sagt Vogt. Deshalb gehören die Bordmechaniker bei der Deutschen Marine zur Ersten Fliegenden Staffel im Marinefliegergeschwader 5. Das schweißt zusammen, fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl. Jeder kennt die Schwächen und Stärken seiner Kameraden ganz genau. Auch bilden wir bei uns keine festen Crews. Wir stellen die Besatzungen immer wieder neu zusammen. Jeder muss mit jedem können", sagt Vogt. Das sei auch deshalb notwendig, um bei Personalengpässen flexibel reagieren zu können. Deshalb müsse ein Bordmechaniker vor allem viel Teamgeist und Flexibilität mitbringen. "Er muss in die Staffel, ins große Gesamtteam passen", sagt Ausbilder Brunn. Weitere Grundvoraussetzungen seien Belastbarkeit, Nervenstärke, Ruhe, und eine gewisse Abgeklärtheit. "Heißsporne können wir bei uns nicht gebrauchen", fasst Nielsen die Anforderungen zusammen.
Wer Bordmechaniker werden will, muss bei Bewerbung richtige Verwendung wählen
Die Ausbildung zum Bordmechaniker für den Sea King dauert zwischen eineinhalb und drei Jahre. Bewerben können sich dafür nur Maate, Obermaate und Bootsmänner der Verwendungsreihen "54 - Bodengerätetechnik" und "55 - Fluggerätetechnik". Ein Seiteneinstieg ist nicht vorgesehen. "Wer später einmal Bordmechaniker werden will, sollte sich schon vor der Einstellung als Zeitsoldat für die Verwendungsreihen 54 oder 55 bewerben", rät Nielsen. Dafür sei es hilfreich, zuvor einen technischen Beruf zu erlernen. Die Stammdienststelle der Bundeswehr in Köln schreibt freie Ausbildungsplätze zum Bordmechaniker innerhalb der Bundeswehr aus. Derzeit gibt es einen hohen Bedarf an Bordmechanikern. "Wenn wir diesen nicht decken können, müssen Hubschrauber künftig am Boden bleiben", sagt Nielsen.
Hohes Niveau wird jährlich überprüft
Die Bewerber erwartet zunächst ein dreiwöchiger Auswahllehrgang beim Marinefliegergeschwader 5. "Da fallen etwa zwei Drittel der Bewerber durch. Danach sind die Chancen sehr hoch, die umfassende Ausbildung zu bestehen", so Nielsen. Das spreche für die gute Vorauswahl. Die langjährigen Anstrengungen der Bordmechanikeranwärter werden nach bestandener Prüfung von der Marine belohnt. Unter anderem mit einer langfristigen Standortsicherheit für die Soldaten und ihre Familien. Denn die Hubschrauber sind an einem einzigen Heimatplatz - derzeit ist das Kiel - stationiert. Die erforderliche Weiterverpflichtung auf 15 Jahre vor Beginn der Ausbildung gibt den Bewerbern langfristige berufliche Sicherheit. Darüber hinaus ist bei Eignung und Bedarf die Übernahme zum Berufssoldaten möglich. Außerdem gibt es für die fordernde und verantwortungsvolle Tätigkeit einen finanziellen Ausgleich in Form von Zulagen. "Ich fliege jedoch nicht wegen des Geldes", sagt Hauptbootsmann Vogt, "sondern weil das der Job ist, den ich immer machen wollte." Und um diesen weiterhin machen zu dürfen, müssen die Bordmechaniker auch nach ihrer Ausbildung viel tun. "Jedes Jahr wird die Bordmechanikerprüfung erneut abgelegt", sagt Ausbilder Marco Brunn. Nur dann werden die Lizenzen verlängert. Das Niveau werde dabei hoch gehalten: "Die Prüfungsbedingungen sind eindeutig festgelegt. 85 Prozent der Prüfungsaufgaben müssen richtig sein, bei den Notverfahren sogar 100 Prozent. Da müssen wir alle ständig am Ball bleiben, um das zu schaffen."
Autor: Detlef Struckhof, Presse- und Informationszentrum Marine Fotos: Deutsche Marine
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