Weisser Ring e.V.

WEISSER RING zum Tag der Kriminalitätsopfer am 22. März 2007
Trotz aller Reformen: Selbst im Gerichtssaal sind Opfer jugendlicher Straftäter noch immer im Nachteil

20.03.2007 – 13:41

Mainz (ots)

Was das Land braucht, sind umfassende Reformen. Was
das Land bekommt, sind halbherzige Reformen. Dies betrifft viele 
Bereiche, besonders aber das Opferrecht. Darauf weist die 
Opferschutz-Organisation WEISSER RING anlässlich des diesjährigen 
Tags der Kriminalitätsopfer hin. Das 2. Justizmodernisierungsgesetz 
ist in seinen wesentlichen Teilen bereits am 31. Dezember 2006 in 
Kraft getreten. Neben einer Vielzahl von Regelungen zur 
Verfahrensbeschleunigung sowie gebührenrechtlicher Art wurden 
insbesondere auch einige Verbesserungen im Opferschutz vorgenommen. 
Dafür hat der WEISSE RING seit Jahren gekämpft, doch gehen die 
Veränderungen für Deutschlands größte Opferhilfs-Organisation nicht 
weit genug.
Nebenklage im Verfahren gegen Jugendliche
Das generelle Zulassungsverbot der Nebenklage im Verfahren gegen 
Jugendliche ist gefallen. Sie ist nun für bestimmte Delikte 
eingeschränkt möglich. Die neue Regelung bedeutet zwar einen 
erheblichen Fortschritt, doch hält der WEISSE RING an seiner 
Forderung nach einer generellen Zulassung der Nebenklage  im 
Jugendstrafverfahren fest. Den Opfern soll eine gesicherte 
Rechtsstellung verschafft werden, aus der heraus sie 
ungerechtfertigte Zuweisungen von Mitverantwortung und unangemessener
Bagatellisierung der Tat entgegentreten können. Dass es dieser Rechte
bedarf, damit das Opfer z. B. einer Vergewaltigung dem Versuch des 
Angeklagten entgegentreten kann, sich auf Kosten des Opfers zu 
entlasten, liegt auf der Hand. Die Position, dass die Nebenklage im 
Hinblick auf den Erziehungsgedanken in Verfahren gegen Jugendliche 
unterbleiben muss, ist unvereinbar mit der Bedeutung des 
Opferschutzes. Es ist unzumutbar, ein Sonderopfer für die Erziehung 
des Täters zu erbringen. Es ist sogar ein erzieherischer Vorteil, 
dass der jugendliche Angeklagte nicht nur mit dem Leid des Opfers, 
sondern auch mit seinem Widerstand gegen ein Verwischen der 
Verantwortlichkeit für die Tat konfrontiert wird. Das neue Gesetz 
beschränkt den Kreis der Straftaten auf Verbrechen gegen das Leben, 
die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung, 
durch welche das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt 
oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist. Dazu kommen 
Räuberische Erpressung und Räuberischer Diebstahl jeweils mit 
Todesfolge. Diese Eingrenzung blendet einen großen Teil von 
Straftaten aus. Das ist zu eng. Der WEISSE RING lehnt diese 
Beschränkung ab. Was sollen das für Fälle sein, in denen einem 
Vergewaltigungsopfer die Nebenklage versagt wird, weil es nicht 
schwer genug geschädigt ist? Aufgenommen werden müssen auch die 
Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Überdacht werden sollte 
auch der Ausschluss aller Vergehen. Die meisten Fälle des sexuellen 
Missbrauchs, insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern, fallen
damit aus dem Schutzbereich der Nebenklage heraus, ebenso die 
Misshandlung von Schutzbefohlenen. Es ist nicht tragfähig, dass 
kindliche und jugendliche Opfer auch noch im Gerichtssaal so 
benachteiligt werden.
Adhäsionsverfahren gegen Heranwachsende
Im Gegensatz zur bisherigen Regelung ist nun das 
Adhäsionsverfahren auch gegen Heranwachsende möglich, wenn für sie 
Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt. Der WEISSE RING begrüßt diese 
Entscheidung. Die Gründe, aus denen das Adhäsionsverfahren gegen 
Jugendliche weiterhin ausgeschlossen wird, überzeugen jedoch nicht. 
Bei Jugendlichen kann die Auseinandersetzung mit den zivilrechtlichen
Folgen der Tat ebenso von erzieherischem Nutzen sein, ihre 
Verschiebung auf einen späteren Zivilprozess ist sogar ein Nachteil.
Anwesenheitsrecht von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen
   Vertretern
Auch dem jugendlichen Opfer wird nun zugestanden, dass 
Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter in der ansonsten 
nicht öffentlichen Hauptverhandlung im Jugendverfahren anwesend sein 
dürfen. Der WEISSE RING begrüßt diese Neuerung. Nicht immer macht 
jedoch die Anwesenheit der Erziehungsberechtigten und gesetzlichen 
Vertreter die Anwesenheit einer Vertrauensperson entbehrlich. Aus 
Opfersicht wäre es deshalb sehr erwünscht, wenn auch der 
Vertrauensperson die Anwesenheit während der gesamten Verhandlung 
gestattet wird.
Der WEISSE RING ist die einzige bundesweite Hilfsorganisation für 
Kriminalitätsopfer und ihre Familien. Der gemeinnützige Verein tritt 
auch öffentlich für die Interessen der Betroffenen ein und 
unterstützt den Vorbeugungsgedanken. Die Mittel für seine Arbeit 
erhält der WEISSE RING allein aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen, 
Zuweisungen von Geldbußen sowie testamentarischen Verfügungen. 
Staatliche Zuschüsse nimmt der Verein nicht in Anspruch. Auch Sie 
können die Opferhelfer unterstützen:
Spendenkonto WEISSER RING: 34 34 34, Deutsche Bank Mainz, 
   BLZ 550 700 40
Ausführliche Informationen zur Arbeit und zu den rechtspolitischen
Forderungen des WEISSEN RINGS unter www.weisser-ring.de.
Der Tag der Kriminalitätsopfer erinnert am 22. März jeden Jahres 
an die Situation der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten 
Menschen, die auf Schutz, praktische Hilfe und Solidarität unseres 
Gemeinwesens angewiesen sind. Der WEISSE RING stärkt mit diesem 
Signal seit vielen Jahren das öffentliche Bewusstsein und fordert 
Politik, Justiz und Verwaltung zum Handeln auf. Inzwischen ist dieser
Tag für viele Menschen zu einem weithin sichtbaren Zeichen 
gesellschaftlicher Verantwortung geworden.

Pressekontakt:

Pressesprecher:

Helmut K. Rüster
Tel.: 06131/ 83 03 38
Fax: 06131/ 83 03 45
Internet: www.weisser-ring.de
E-Mail: info@weisser-ring.de
Weberstraße 16
55130 Mainz

Besten Dank für Ihre Unterstützung. Belegexemplar
erbeten.

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